Die eigene Bildsprache finden
„…und wie hast du eigentlich deinen Stil gefunden?“ Da war sie wieder: Die Frage, der Fragen über die eigene Bildsprache.
Irgendwann kommt jeder, der das Fotografieren als seine Passion und weniger als ein Hobby sieht an diesen Punkt. Dieser Jemand möchte, dass man seine Bilder anhand seines Stils wiedererkennt. Ob man die Bilder anhand des Bearbeitungsstils oder der Art und Weise, wie er fotografiert wiedererkennt, spielt keine Rolle. Früher oder später hat jeder seine ganz besondere Handschrift.
Wichtig ist, dass man alldem Zeit lässt. Bei dem einen dauert es länger, bei dem anderen geht es ganz flott. Druck ist in dieser Branche das falsche Mittel, um kreativ und erfolgreich zu werden. Das habe ich während meines Studiums immer wieder feststellen müssen. Wer wie ich Kommunikationsdesign studiert oder das Studium bereits beendet hat weiß, dass Druck und Kritik auf der Tagesordnung stehen. Die einen brauchen Druck, um produktiv zu werden. Mir nahm diese „Art der Motivation“ sämtliche Lust und meine kreative Ader litt enorm darunter.
Als ich im November vor zwei Jahren eine neue Kamera kaufte, war meine Motivation auf dem höchsten Level. Bis dato hatte ich ca. 5000 Facebook-Fans. Für mich war das damals eine ganze Menge. Allerdings folgten die meisten mir wegen meiner Geschichten, denn anhand meines Bearbeitungs-Stils erkannte man meine Fotos damals noch nicht.
Ich war auf nichts Bestimmtes spezialisiert. Ich fotografierte alles Mögliche, um zu sehen, was mir Spaß macht. Ja, auch ich fotografierte mal Babies, Männer oder Familien. Selbst auf dem Fußballplatz hatte ich regelmäßig meine Kamera dabei.
Es hat sage und schreibe vier Jahre gedauert, bis ich endlich merkte, dass ich es hasse, Kinder zu fotografieren. Vorher hatte ich vier Jahre den Fokus auf Kinder und Babies gelegt. Irgendwann kam der Schlüsselmoment, den glaube ich jeder braucht, um einen Cut zu machen. Eine Frau kam mit ihrem Baby zu mir und wollte, dass ich es mit einem Nutellaglas fotografiere. Dem Baby war kalt, obwohl der Raum sehr warm war. Was machen Babies, wenn ihnen etwas nicht passt? Sie weinen. Naja, in diesem Fall war es kein Weinen, es war eher ein Schreien. Ich fing an zu schwitzen, weil ich nicht wusste, wie ich das Baby in Verbidung mit einem Nutellaglas ästhetisch darstellen sollte. Drucksituation. Das war das letzte Newborn-Shooting bis in alle Ewigkeit.
Nach dieser Erfahrung fokussierte ich mich auf die Dinge, die mir Spaß machten.
Immer öfter vereinte ich auf meinen Fotos Frauen und Blumen miteinander. Es zog mich wieder raus in die Natur. Irgendwann reichten mir Portraits nicht mehr und ich wagte mich an den verdeckten Teilakt. Meine Fotos wurden farbloser und minimalistischer. Weniger Schnick Schnack, mehr Ausdruck. Ich merkte schnell, welche Farben ich vermied. So gehörten Grasgrün und Gelb zum Beispiel nicht zu meinen Lieblingsfarben. Es waren die dunklen Farben, die mich inspirierten. Das dunkle Grün der Tannen, das warme Braun der Äste, das kalte Grau der Steine oder das geheimnisvolle Türkis des Wassers. Vor den dunklen Hintergründen kam die helle Haut der Models besonders zur Geltung und dadurch standen sie im Fokus. Ich wollte nicht, dass man sich auf andere Dinge, als auf den Ausdruck konzentrierte, deswegen verweigerte ich ab diesem Zeitpunkt tätowierte Models.
Die Farbe ging, die Emotion kam. Ich begann die verletzliche Seite der Frau zu zeigen. Um authentischen Blicke einzufangen, unterhalte ich mich vorher mit den Models über tiefgründige Themen. Den einen fällt das natürlich einfacher als den anderen. Wer spricht schon gerne über Gefühle?
Im Winter war es einfach, farblose Locations zu finden. Im Sommer allerdings war alles grün – und zwar GRASGRÜN. Die Farbe, die ich auf meinen Fotos absolut nicht ausstehen konnte.
Also spielte ich in Photoshop mit der selektiven Farbkorrektur und meine Wiesen und auch die gelben Blumen wurden orange.
Überlegt euch einfach, was ihr mit euren Fotos ausdrücken möchtet und für welche Emotionen die jeweiligen Farben stehen. Ich bin mir sicher, dass jeder von euch seinen Weg finden wird.
Bis dahin wünsche ich euch alles Gute,
Eure Désirée
„Collect moments, not things!“ ist schon seit vielen Jahren ihr Lebensmotto. Die Paar- und Portraitfotografin liebt echte Emotionen und Authentizität, deswegen hat sie 2013 ihr Hobby zum Beruf gemacht und sich schon kurze Zeit danach auf die Hochzeitsfotografie spezialisiert.