Abschied von Madikwe und dem südlichen Afrika
Der letzte Morgen im Reservat bricht an, daher werden wir auch heute um 04:30 Uhr geweckt. Wie schon in den letzten Nächten hat es merklich abgekühlt – wie ich später herausfinde, sind die deutschen Nächte aktuell wärmer – aber ohne das Brüllen von Löwen und den nächtlichen Besuch von Elefanten am Wasserloch. Die Nacht war wieder kurz, denn ich hatte mit einem Mitreisenden den Workshop Sternenfotografie nachvollzogen und mich bemüht die Milchstraße ansehnlich auf den Sensor zu bannen, dann wurde noch der Koffer so weit wie möglich gepackt und der Blogbeitrag des Tages geschrieben und über einen Datenserver ins Netz hochgeladen.
Für die Sichtung der Fotos, wie auch das Schreiben des Blogtextes habe ich ein nicht mehr ganz neues, aber sehr kompaktes Netbook mit beschränkter Leistungsfähigkeit. Während ich hunderte Bilder des Tages auf eine Festplatte sichere, schreibe ich auf der kleinen Tastatur den Blog. Wirklich hart wird aber das Hochladen ins Netz. Das Wifi der Lodge ist alles andere als leistungsfähig, der Repliziervorgang erfordert mehrere Neustarts. Für einen kleinen Text und ein paar verkleinerte Bilder werden schnell 20 Minuten verbraucht. Und Zeit ist hier knapp. Wer einen Erholungsurlaub erwartet, wird enttäuscht werden, der Tag ist für Alles, was geboten wird, fast zu kurz. Deshalb sind auch die hier im Blog gezeigten Bilder nicht nachbearbeitet worden, lediglich der Bildausschnitt wurde vereinzelt eingeschränkt.
Unsere beiden Workshopleiter, Harald Bauer und Andreas Knausenberger, haben uns die ganze Zeit aktiv unterstützt, um auf dem Boot wie auch auf den Safarifahrzeugen unter unterschiedlichsten Lichtverhältnissen ein optimales Bild zu bekommen. Wie zum Beispiel die von den Bedingungen abhängige Einstellung des Autofokus, Einzelfeldautofokus, Gruppierung von Autofokus-Messfeldern um Vögel, besonders beim Abflug, einzufangen, oder der kontinuierliche Autofokus bei bewegten Motiven, speziell im Boot wegen des ständigen Drifts aufgrund der Strömung im Fluss oder dem Wind.
Interessante Motive gab es besonders gerne bei schlechtem Licht im Morgengrauen oder der Abenddämmerung. Daraus folgen lange Verschlusszeiten. Will man die ISO nicht bis zum Letzten ausreizen, kann der Serienbildmodus helfen. Bei in schneller Folge geschossenen Bildern eines Motivs, ist die Wahrscheinlichkeit, dass eines in der Mitte der Folge schärfer ist, weil das Drücken und Loslassen des Auslösers zu Verwacklungen führt.
Die alt bekannte Regel, dass der Kehrwert der Brennweite zu scharfen Bildern führt ist bei den aktuellen hochauflösenden Kameras nicht mehr ausreichend, dazu kommt gegebenenfalls noch der Crop-Faktor.
Beim SIGMA 150-600mm F5-6,3 DG OS HSM | Contemporary Objektiv in Telestellung an einer Kamera mit kleinem Sensor wäre nach der alten Regel 1/1000 Sekunde ausreichend. Hier konnten wir erleben, dass der Faktor 2 bei aktuellen Kameras zu einem schärferen Bild führt. Daher fotografierten wir im Bereich 1/1500 – 1/2000 Sekunde (ohne Stabilisator).
Auch bei einer modernen Kamera ist man schnell im Bereich von 3000-4000 ISO, wo sich entsprechendes Rauschen nicht mehr vermeiden lässt.
Daneben spielte aber auch der Bildaufbau, zum Beispiel das Motiv nicht nur einfach in der Mitte zu platzieren, sondern ansprechend anzuordnen eine nicht zu geringe Rolle. Die Belichtung, besonders die Gegenlichtkorrektur bei Vögeln gegen den hellen Himmel, die geeigneten Belichtungs-Messmethoden und deren Einsatzgebiet, Spot, Mehrfeld-Selektiv, müssen für ein gut belichtetes Bild richtig genutzt werden.
Nebenbei wurde auch auf die unterschiedlichen Möglichkeiten der Kameraindividualisierung eingegangen, um zwischen den verschiedenen Einstellungen schneller wechseln zu können.
Doch kommen wir erstmal wieder zum Morgen des Abreisetages. Eine letzte Ausfahrt steht noch an, die pünktlich um 05:30 Uhr beginnt. Im Suchscheinwerferlicht sehen wir schnell ein paar Nashörner, Kaninchen, Antilopen. Leider ist dieses Licht dem Sonnenlicht klar unterlegen und so sparen wir uns Fotos zu machen für besseres Licht auf.
Aber heute Morgen ist das Glück scheinbar nicht mit uns. Wir bekommen Nichts von Interesse vor die Linse. Natürlich ist das auch dem Umstand geschuldet, dass man schon viele Tiere gesehen und fotografiert hat und wirkliche Neuheiten sind immer schwerer zu finden, wie z.B. ein Leopard. Und dieser Letzte Kandidat der „Big Five“ wird uns auch heute verwehrt bleiben. Dafür finden wir aber zwei Löwinnen, die gerade einen stattlichen Büffel zur Strecke gebracht haben. Nach einer ersten Stärkung an der Hinterkeule liegen sie bereits dösend in der Nähe des Kadavers, der weitere Interessenten anzieht. Als erstes fällt ein Schabrackenschakal auf, der sich immer wieder zu nähern versucht, aber bei der kleinsten Regung einer der Löwinnen sofort einen Rückzieher macht.
Plötzlich kommt aus dem Gebüsch eine braune Hyäne. Ein Tier, wie ich es nie zuvor sah, eher der Vorstellung eines Werwolfes näher kommend, mit zotteligem Fell und spitzen Ohren. So schnell wie sie erscheint, verschwindet sie auch wieder, als sie die Löwen bemerkt. Sie zu fotografieren gelingt fast niemandem. Ich erhasche noch ein Bild von hinten, bevor es zu spät ist.
Damit neigt sich die Morgenausfahrt auch schon dem Ende entgegen. Unser Transfer nach Johannesburg ist für 11:00 Uhr bestellt, davor heißt es noch Duschen, Frühstücken, Koffer zu Ende packen, eben alles was bei einer geregelten Abreise so zu tun ist. Die Fahrt nach Johannesburg verläuft dann auch reibungslos und ohne besondere Vorkommnisse. Von Andreas Knausenberger müssen wir uns bereits am Flughafen in Johannesburg verabschieden, er besteigt eine Maschine nach Nairobi, wir nach Frankfurt. Damit geht eine spannende Zeit zu Ende, in der ich, wie auch die anderen, viel gesehen und viel gelernt haben, ein Team mit einem gemeinsamen Ziel geformt haben und nicht zuletzt sehr viel Spaß hatten. Hier noch mal meinen besonderen Dank an Harald Bauer, der zusammen mit Andreas Knausenberger dieses Erlebnis erst möglich gemacht hat.
Ich schließe den „Live-Teil“ des Blogs nun hier im Flugzeug von Johannesburg zurück nach Frankfurt. Es ist jetzt 23:15 Uhr, wir hatten einen Aperitiv, ein typisches Flugzeugmenue, zwei Glas Wein und ich bin richtig, richtig müde. In den vergangenen 9 Tagen war Schlaf eine Mangelware und ich freue mich darauf, dies spätestens ab Morgen nachzuholen.
Gute Nacht liebe Leser, Foto- und Naturinteressierte.
Ihr Andreas Winkel