Das 16-28mm F2,8 DG DN in der Landschaftsfotografie
Klein, leicht, lichtstark
Gewichtsreduktion bei gleichbleibender oder sogar gesteigerter Abbildungsleistung ist ein Thema, dass spätestens seit den spiegellosen Systemkameras immer stärker in den Fokus rückt. Um dies zu erreichen, werden neben völlig neuen Linsenkonstruktionen auch die klassischen Zoombereiche neu gedacht.
Im Weitwinkelbereich sind 16-35mm Objektive weit verbreitet, doch wie oft nutzt man diese Objektive am langen Ende des Brennweitenbereichs? Und sind 28mm maximale Brennweite im Alltag eines Landschaftsfotografen nicht ausreichend? Dies und mehr habe ich mit dem neuen SIGMA 16-28mm F2,8 DG DN aus der Contemporary Serie getestet.
Erster Eindruck
Neben dem trotz durchgängig lichtstarker Blende von F2,8, geringen Gewicht von 450g und den kompakten Maßen von ca. 77 x 100mm gefällt mir die wertige Verarbeitungsqualität. Hier muss sich die Contemporary Serie nicht hinter hochpreisigen Mitbewerbern verstecken. Was für mich vor allem heraussticht ist, dass es sich um eine Konstruktion mit Innenzoom handelt. Der Wegfall eines ausfahrenden Tubus beim Ändern der Brennweite verleiht dem Objektiv einen äußerst soliden Eindruck. Insbesondere beim Arbeiten mit Filtern und Systemfilterhaltern ist das ein großer Vorteil, doch dazu später mehr.
Ansonsten gibt es neben einem AF/MF-Wahlschalter keinen weiteren Schnick-Schnack. Zoom- und Fokusring laufen sigmatypisch solide, weich und für meinen Geschmack mit dem optimalen Maß an Dämpfung. Hinter der abnehmbaren Gegenlichtblende versteckt sich ein 72mm Filtergewinde und der Schriftzug der Objektivbezeichnung in dezentem Lackschwarz anstelle des sonst üblichen Weiß. Sinnvolles Feature oder edle Designspielerei? Auch dazu gleich mehr.
Im Einsatz
Der Herbst ist für die Landschaftsfotografie eine der spannendsten Jahreszeiten. Die Vegetation verfärbt sich in wunderschöne, intensive Rot-, Orange- und Gelbtöne, Nebel liegt in den Tälern und der Sonnenaufgang findet nicht mehr wie im Frühsommer gefühlt mitten in der Nacht statt. Ich liebe diese Jahreszeit und deswegen war ich mit dem neuen 16-28mm dem Herbst vom hohen Norden Norwegens bis in den Pfälzerwald vor meiner Haustür hinterhergereist. Ich muss zugeben, dass ich ein absoluter Weitwinkelfanatiker bin und das Objektiv sehr häufig auf 16mm eingestellt hatte.
Das ist für mich in vielen Situationen in der Landschaftsfotografie die ideale Brennweite, um den Vordergrund mit in die Bildkomposition aufzunehmen und ihn für die Blickführung nutzen zu können. Allerdings gibt es auch Situationen, in denen markante Objekte im Hintergrund einfach zu weit entfernt sind und zu klein erscheinen, ich meinen Standpunkt nicht beliebig ändern kann oder die Größenverhältnisse zwischen Vorder-, Mittel- und Hintergrund mit solchen extremen Weitwinkelbrennweiten einfach unharmonisch wirken. Genau dann ist es zielführend, am Zoomring zu drehen. Mit ein Grund, warum ich im Weitwinkelbereich eigentlich nur Zoomobjektive und nur in Spezialfällen Festbrennweiten verwende.
Für das aufeinander Abstimmen von Kamerastandpunkt, Perspektive und Bildausschnitt hilft ein gewisser Zoombereich ungemein. Mit 16mm kann ich kleine, schnell zu übersehende Details im Vordergrund zu einem essentiellen Bildbestandteil werden lassen, wie z. B. die von der Ebbe hinterlassenen filigranen Strukturen am sandigen Strand oder Grasbüschel in den skandinavischen Moorlandschaften.
Vor allem im Hochformat kann ich mit einem tiefen Kamerastandpunkt das Bild unmittelbar hinter dem Stativbein beginnen lassen. Theoretisch wäre sogar eine Naheinstellgrenze von 25cm machbar, was ich in der Landschaftsfotografie aber so gut wie nie ausnutze. Bei diesen Kompositionen ist es essentiell, dass die Abbildungsleistung bis in die äußersten Bildecken hervorragend ist, was beim 16-28mm absolut der Fall ist.
16mm – F18 – 1/5s – ISO 200
Um ausreichend Schärfentiefe zu erhalten, bin ich bei solchen Aufnahmen meist bei Blende 16 bis 22. Beugungsunschärfe ist meiner Meinung nach an Vollformatsensoren in diesem Bereich kein wirkliches Problem und so habe ich die Aufnahme als One-Shot im Kasten und muss mich nicht mit Fokusstacking und den damit verbundenen Problemen, beispielsweise bei Wind, herumschlagen. An Bachläufen und Wasserfällen nutze ich hingegen oft etwas mehr Brennweite, damit kleinere Wasserfälle oder Kaskaden im Hintergrund nicht zu mickrig erscheinen. Häufig finde ich mich dabei unbewusst bei etwa 24mm wieder. Die exakte Brennweite ist aber natürlich immer von der Situation abhängig.
Kompatibilität mit Filtersystemen
Vor allem am Wasser verwende ich fast immer zwei Filtertypen: Einen Pol- und bei Bedarf auch einen ND-Filter, denn deren Effekte sind in der Bildbearbeitung nicht nachstellbar.
Mit dem 72mm Filtergewinde des 16-28mm lassen sich Einschraubfilter als auch 100mm Systemfilterhalter montieren. Dies funktioniert auch bei 16mm ohne Vignettierung. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass das Objektiv anstelle des 72mm Filtergewinde über das gängigere Maß von 77mm verfügt, so wie es bei vielen Objektiven im Weitwinkelbereich der Fall ist. Denn dann kann ich mit nur einem Filtersatz bzw. einem Basisring für das Filtersystem an mehreren Objektiven arbeiten. Dieser kleine und sehr subjektive Punkt hat jedoch auf die Abbildungsleistung keinerlei Einfluss und lässt sich mit einem Step-Up-Filterring einfach lösen.
Insbesondere beim Hantieren mit Filtern und Filtersystemen macht sich die solide Konstruktion des Objektivs ohne ausfahrenden Tubus sehr positiv bemerkbar. Kein nerviges Gewackel wegen zu viel Spiel des Tubus und vor allem kein unbeabsichtigtes Verstellen der Brennweite beim Drehen am Polfilter oder Positionieren des Grauverlaufsfilters. Exakt so wünsche ich mir das von einem Weitwinkelobjektiv.
Apropos Verlaufsfilter: Kommt für die Steuerung der Lichtverteilung im Bild noch ein Grauverlaufsfilter zum Einsatz macht nur die Verwendung von Systemfilterhaltern Sinn, um die Position des Grauverlaufes auf die Bildkomposition und das Lichtproblem anpassen zu können. Ein zu hoher Motivkontrast und dadurch ausgebrannte Bereiche im Himmel mit gleichzeitig abgesoffenen Bereichen im Vordergrund sind bei der klassischen Landschaftsfotografie im Gegenlicht immer ein Problem und geben nicht den Seheindruck unseres Auges vor Ort wieder. Gerade wenn das Licht von schräg vorne kommt, kann es jedoch schnell passieren, dass das zwischen die Filterscheiben einfallende Streulicht Spiegelungen im Bild erzeugt. Vor allem der um die Frontlinse angebrachte Schriftzug bei Weitwinkelobjektiven kann dann spiegelverkehrt im Bild zu sehen sein. Da dies oft nur sehr dezent auftritt und ich das am kleinen Kameradisplay meist vor Ort übersehe, klebe ich diesen Schriftzug normalerweise mit mattschwarzem Klebeband oder Filz ab. Beim neuen 16-28mm ist dies nicht nötig, da der Schriftzug nicht weiß, sondern in unauffälligem schwarz gehalten ist. Für mich eine geniale Lösung, welche die Bastelei überflüssig macht.
Lichtstärke und Landschaftsfotografie
Bei weitwinkeligen, vordergrunddominanten Landschaftsaufnahmen benötige ich meist eine enorme Schärfentiefe und blende deswegen wie oben erwähnt sehr stark ab. Bei der Nachtfotografie muss ich natürlich einen Kompromiss eingehen, da ich bei dem wenigen vorhandenen Licht nicht immer beliebig lange belichten kann und gezwungen bin die Blende zu öffnen. Zum Beispiel wenn ich die Sterne des Nachthimmels wegen der Rotation der Erde nicht als ziehende Striche, sondern punktförmig abbilden will.
Auch wenn moderne Kamerasensoren was das Rauschverhalten bei hohen ISO-Werten angeht immer besser werden, ist die Lichtstärke eines Objektivs durch nichts zu ersetzen, wenn ich bereits mit Belichtungszeit und ISO am Limit bin. Normalerweise habe ich für solche Fälle zusätzlich eine lichtstarke, weitwinkelige Festbrennweite dabei.
Idealerweise gehört dieses Zusatzgewicht mit dem 16-28mm nun der Vergangenheit an, sollte es für beide Zwecke, Landschaftsfotografie bei Tag und bei Nacht, sinnvoll abliefern. Gerade bei Offenblende zeigen viele Weitwinkel-Zoomobjektive durch die notwendigen Kompromisse in der optischen Konstruktion klare Schwächen, vor allem in den Randbereichen. Das SIGMA 16-28mm hat mich hier wirklich überrascht. Komplett offen bei F2,8 und 16mm Brennweite bildet es die Sterne auch in den äußersten Ecken perfekt punktförmig ab. Auch bei pingeliger 200%-Ansicht konnte ich keine nennenswerte Koma-Verzeichnung feststellen. Das können viele Festbrennweiten mit vergleichbaren Werten deutlich schlechter. Dazu kommt, dass auch die Schärfe bereits bei F2,8 keine Wünsche offen lässt und nur im äußersten Randbereich etwas abfällt.
Apropos Randbereich, dieser zeigt typischerweise bei solchen Objektiven bei Offenblende eine relativ deutliche Vignettierung und da ist auch das 16-28mm keine Ausnahme. Allerdings lässt sich dies mit einem Klick durch die Objektivkorrekturen der Bildbearbeitungssoftware spielend beheben, sofern man diesen Effekt nicht zur Zentrierung des Blickes sowieso nutzen möchte.
Sind 28mm am „langen Ende“ genug?
Für mich ist es auf jeden Fall ideal, dass der Brennweitenbereich nicht am unteren Einstellbereich eingespart wurde. 16mm brauche ich einfach recht häufig, vom Bergsee in den Alpen über Panoramaansichten von Bergpässen oder Felsplateaus, ist es oft mein Mittel der Wahl. Gibt der Vordergrund nicht allzu viel her, arbeite ich auch sehr gerne in dem Bereich von ca. 20 bis 24mm. Die vollen 28mm habe ich letztlich nur einmal gebraucht und da hätten evtl. auch 30mm noch etwas besser gepasst, allerdings gewöhne ich mich schnell an den mir zur Verfügung stehenden Brennweitenbereich und automatisch wird das fotografische Sehen auf diesen Bereich eingestellt. D.h. ich suche gezielt nach solchen Kompositionen und blende andere Bildideen erstmal aus.
Letztlich ist das Verzetteln in Möglichkeiten meistens nicht gut und die gezielte Reduktion hilft zumindest mir oft dabei, kreativer zu arbeiten. An Locations wo mir 28mm deutlich zu wenig sind und in denen ich keine sinnvolle Bildkomposition in dem Bereich 16-28mm finden kann, helfen mir normalerweise auch keine 35mm weiter, sondern dann ist oft ein Wechsel auf 50-70mm angesagt. Das heißt, ein zweites Objektiv muss hier ohnehin auch in der Landschaftsfotografie ergänzend seinen Platz im Fotorucksack finden.
In Kombination mit einem 24-70mm, 24-105mm oder idealerweise mit dem nahtlos anschließenden und ebenfalls sehr leichten SIGMA 28-70mm F2,8 DG DN | Contemporary ist man in der Landschaftsfotografie für fast alle Situationen und Bildideen gerüstet ohne zu viel überlappende Brennweite mit sich rumzuschleppen. Mit dem SIGMA 16-28mm habe ich meinen kleinen, leichten und lichtstarken Partner für die Landschaftsfotografie zu jeder Tages- und Jahreszeit gefunden.
Verwendetes Objektiv:
Der Autor
Daniel Spohn, Jahrgang 1981, ist als Fotograf und Biologe weltweit auf der Suche nach einzigartigen und spannenden Geschichten.
Portfolio | Instagram | Facebook: Daniel Spohn & Natur im Fokus | Webseiten: www.naturimfokus.com & www.danielspohn.de