Die Regeninsel im Atlantik
Der Härtetest für das SIGMA Ultra-Tele-Zoom Objektiv 150-600mm DG DN OS auf der Regeninsel – Teil 2
In Lissabon angekommen sollte es für mich weiter auf den letzten Stopp der Reise (Teil 1) gehen, der Hauptinsel der Azoren São Miguel. Die Azoren umfassen neun größere und kleinere Inseln, die zwar auch noch zu Portugal gehören, jedoch fast 1400 Kilometer entfernt vom Festland inmitten des Atlantiks liegen. Aufgrund dieser Lage herrschen dort zwar ganzjährlich konstant milde Temperaturen zwischen 15 und 30 Grad Celsius, jedoch kann es auch öfters zu wechselhaftem Wetter mit viel Niederschlag kommen. Besonders in den Wintermonaten ist die Wettervorhersage dort eher mit einer gesunden Skepsis zu betrachten, denn eigentlich kaum ein Tag beginnt oder endet nicht mit einer ordentlichen Regendusche. Zum Glück ist das 150-600mm DG DN Staub- und Spritzwassergeschützt, die Nässe sollte uns also nicht abhalten zu fotografieren. Es war jedoch definitiv ein Härtetest für Mensch und Maschine.
Da ich bereits vor drei Jahren einmal im Dezember zwei Wochen auf der Insel verbracht hatte, wusste ich worauf ich mich einlasse, jedoch hoffte ich natürlich auf das Beste. An der längsten Stelle misst die Insel gerade einmal 63 Kilometer und in der Breite 15 Kilometer. So ist man von jedem Standpunkt aus relativ schnell an seinem Ziel. Wir wählen deshalb eine Unterkunft in der Hauptstadt Ponta Delgada.
Für den ersten Sonnenaufgang hatte ich mir den Leuchtturm Faro do Arnel herausgesucht, welcher sich am östlichsten Ausläufer der Insel befindet. Ein besonderer Blickfang vom circa 500 Meter entfernten Aussichtspunkt ist die gewundene Straße, welche zur Bootsanlegestelle führt. Mit einer Steigung von fast 30% ist dies eine der steilsten Straßen, die ich je gefahren bin und definitiv auch ein Workout zu Fuß die Strecke vom Meer zurückzulegen. Auch wenn sich die Sonne an dem Morgen eher selten zeigte, konnten wir zum Glück im Trockenen genügend Fotos sammeln, bis der Regen uns schließlich gegen zehn einholte und wir den Rückweg zur Unterkunft antreten mussten.
Am Abend ließ der Regen endlich wieder etwas nach und wir fuhren zu meinem Lieblingsstrand auf der Insel, welcher durch zahlreiche steil im Meer aufragende Felsen ins Auge sticht. Der Praia dos Mosteiros befindet sich im Nordwesten der Insel und ist auch für Surfer ein beliebtes Ausflugsziel. Bei den häufig starken Winterwinden türmen sich die Wellen vor einem auf und krachen mit unglaublicher Kraft ans Ufer. Da die Inselgruppe vulkanischen Ursprungs ist, findet man hier feinen schwarzen Sandstrand vor, welcher die dramatische Szenerie noch untermalt.
Da der nächste Morgen komplett verregnet startete beschlossen wir auszuschlafen und erst bei nachlassendem Regen kurz nach Mittag zu starten. Ein lohnenswertes Ziel an Tagen mit viel Niederschlag sind natürlich Wasserfälle, von denen es auf der Insel zum Glück mehr als genug gab. Viele davon sieht man schon von der Straße aus, jedoch ist der Weg bis dorthin häufig beschwerlicher als gedacht, denn es sind oft einige Höhenmeter zu überwinden. So auch im Falle des Salto da Farinha. Dieser befindet sich im Nordosten der Insel. Vom Parkplatz aus lässt sich dieser gut mit einer längeren Brennweite wie dem 150-600mm DG DN OS fotografieren, da man sich in etwa auf gleicher Höhe befindet. Wir beschlossen dennoch den Weg hinab ins Tal und dann wieder hoch zum Wasserfall auf uns zu nehmen, auch wenn dies jeweils 100 Höhenmeter runter und wieder rauf bedeutete. Auf dem Weg dorthin wandert man durch dichte teilweise urwaldartige Waldabschnitte, wo fast überall spannende Details zu finden sind, die einen ein bisschen den anstrengenden Aufstieg vergessen lassen.
Einer der beliebtesten Aussichtspunkte über die alten gefluteten Vulkankrater im Westen der Insel ist der Miradouro da Boca do Inferno. Dieser ist über einen zehnminütigen Fußmarsch vom nahegelegenen Parkplatz erreichbar. Leider hatten wir die ersten Tage wenig Glück mit dem Wetter zum Sonnenuntergang, doch ausgerechnet am letzten Abend sollte sich dies ändern. Da wir schon etwas früher am Parkplatz starteten, hatten wir Zeit, um uns auf dem Weg nach möglichen Motiven umzuschauen. Ich entdeckte in einiger Entfernung eine kleine Schafsherde mit jungen Lämmern welche munter in der Nähe des Abgrunds herumtollten. Aus sicherer Entfernung, um die Tiere nicht zu verschrecken konnte ich dank langer Brennweite von bis zu 600mm und des schnellen Autofokus in Zusammenspiel mit der Sony A7RIV ganz entspannt meine Fotos machen. Besonders am Ende des Zoombereichs gefiel mir das weiche, natürliche Bokeh der Linse besonders gut, um die Tiere von dem Hintergrund hervorzuheben.
Gerade noch rechtzeitig erreichten wir dann den Aussichtspunkt, denn die Sonne drohte schon wieder hinter der Wolkendecke am Horizont zu verschwinden. Die letzten Sonnenstrahlen erleuchteten den Krater um den Lagoa di Santiago und tauchten die Szenerie in ein warmes Gewand.
Abschließend lässt sich sagen, dass ich mit dem für mich eher ungewohnten Brennweitenbereich von 150-600mm durchaus Freude am Experimentieren mit Motiven bekommen zurückbekommen habe. Vielleicht habe ich das Objektiv am Anfang mit, der eher architekturlastigen Reise auch etwas zweckentfremdet, jedoch muss ich sagen, dass man sein Auge für Details mehr schult. Zu Beginn seiner fotografischen Findungsphase möchte man meistens möglichst viel Informationen in einem Bild einfangen und zeigen. Jedoch geht damit ein wichtiger Punkt für den Aufbau eines spannenden Bildes abhanden, nämlich das eigentliche Motiv. Wer sich gerne mit dem Bereich der Wildlife- oder Sportfotografie auseinandersetzt, kommt an einer Brennweite bis 600mm mit robuster Bauform nicht vorbei. Jedoch lohnt sich eine solche Linse auch, wie in meinem Fall bestätigt, für Landschaft- und Reisefotografen, wenn der Koffer groß genug ist.
Eingesetztes Objektiv:
Aufgewachsen in einer ländlichen Gegend entdeckte Johannes Hulsch bereits früh die Schönheit der Natur für sich. Mit der alten Kamera seines Vaters begann er seine ersten Schritte im Bereich der Landschaftsfotografie. Dabei beschränkte er sicher vorerst auf das Gebiet des Erzgebirges. Mit zunehmendem Erfolg seiner Bildern in den sozialen Medien begannen sich auch die Reisen auf Deutschland und Europa auszuweiten. Mittlerweile ist er selbständig als Landschaft- und Reisefotograf in Leipzig ansässig und nimmt seine Follower mit auf seine Abenteuer rund um den Globus. Jedoch gilt für ihn nach wie vor das Motto: „Für ein gutes Foto muss man seinen Blick nicht in die Ferne schweifen lassen, die schönsten Dinge findet man meistens direkt vor der Haustür, da man sich dort auskennt wie kein zweiter.“