7 Tipps zur Auto-Inseratsfotografie von Jan Götze
Autos verkaufen ist eine Kunst, genau wie die Fotografie. Wie gute Fotos dabei helfen können Autos erfolgreich zu vermarkten, möchte ich in diesem Beitrag erklären.
Vorwort:
Schon während meines Studiums habe ich mir mit verschiedenen Foto-Aufträgen im Automotive-Bereich Geld dazuverdient. Nach einiger Zeit fiel mir auf, dass viele Händler im High-End-Bereich mit Autos im Wert von mehreren 100.000 Euro teils erschreckend schlechte Fotos für ihre Inserate und die Homepage nutzten. Hier wollte ich ansetzen.
Ich erarbeitete ein Konzept, erstellte ein Portfolio und führte viele Gespräche. Ich bot auch kostenlose Probe-Shootings an, um die Unterschiede zu verdeutlichen. Doch selbst wenn den Verantwortlichen die Fotos gefielen, sahen sie am Ende oft nicht den Mehrwert, Geld für gute Fotos auszugeben. Das Hauptargument, das ich bis heute regelmäßig höre: „Die Autos verkaufen sich auch so.“ Das stimmt, gar keine Frage – aber mit einer entsprechenden Präsentation, und dazu zählen gute Fotos, verkaufen sich Autos oftmals noch besser. Deshalb kommen hier meine sieben Tipps zur Auto- Inseratsfotografie!
1. Neutraler Hintergrund
Die Auto-Inseratsfotografie gehört zur Kategorie der Produktfotografie. Im Gegensatz zu anderen Luxus-Produkten, wie beispielsweise Uhren, sind Autos bedeutend größer. Das bringt das Problem der Location-Wahl mit sich. Idealerweise steht einem ein Studio zur Verfügung. Ist das nicht der Fall oder aus logistischen Gründen nicht möglich, ist eine passende Location für mich das A und O für ansprechende Inseratsbilder. Bis heute fotografieren viele Händler ihre Fahrzeuge direkt im Showroom. Das ist nicht nur bequem, sondern bietet auch die Möglichkeit weitere Fahrzeuge dezent im Hintergrund zu präsentieren. Dieses Vorgehen birgt allerdings gleich mehrere Probleme: Da viele Autohäuser aus riesigen Glasflächen bestehen, sind Spiegelungen meist unvermeidbar.
Zudem stehen die Fahrzeuge meist dicht an dicht, um Platz zu sparen. Das Ergebnis sind mit Ultra-Weitwinkel aufgenommene Fotos, die die Proportionen der Autos völlig verfälschen.
Ich verfolge einen anderen Weg. Statt die Autos in einem überfüllten Showroom zu fotografieren, suche ich neutrale Locations. Diese sollten in der Regel in der unmittelbaren Umgebung des Händlers sein, da die meisten Fahrzeuge gar nicht oder nur wenige Meter bewegt werden können. Dabei muss die gewählte Location nicht spektakulär sein. Im Gegenteil, weniger ist hier mehr. Oftmals reichen eine cleane Wand, eine leere Lagerhalle oder ein großer Parkplatz völlig aus, denn je weniger vom Auto ablenkt, desto besser. Das Auto soll im wahrsten Sinne des Wortes im Mittelpunkt stehen.
2. Keine Experimente bei der Bearbeitung
Es gibt einen klaren Unterschied zwischen der Auto-Inseratsfotografie und der Produktfotografie der Hersteller. Die offiziellen Pressebilder der Autohersteller sind teilweise sehr aufwendig bearbeitet: Statische Fahrzeuge werden nachträglich in Bewegung versetzt, es werden Hintergründe ausgetauscht, Farben verändert und vieles mehr. Das alles wollen wir in der Inseratsfotografie nicht. Die Fotos sollen qualitativ gut sein aber sich immer noch deutlich von den Pressebildern unterscheiden. Daher lautet mein Tipp: Verzichtet auf krasse Nachbearbeitung. Bessert maximal ein bisschen beim Kontrast und der Schärfe nach. Finger weg von Farbanpassungen, spätestens bei der Besichtigung sind die Kunden sonst enttäuscht wenn das Auto, das auf den Fotos gelb aussah, plötzlich orange ist. Hierzu sehe ich bei meinem SIGMA 24-70 mm F2,8 DG DN | Art aber sowieso keine Veranlassung, da die Farben sehr realitätsnah abgebildet werden. Auch besonders kreative Winkel oder Einstellungen gilt es zu vermeiden – die Kunst ist es das Auto möglichst neutral aber trotzdem ansprechend zu präsentieren.
3. Alle Details fotografieren
Im Gegensatz zur Bearbeitung gilt hier: Viel hilft viel. Zwar können Händler auf den bekannten Autobörsen nur maximal 30 Fotos hochladen (Privatleute bei kostenlosen Inseraten sogar nur 15), doch oftmals können die eigenen Homepages viel mehr Fotos abbilden oder Interessenten möchten auf Anfrage weitere Fotos von bestimmten Details oder Dokumenten zugesandt bekommen. Daher versuche ich, je nach Auto und Ausstattung, mindestens 50, eher sogar 60 bis 80 Fotos zu verschicken. Auch Details wie der originale Kaufvertrag und Rechnungen können wichtig sein. An der Location angekommen, gehe ich fast immer nach dem gleichen Schema vor. Ich beginne mit den Exterieur-Fotos: ¾ vorne links, frontal, ¾ vorne rechts, Profil Fahrerseite und so weiter. Wichtig: Ich fotografiere das Auto aus jedem Winkel. Nur weil ich ein Foto der Beifahrerseite im Profil habe, verzichte ich nicht darauf ein Foto von der Fahrerseite im Profil zu machen. In der Regel wähle ich die Location so aus, dass ich viel Platz um das Auto habe, um mich weit genug vom Objekt entfernen zu können. Mit meinem Immerdrauf-Objektiv, dem SIGMA 24-70 mm F2,8 DG DN | Art, habe ich aber auch in engeren Locations immer die passende Brennweite parat. Die meisten Fotos mache ich mit Blende F2,8 bis F4,0.
Im Anschluss widme ich mich den Exterieur-Details wie Felgen, Bremssätteln, Carbonteilen, Spoiler und mehr. Auch hier fotografiere ich meist mit Offenblende, bei sehr filigranen Details blende ich auch schon mal bis F8,0 ab, damit das Detail komplett scharf ist.
Je nach Auto können die Interieur-Fotos besonders herausfordernd sein. Das hat mehrere Gründe: Sportwagen bieten oftmals nur wenig Platz (alle, die schon mal in einem Lotus gesessen haben, wissen was ich meine), die Innenräume sind zum Teil sehr dunkel und je nach Location können im Cockpit viele unschöne Spiegelungen auftreten. Bei besonders sportlichen und flachen Autos wie einem Lamborghini Aventador komme ich mit dem SIGMA 24-70 mm F2,8 DG DN | Art teilweise schon an die Grenzen, da selbst die 24mm Brennweite teilweise nicht ausreichen, um den gesamten Innenraum perfekt abzubilden. Für diesen Einsatzzweck könnte ich mir in Zukunft vorstellen auf das SIGMA 14-24mm F2,8 DG DN | Art umzuschwenken. Dunkle Cockpits können in der Regel in der Nachbearbeitung gut aufgehellt werden und gegen ungewünschte Spiegelungen, beispielsweise auf den Sitzen, hilft es das Auto im Schatten zu positionieren.
4. Mängel und Beschädigungen dokumentieren
Anknüpfend an Punkt drei ist es meiner Meinung nach enorm wichtig auf Mängel oder Beschädigungen an Autos hinzuweisen. Idealerweise sowohl im Beschreibungstext als auch per Foto. Hat eine Felge beispielsweise einen Bordsteinschaden, diesen unbedingt dokumentieren. Nichts ist ärgerlicher als wenn potentielle Kunden Schäden erst bei der Besichtigung vor Ort entdecken. In dem Moment ist das Vertrauen oft schon nachhaltig geschädigt. Transparenz ist entscheidend, denn Transparenz schafft Vertrauen.
5. Einheitlichkeit schaffen
Während die Tipps eins bis vier sowohl für Privatverkäufer als auch für Händler gelten, richtet sich Punkt fünf ausschließlich an gewerbliche Verkäufer. Ein Argument, das ich in den letzten zehn Jahren zur Genüge gehört habe: „Kunden erkennen unsere Bilder am Hintergrund.“ Gemeint ist, Bilder im Showroom schaffen einen Wiedererkennungswert. Doch ich behaupte, dieser Gedanke ist überholt. Corporate Design ist wichtig, aber ein Wiedererkennungswert muss nicht unbedingt bedeuten immer vor demselben Hintergrund in demselben Autohaus zu fotografieren. Eine Identifizierung kann auch über andere Aspekte, beispielsweise immer gleiche Perspektiven, immer gleiche Bildstile oder immer gleiche Bearbeitung erfolgen.
6. Einen Polfilter benutzen
In diesem Guide versuche ich sowohl auf generelle als auch auf technische Aspekte einzugehen. Ein elementarer Hardware-Aspekt der Auto-Fotografie ist für mich der Einsatz eines Polfilters. Durch diesen können Spiegelungen im Lack oder den Scheiben erheblich verringert werden, was wiederum für einen deutlich cleaneren Look der Fotos sorgt. Während bei kreativen Shoots Spiegelungen oft einen ganz besonderen Charme erzeugen, versuche ich selbige bei der Auto-Inseratsfotografie so gut es geht zu vermeiden. Je nach Vergütung des Polfilters schluckt dieser zwar Licht, was beim sehr lichtstarken SIGMA 24-70 mm F2,8 DG DN | Art jedoch überhaupt kein Problem darstellt.
7. Begehren wecken
Mein letzter Tipp mag etwas subjektiv wirken, doch am Ende des Tages sind Autokäufe, speziell im High-End-Segment, oftmals emotionale Entscheidungen und genau hier können die richtigen Fotos den finalen Impuls ausmachen. Wer 200.000 Euro aufwärts in ein Auto investiert, möchte auch visuell abgeholt werden. Wenn Interessenten sich beim Anschauen der Fotos in Gedanken schon hinter’m Steuer eine Küstenstraße oder einen Alpenpass entlang fahren sehen, haben Fotograf und Händler alles richtig gemacht.
Das sind meine sieben Tipps zur Auto-Inseratsfotografie, die zum Großteil sowohl für gewerbliche als auch private Verkäufe anwendbar sind. Der vielleicht wichtigste Ratschlag von allen lautet allerdings: Geduld mitbringen. Der Autoverkauf kann nicht erzwungen werden und braucht unter Umständen Zeit. Nicht selten kann es aber auch ganz schnell gehen und in beiden Fällen sind gute Fotos auf jeden Fall von Vorteil!
An dieser Stelle geht mein besonderer Dank an Sportscarselection Hamburg, die das hier gezeigte Einzelstück Ferrari F12 70th Anniversary aktuell anbieten. Habe ich einen wichtigen Tipp vergessen oder habt ihr weitere Fragen, dann schreibt mir bei gerne bei Instagram @jagotz oder Facebook.
Jan ist ein Motorjournalist, Fotograf und absoluter Auto-Nerd. Egal ob Autoquartetts, Modellautos oder jegliche Art von Automobilia, in seinem Leben dreht sich fast alles um das Thema Auto.
Zur Fotografie kam er über das Carspotting und hat seine Skills kontinuierlich weiterentwickelt. Auch heute freut er sich über jeden Supersportwagen oder Oldtimer, den er fotografiert!