13 Fehler in der Automotive Fotografie © Sebastian Haberkorn

13 Fehler in der Automotive Fotografie

Juni 2021 und mein erster – offizieller – Blogeintrag als SIGMA Fotograf. Ehrlich gesagt bin ich schon etwas nervös und habe mir viele Gedanken darüber gemacht, was ich schreiben soll. Nachdem ich über Social Media und auch persönlich immer wieder gefragt werde, welche Tipps ich geben kann, damit bessere Automotive Fotos entstehen, dachte ich mir, dass ist das perfekte Thema für den Blog.

Ich dachte mir also, der beste Weg zu zeigen wie bessere Fotos entstehen, ist zu zeigen was man nicht machen sollte. Ich glaube die besten Fotos entstehen, wenn man gewisse Ristrektionen hat. Denn ohne Einschränkungen, die einen möglicherweise nicht herausfordern kreativ zu sein, entstehen meiner Meinung nach nicht die bestmöglichen Fotos.
Daher denke ich, dass es dir helfen wird, wenn ich die Dinge aufzähle und erkläre, warum ich dies nicht mache, um dich einen Schritt näher an ein perfektes Foto zu bringen.
Manche von diesen Dingen sind stilistische Dinge, die ich nicht wirklich mag und einige von ihnen sind einfach zu offensichtlich und ich möchte etwas erschaffen und tun das etwas weniger offensichtlich ist.

Ich würde sagen, lass uns durch die Punkte gehen.

1) Lass das Fahrzeug nicht dein gesamtes Bild füllen

Diesen Punkt sehe ich ganz oft auf Social Media. An sich ist es nicht wirklich falsch, da es bei der Automotive Fotografie um das Fahrzeug geht. Dein Bild sollte aber auch eine Geschichte erzählen, z. B. durch eine spannende Umgebung. Lass dem Fahrzeug also Platz zum Atmen und fotografiere es nicht formatfüllend.
Mit dem SIGMA 35mm F1,4 DG HSM | Art oder auch SIGMA 50mm F1,4 DG HSM | Art, welche ich immer für meine Fotos benutze, hast du den entsprechenden Spielraum, um das Bild zu gestalten. Die beiden Objektive verwende ich übrigens sehr gerne, da die Abbildungsleistung hinsichtlich Schärfe und Bokeh seines gleichen sucht. Des Weiteren eignen sich beide Objektive perfekt für die beiden wichtigsten „Spielräume“ in der Automotive Fotografie – Interieur und Exterieur Aufnahmen.
Das 35er ist prädestiniert fürs Interieur, aber auch fürs Exterieur in engeren Locations.
Das 50er ist mein „Immer-Drauf“. Durch die Brennweite entstehen Bilder, die dem menschlichen Auge am nächsten kommen. Und mit der Blende von F1,4 kannst du mit beiden Objektiven perfekt freistellen.

2) Keine Laternen oder ähnliche Ablenkungen hinterm Fahrzeug

Das ist eine Regel, die auch in der Portraitfotografie gilt. Habe keine störenden Elemente wie z. B. Laternen, Ampeln oder ähnliches direkt hinter dem Fahrzeug. Sprich, diese Elemente sollten nicht aus dem Dach, der Motorhaube oder dem Kofferraumdeckel des Fahrzeugs rauswachsen. 🙂
Ist das der Fall, re-positioniere das Fahrzeug neu. Ist das nicht möglich, suche dir einen anderen Blickwinkel z. B. von weiter oben oder unten. Schaue dich um, welcher Blickwinkel spannend ist, ohne diese störende Ablenkung im Bild zu haben. Dies, finde ich, gilt aber nicht für natürliche Gegenstände wie Bäume oder Sträucher, da diese zur natürlichen Umgebung gehören und ein Teil der Geschichte sind.
Ich meine hier explizit Gegenstände, die vom Menschen geschaffen sind.

3) Hab keine Dinge in deinem Bild, die du nicht da haben willst

Auch diese Regel gilt in anderen Bereichen der Fotografie. Aber wie auch dort, möchte man einen Vordergrund und Hintergrund im Bild haben. Achte aber darauf, dass es kein „Müll“ ist, wie z. B. eine rostige Stange, denn dies könnte unterbewusst mit der Qualität des Fahrzeugs assoziiert werden.
Schaue, dass du einen schönen, spannenden Vordergrund hast. Ein Busch, ein anderes Auto, etc… Natürlich kann auch eine rostige Stange ein guter Vordergrund sein, wenn dieser zum Motiv passt. In dem Fall mit der rostigen Stange z. B. ein Hot Rod mit gewollter Patina oder Rost Flecken.
Achte immer darauf, dass dein Bild eine stimmige Geschichte erzählt. Sollte es dennoch mal nicht möglich sein, hast du mit der Offenblende von F1,4 beim SIGMA 50mm F1,4 DG HSM | Art eine gute Möglichkeit dieses störende Element „auszublenden“.

4) Fotografiere nicht auf Augenhöhe

Diese Regel finde ich persönlich sehr wichtig. Denn nichts ist langweiliger anzusehen, als etwas was man tagtäglich sieht. Und wir alle sehen diverse Fahrzeuge in unserem Alltag, aus der Augenhöhe. Daher sind Fotos in Sichthöhe nichts Neues oder Spannendes und keiner würde sich so ein Bild zweimal ansehen.
Bewege dich, suche neue Perspektiven und Einstellungen. Fotografiere von weiter oben, aus Bodennähe oder sonstiges. Alles was nicht tagtäglich aussieht ist neu und spannend für den Betrachter.
TIPP: Fotografiere mit einer Festbrennweite wie zum Beispiel dem SIGMA 35mm F1,4 DG HSM | Art. Durch den fehlenden Zoom bist du dazu genötigt dich zu bewegen, dadurch bekommst du automatisch andere Blickwinkel.

5) Fotografiere nicht in der Mittagssonne

Solange das möglich ist! Klar geht es manchmal nicht anders, weil der Auftraggeber nur dieses Zeitfenster vorgibt oder speziell Bilder in der Mittagssonne wünscht.
Solange es aber möglich ist, versuche es zu vermeiden. Durch die lackierten Flächen des Fahrzeugs hast du, speziell in der Mittagssonne, so viele Reflektionen, die du auch nur mit einem POL-Filter schwer eliminieren kannst.
Versuche daher immer deinen Auftraggeber davon zu überzeugen, lieber in den frühen Morgen- oder Abendstunden zu fotografieren.

6) Fotografiere nicht mit der Sonne direkt hinter dir

Bei diesem Punkt gibt es keine Ausnahme, außer du hast ein sehr langes Tele. 🙂
Dazu muss ich glaube ich nicht viel sagen. Je nach Uhrzeit und Position der Sonne hast du entsprechende Schatten von dir im Bild, oder schlimmer noch, auf dem Fahrzeug. Das sieht immer(!) schlecht aus.
Anders ist es, wenn der Kunde eine Person in Verbindung mit dem Fahrzeug integriert haben möchte. Dann kann man diese Schatten schön mit ins Bild integrieren und mit den Schatten spielen.

7) Überbelichte nicht das Bild

Ein Punkt, den ich auch immer wieder sehe. Viele Fotografen belichten das Bild zu hell, weil Sie Angst haben die Schatten in der Nachbearbeitung hervorzuheben. Mit der heutigen Technik und dem daraus resultierenden Dynamikumfang der modernen Kameras, ist das aber überhaupt kein Problem mehr. Dies ist meist sogar möglich, ohne großartig Rauschen ins Bild zu integrieren. Außerdem ist es viel schwieriger, teilweise sogar unmöglich, ausgebrannte Stellen in einem Bild wiederherzustellen. Vermeide also das Überbelichten des Bilds.

8) Tue nichts was HDR ähnelt

Dieser Punkt war lange Zeit sehr in Mode, speziell in der Landschaftsfotografie. Ich rede davon die Schatten in der Nachbearbeitung um 100 nach oben zu ziehen und die Lichter entsprechend nach unten. Dies soll eine Art HDR Effekt erzeugen, was in der Automotive Fotografie aber wirklich schrecklich ist.
Dadurch zeigst du Bereiche des Fahrzeugs, wie z. B. den Radkasten oder die Lüftungsgitter in der Frontstoßstange, die immer schmutzig sind! Egal ob du das Fahrzeug vorher wäschst, in diesen Stellen bleiben immer Schmutzreste zurück und durch diesen HDR Effekt zeigst du diese Stellen, die wirklich keiner sehen möchte. 😀
In diesem Punkt gibt es auch keine Ausnahme und keinen Diskussionspunkt! Das Fahrzeug sieht dadurch einfach unnatürlich aus und jeder Hersteller dieser Welt würde so ein Bild niemals akzeptieren oder auch nur in den Gedanken kommen es zu posten.
Mache es niemals! Dafür gibt es keine Entschuldigungen! ;D

9) Fotografiere das Interieur nicht im direkten Sonnenlicht

Dadurch hast du teilweise Highlights und Schatten im Bild. Das Interieur ist also nicht überall gleich belichtet und sieht dadurch natürlich nicht gut aus.
Natürlich ist auch diese Regel zum Brechen da. Zum Beispiel wenn du ein Detail im Interieur hast, welches du herausstellen möchtest, wie z. B. einen Schriftzug oder ein Emblem. Du kannst das Fahrzeug dann so positionieren, dass dieses Detail genau im Licht liegt und der Rest im Schatten, so hast du eine natürliche Vignette und das Detail schön herausgestellt.
Dies gilt aber nur, wenn du ein Detail herausstellen willst. Wenn du das ganze Interieur ablichten willst, mache dies lieber an einem schattigen Plätzchen und sorge dafür das alles gleichmäßig belichtet ist.
Dafür gibt uns SIGMA ja tolle Objektive an die Hand. Mit dem SIGMA 35mm F1,4 DG HSM | Art haben wir eine Blende, die groß genug ist, um auch im Schatten tolle Interieur Aufnahmen ohne externe Lichtquelle (oder zu hoher ISO) anfertigen zu können.

10) Fotografiere das Exterieur nicht mit einem Weitwinkel

Durch das Fotografieren mit einem Weitwinkel hast du, speziell beim Exterieur, große Verzerrungen, die das Fahrzeug unnatürlich aussehen lassen und dadurch zeigst du auch viel, was du eventuell gar nicht im Bild haben willst – einen Schuttberg oder andere parkende Fahrzeuge im Hintergrund.
Für eine ästhetische Aufnahme eines Fahrzeugs verwendet man kein Weitwinkel beim Exterieur. Beim Fotografieren geht es darum Entscheidungen zu treffen, das abgelichtete Objekt einzurahmen und auszuwählen was man im Endprodukt zeigen möchte. Mit einem Weitwinkel zeigst du einfach alles. Wenn du eine DSLR verwendest und mit einem Weitwinkel fotografierst, z. B. mit Blende F5,6, kannst du genauso gut ein iPhone verwenden, was in Ordnung ist (und ich liebe es, mit einem iPhone zu fotografieren), aber wenn du eine DSLR herumträgst und mit einem Weitwinkel fotografierst, nutzt du deine Ausrüstung nicht optimal und kannst sie gleich daheim lassen.
Benutze lieber das SIGMA 50mm F1,4 DG HSM | Art. Das ist meines Erachtens die beste Brennweite zum Fotografieren von Fahrzeugen.

11) Fotografiere nicht denselben Blickwinkel immer und immer wieder

Jeder kennt es, du hast eine Stelle gefunden, an der das Motiv perfekt zur Geltung kommt und dazu am besten noch den einen Blickwinkel. Man ist schnell dazu geleitet diesen Blickwinkel und die Stelle immer und immer wieder zu fotografieren. Dies lässt deinen Feed in Social Media und dein Portfolio aber langweilig aussehen.
Ich habe das selber erfahren. Ich habe ein Parkhaus in der Nähe, bei dem jedes Fahrzeug perfekt aussieht (wie das Bild hier wieder einmal zeigt). Auf Dauer ist das aber langweilig. Daher suche immer nach neuen Plätzen zum Fotografieren. Laufe mit offenen Augen durchs Leben und teste eine neue Stelle, am besten sofort, wenn du sie findest.
Schauen und nach neuen Blickwinkeln suchen ist das wichtigste in der Automotive Fotografie.

12) Werde nicht besessen vom Gedanken „Lightpainting“

Ein Thema, dem ich am Anfang selber verfallen war, Lightpainting. Jeder assoziiert einen Automotiv Fotografen mit dem Thema Lightpainting und dass ein Fahrzeug immer durch eine externe Lichtquelle, perfekt ausgeleuchtet sein muss. Das stimmt aber nicht! Ich konnte nicht falscher liegen. Es stoppt dich beim Wahrnehmen und Sehen, beim Wahrnehmen des Fahrzeugs, beim Sehen welcher Blickwinkel gut aussieht und welches natürliche Licht wann und wo auftritt.
Auch ohne eine externe Lichtquelle, wie einen Blitz oder Lichtstab, kann man superschöne Fotografien eines Fahrzeugs anfertigen. Ich fahre lieber ganz früh am Morgen los und fotografiere das Fahrzeug bei Sonnenaufgang. Es gibt keine schöneren Automotive Fotos als Fahrzeuge im Sonnenaufgang bzw. Sonnenuntergang und zusätzlich kannst du noch die Ruhe am Morgen und die leeren Straßen genießen.
Am Anfang meiner Karriere habe ich oft gelesen und gesagt bekommen, dass ein professioneller Automotive Fotograf nur mit Lightpainting fotografiert. Das stimmt aber nicht. Natürlich gibt es Situationen, bei denen Lightpainting einfach klasse aussieht und den Unterschied ausmacht. In den meisten Fällen kostet es aber viel zu viel Zeit und behindert nur in der Arbeit. In der Zeit, in der man die verschiedenen Aufnahmen anfertigt, kann man viele andere Blickwinkel fotografieren. Von daher, mache dich damit nicht verrückt.

13) Fixiere dich nicht auf irgendeinen Ausrüstungsgegenstand

Fixier dich nicht auf deine Ausrüstung. Das könnte zum Beispiel ein Blitz, ein Stativ oder auch ein Filter sein. Alles was du aufbauen, montieren, demontieren oder einstellen musst, behindert dich und kostet Zeit. Ich will damit nicht sagen, dass ein Stativ etwas Schlechtes ist. Natürlich sollte ein Stativ zu 90% ein Must-Have sein. Es gibt aber auch Situationen, bei denen es schnell gehen muss, weil du zum Beispiel den Verkehr behindern würdest oder es keinen Platz gibt, und dann fotografiere auch ich ohne Stativ.
Selbstverständlich gibt es hier eine Ausnahme, den POL-Filter. Ein POL-Filter ist das absolute Muss in der Automotive Fotografie. Ohne diesen Filter hast du zu viele und unschöne Reflektionen, die du nicht wegbekommt. Daher sollte ein POL-Filter immer auf eurem SIGMA Objektiv montiert sein.

Zusatz Tipp: Vergesse nicht die Details

Viele Automotive Fotografen konzentrieren sich immer nur aufs Exterieur und Interieur, vergessen aber die vielen kleinen Details, die jeder Hersteller in seinen Fahrzeugen integriert.
Vergesse nicht diese Details abzulichten. Denn das sind meistens die fehlenden 2%, die über einen Kauf des Fahrzeugs entscheiden. Speziell in der Preiskategorie eines Bentleys, Aston Martin oder Ferrari sind es die kleinen Details, die den Unterschied ausmachen. Sei es eine First Edition Plakette, ein genähtes Logo in der Kopfstütze oder nur diverse Anbauteile aus Carbon.
Solche Details wollen die Kunden sehen und die Hersteller auf Ihren Social Media Kanälen oder auf Ihrer Homepage zeigen.

So das sind einige der wichtigsten Dinge, die ich niemals in der Automotive Fotografie tun würde.
Natürlich kann ich dir nicht garantieren, dass wenn du diese Punkt beachtest, ein super Bild und dadurch Aufträge bekommst. Aber ich denke, dass es dich einen Schritt näher hin zum perfekten Bild bringt.
Wichtig ist, dass du dir das Fahrzeug ansiehst und überlegst was ist besonders am Fahrzeug und wie kann ich es am besten in Szene setzen. Denke dabei auch an die kleinen Details. Die Designer lassen sich bei jedem neuen Fahrzeug, neue Details einfallen. Diese sind genauso wichtig wie das Gesamtfahrzeug. In der Automotive Fotografie geht es viel ums Sehen und um den Blickwinkel. Ich hoffe, dass ich dir das mit diesem Beitrag näherbringen konnte. 🙂

Vielen Dank auch noch einmal an Bentley München, die mir es ermöglicht haben dieses wunderschöne Bentley Continental GT V8 Cabriolet zu fotografieren. Alleine diese Farbe, Cricket Ball, ist schon ein Grund das Fahrzeug abzulichten. Ich habe mich schon etwas in das Fahrzeug und die Farbe verliebt. 😛

Über eure Meinung, Fragen und Kommentare freue ich mich natürlich sehr. Kontaktiert mich hierzu gerne über Instagram: @haberkornphotography oder Facebook: Sebastian Haberkorn Photography

 
Sebastian Haberkorn
Automobilfotograf

Der passionierte Automobil- und People-Fotograf Sebastian Haberkorn aus München freut sich, wenn seine Bilder Emotionen im Betrachter wecken. Im besten Fall sogar so sehr, dass sie das abgelichtete Fahrzeug unbedingt selbst haben wollen. Er ist überwiegend im Bereich der Automotive Fotografie zuhause, in  der er seine Leidenschaft zum Automobil verwirklichen kann. Dabei versucht er in seinen Bildern die Emotionen eines Roadtrips mit Premium und Sportwagen dem Betrachter erlebbar zu machen. Seine Bilder sollen ein Gefühl von Begehrlichkeit für das abgelichtete Produkt wecken.

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