Erfahrungsbericht über die neue SIGMA fp L von Robert Sommer © Robert Sommer

Erfahrungsbericht über die neue SIGMA fp L von Robert Sommer

Hallo zusammen,

seit einigen Wochen gibt es bei SIGMA nun die neue kompakte Vollformatkamera, die SIGMA fp L.

Ich hatte die Möglichkeit, die Kamera mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen und zu testen.

Um einen guten Eindruck zu bekommen, habe ich die Kamera mit verschiedenen Objektiven getestet:

SIGMA 500mm F4 DG OS HSM | Sports

SIGMA 70-200mm F2,8 DG OS HSM | Sports

SIGMA 105mm F2,8 DG DN Marco | Art

SIGMA 100-400mm F5-6,3 DG DN OS | Contemporary

Ich habe also sowohl zwei neue DN Objektive verwendet, als auch zwei DG Objektive mit EF-Anschluss, die ich mittels Adapter an die Kamera angeschlossen habe.

Ich kann allerdings schon vorwegnehmen, dass ich keine negativen Effekte durch den Adapter wahrgenommen habe und die Objektive ganz normal verwenden konnte.

Glücklicherweise war mein Test genau zu der Zeit, als der Frühling so halbwegs begann. Dieses Jahr hat das alles ja etwas länger gedauert mit dem guten Wetter. Und während ich die letzten Jahre die Leberblümchen immer gerade so verpasst habe, war ich in diesem Jahr zur rechten Zeit vor Ort und hatte direkt die Möglichkeit das neue SIGMA 105mm F2,8 DG DN Marco | Art zu verwenden. Wenn man Pflanzen fotografieren möchte ist meiner Meinung nach eine tiefe Kameraposition unerlässlich. Erst dadurch kann man die Pflanze schön freistellen. Um den Vordergrund ebenfalls unscharf zu bekommen, versuche ich entweder durch andere Pflanzen hindurch zu fotografieren, oder aber ich lege mir etwas Laub vor die Linse. Dadurch verschwindet der Stiel der Blüte dann in der Unschärfe, anstatt einen harten Abschluss am unteren Bildrand zu erzeugen.

Die fp L hat ein großes und helles Display, welches fast die komplette Rückseite bedeckt. Wenn man allerdings die Kamera auf dem Boden oder einem Bohnensack liegen hat, müsste man sich schon ein wenig verrenken oder sich flach auf den Boden legen, um vernünftig alles sehen zu können. Hier kommt allerdings ein überaus nützliches Zubehör ins Spiel, der neue elektronische Sucher EVF-11, welcher an die linke Seite der Kamera montiert werden kann. Das Gute an dem Sucher ist, dass er um 90° schwenkbar ist und man somit nun bequem im Sitzen von oben hineinschauen kann. Die Arbeit mit den Makros erleichtert das ungemein.

Erfahrungsbericht über die neue SIGMA fp L von Robert Sommer © Robert Sommer

Das Schwierige an der Blumenfotografie ist es oft, geeignete Exemplare zu finden. Vor allem bei den Leberblümchen sind kleinere Gruppen oft ein Problem, da die Blüten in alle Richtungen zeigen und sich auch überdecken. Nach einer Weile habe ich jedoch eine kleine vierer-Gruppe gefunden, die fast perfekt war. Ich wollte jedoch alle vier Blüten in einer Schärfeebene haben und habe daher kleine Stöckchen am Boden an die Stiele gelehnt, so dass die Blüten etwas weiter vorne beziehungsweise hinten waren. Die Stöckchen habe ich dann zusätzlich noch mit ein paar Blättern verdeckt, so dass sie später nicht mehr zu sehen sind.

Die Schärfe und der Detailreichtum des 105er Macros hat mich dabei wirklich beeindruckt. Alle von mir getesteten Objektive sind eher im Telebereich anzusiedeln, wobei die neuen DN-Objektive wirklich äußerst kompakt sind. Bei der Benutzung des 70-200er und vor allem des doch recht großen 500er war ich allerdings froh, dass es zur SIGMA fp L noch ein weiteres praktisches Zubehör gibt, und zwar den Handgriff HG-11. Dadurch verbesserte sich das Handling mit der sehr kompakten Kamera wesentlich und es hat mir die Arbeit um einiges erleichtert.

Was mich vor allem bei der Kamera interessiert hat, ist die riesige Auflösung von 61MP. Wenn man das liest, kommen einem natürlich erst einmal ein paar Bedenken in den Kopf. Denn so viele Megapixel erzeugen eine ganze Reihe von Daten und tatsächlich nimmt eine RAW-Datei in etwa 80MB in Anspruch. Bei einer Serienbildgeschwindigkeit von 10 Bildern pro Sekunde kommen da sehr schnell sehr viele Daten zusammen. Man benötigt dann zudem auch schnelle SD-Karten, die diese Datenflut schnell genug wegspeichern kann und auch auf dem heimischen PC wird vermutlich mehr Speicherplatz benötigt. Ich hatte zuvor auch einige Bedenken, ob ich die großen Daten überhaupt bearbeiten kann, aber mein vier Jahre alter Rechner hatte eigentlich so gut wie keine Probleme die Fotos in Lightroom beziehungsweise in Photoshop zu verarbeiten, was mich gleichermaßen gewundert wie gefreut hat.

Doch der große Vorteil der Auflösung kam für mich gerade bei der Wildlifefotografie ins Spiel, denn Blumen waren natürlich nicht meine einzigen Motive, die ich vor der Kamera hatte. Am liebsten fotografiere ich nach wie vor die heimische Vogelwelt. Und wie das mit den geflügelten Kollegen so ist, sind sie ja per se immer zu weit weg, selbst mit einer langen Brennweite.

Erfahrungsbericht über die neue SIGMA fp L von Robert Sommer © Robert Sommer

Die 61MP gaben mir nun aber die Möglichkeit zu croppen und das zum Teil extrem. Es war so, als hätte man einen eingebauten Konverter direkt in der Kamera. Es ist also überhaupt kein Problem das Foto im Nachhinein zu beschneiden und den Ausschnitt so zu wählen, dass die Bildkomposition zufriedenstellend ist. Ich habe das versucht an drei  Beispielen zu verdeutlichen. Alle drei Fotos wurden zudem mit unterschiedlichen Objektiven aufgenommen. Die Graugans ist mit dem SIGMA 500mm F4 DG OS HSM | Sports entstanden, die Mandarinente mit dem SIGMA 105mm F2,8 DG DN Marco | Art und der Specht mit dem SIGMA 100-400mm F5-6,3 DG DN OS | Contemporary.Zu sehen ist bei den folgenden Fotos jeweils der originale Bildausschnitt bei 61MP, dann mein persönlicher Beschnitt für mein finales Foto (beide Fotos wurden im Anschluss verkleinert). Zu guter Letzt ist dann ein extremer Ausschnitt zu sehen, der nur noch ca. 1MP hat und somit auch nicht mehr nachträglich verkleinert werden musste.

Erfahrungsbericht über die neue SIGMA fp L von Robert Sommer © Robert Sommer

Vor allem die Fotos mit nur noch 1MP zeigen meiner Meinung nach sehr deutlich, was bei einem solch starken Crop noch an Details vorhanden ist. Bei den Vögeln sind selbst kleinste Federdetails noch wunderbar zu erkennen. Man hat also alleine durch die Auflösung einen enorm großen Spielraum bei der Gestaltung und kann dadurch Fotos machen, die vorher so vielleicht nicht möglich gewesen wären.

Auch bei der Tierfotografie war ich übrigens dankbar den elektronischen Sucher zu haben.  Dadurch fällt es wesentlich leichter das Motiv verfolgen zu können, als über den Bildschirm auf der Rückseite der Kamera.

Ein weiterer interessanter Punkt bei dieser Auflösung ist das Rauschverhalten. Durch 61MP im Vollformat hat man eine extrem hohe Pixeldichte, was durchaus schneller zu starkem Rauschverhalten führen könnte im Gegensatz zu Sensoren mit einer geringeren Auflösung. Aber auch hier wurde ich positiv überrascht. Ich war oft früh morgens unterwegs. Bei wenig Licht und sich bewegenden Motiven muss zwangsläufig die ISO nach oben, wenn man ein scharfes Foto machen möchte. Das folgende Foto des Blässhuhns ist zum Beispiel bei ISO 4000 entstanden und es ist im Prinzip kein Rauschen zu erkennen. Sobald das Rauschen dann bei höherem ISO doch stärker wird, ist zumindest kaum Farbrauschen zu erkennen, was durchaus von Vorteil ist. Dem Rauschen kann man heutzutage wunderbar mit Entrauschungstools bei der Nachbearbeitung am Rechner entgegnen und diese kommen meist mit der Entrauschung besser klar, wenn sich das Farbrauschen im Rahmen hält.

Die SIGMA fp L hat einen Hybrid-Autofokus, also eine Kombination aus Kontrast-Autofokus und Phasen-Autofokus. Dieser ist für die meisten Fälle schnell genug gewesen, so dass ich sich bewegende Motive ohne Probleme fotografieren konnte. Sobald die Motive aber sehr schnell werden, wie z.B. kleine flinke Vögel im Flug, kommt der Autofokus an seine Grenzen.

Bei der neuen Kamera ist ausschließlich ein elektronischer Verschluss vorhanden. Bei stillen Motiven oder sich langsam bewegenden Motiven oder beim Filmen funktioniert dieser genauso wie er soll. Bei sich sehr schnell bewegenden Motiven, wie beispielsweise dem Flügelschlag kleinerer Vögel, kann es dabei allerdings zum Rolling-Shutter-Effekt kommen. Für mich persönlich hatte es aber keine großen Auswirkungen. Ich habe bei meinem Test mehr als tausend Fotos gemacht und konnte dieses Phänomen nur einmal beobachten.

Wie schon weiter oben erwähnt, empfinde ich die Auflösung von 61MP wie einen eingebauten Konverter, da man zu Hause am Rechner noch beliebig croppen kann. Wem das zu viel Arbeit ist, kann sogar direkt schon in der Kamera selbst bis zu 5x zoomen und so bereits bei der Aufnahme ein gecropptes Foto machen. Die Kamera hat zudem diverse andere Einstellungen, um das Foto bereits in der Kamera anzupassen. So lassen sich z.B. verschiedene Formate wie 1:1 oder 16:9 direkt einstellen, oder auch vorgefertigte Farbmodi, wie beispielsweise Powder Blue oder Duotone sind möglich. Wer keine Lust hat nach dem Fotografieren oder dem Filmen noch stundenlang am Rechner zu sitzen und dort die Bildbearbeitung zu machen, sondern eher das Bild schon fertig in der Kamera haben möchte, dem sind hier diverse Möglichkeiten gegeben. Viele dieser Einstellungen machen vor allem bei der Videografie Sinn. Generell ist die Kamera gleichermaßen für die Fotografie, wie die Videografie ausgelegt. Sie ist unglaublich modular und daher für jeden Geschmack anpassbar. Neben dem vielfältigen Zubehör kann man an die Kamera z.B. auch eine externe SSD anschließen, wodurch man dann die Möglichkeit hat 12-Bit-CinemaDNG-Aufnahmen zu machen. Wer möchte, kann die Kamera auch per USB-C an dem Computer anschließen und als Webcam verwenden.

Alles in allem bietet diese kleine Kamera eine ganze Reihe an Möglichkeiten, um sie selbst durch das Zubehör und die Fotos bzw. Videos durch die vielen Voreinstellungen nach dem eigenen Geschmack beliebig zu individualisieren. Wer also gerne cineastische Projekte plant oder ein maximal flexibles System sucht, bekommt hier definitiv etwas geboten.

 
Robert Sommer
Landschafts- und Tierfotograf

Robert Sommer ist geboren und aufgewachsen in Röbel / Müritz, ist ein Softwareentwickler aus Hamburg und ein international ausgezeichneter Naturfotograf. Fotografiert hat er schon immer gerne, doch erst mit dem Kauf der ersten Spiegelreflexkamera ging die Leidenschaft so richtig los. Während die ersten Jahre alles geknipst wurde, was vor die Linse kam, konzentriert sich Robert Sommer mittlerweile ausschließlich die Naturfotografie. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um Landschaften, Pflanzen oder Tiere handelt. Doch es gibt ganz klar einen Favoriten – die Vogelfotografie.

Portfolio | Webseite | Instagram | Mail: robert@sommerblende.de

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