Die Schönheit des Heimatlandes wieder entdecken – Wandern in den Bayrischen Alpen
Das Jahr 2020 gehört für die meisten wohl mit zu einem der turbulentesten Jahre, die sie jemals erlebt haben. Keiner konnte ahnen, dass ein Virus plötzlich unser aller Leben so Kopf stehen lässt. Trotz der vielen neuen Beschränkungen und Ängste lassen sich aber auch positive Aspekte dieser Krise erkennen. Für mich war es eine Art kreative Neuorientierung. Früher war ich es gewohnt einen Flug für die nächste Woche zu buchen und ohne Barrieren innerhalb, als auch außerhalb Europas zu reisen. Diese Denkweise hat sich nun drastisch verändert, was auch meine Einstellung zu Reisen stark beeinflusst hat. Besonders auf Social Media versucht sich oft jeder mit der Anzahl möglichst exotischer besuchter Orte zu übertreffen, dabei liegt das schönste doch meist vor der eigenen Haustür. Mir ist dieses Jahr erst noch einmal bewusst geworden, wie glücklich man sich schätzen kann in einem kulturell und landschaftlich so diversem Land wie Deutschland zu leben.
Da die Landschaft sich Ende Mai langsam wieder in einem grünen Gewand zeigte, beschloss ich mich wieder auf einen längeren Roadtrip zu wagen. Die Reisebeschränkungen damals ließen jedoch nur Reisen innerhalb Deutschlands zu, was natürlich im ersten Moment wirklich nach einer eher nervigen Beschränkung klingt, sich jedoch im Nachhinein schon fast als Vorteil herausstellte.
Wenn man nach Bergen in Deutschland Ausschau hält, kommt man nicht an den Bayrischen Alpen vorbei. Für viele hört die Ortskenntnis allerdings beim Schloss Neuschwanstein oder dem Eibsee schon auf, dabei gibt es viel mehr lohnenswerte Motive. Der erste Berg auf der Liste hieß Wendelstein. Ein Gipfel im Mangfallgebirge mit 1838 Metern Höhe. Das Wahrzeichen des Wendelsteins stellt wohl Deutschlands höchstgelegene Kirche, die Wendelstein-Kircherl dar, in welcher seit 1890 bis heute noch am Wochenende Gottesdienste und Hochzeiten abgehalten werden. Um dem Bild der Kirche eine gewisse Tiefe zu verleihen und gleichzeitig näher ran zu holen setzte ich bei meiner Objektivwahl auf das SIGMA 70-200mm F2,8 DG OS HSM | Sports.
Direkt auf dem Gipfel befindet sich eine Sternenwarte, die von der Uni München zu Forschungszwecken genutzt wird und sicher bei einer klaren Nacht einen atemberaubenderen Blick in den Sternenhimmel bietet. Da sich der Abstieg nach Sonnenuntergang wesentlich schwieriger gestaltet, machten wir uns auch mit Anbruch der Dämmerung wieder auf den Weg ins Tal.
Der nächste Gipfel ließ nicht lange auf sich warten. Bereits kurz nach zwei in der Nacht starteten wir den Aufstieg zu einer der wohl am schönsten gelegenen Berghütten in ganz Deutschland. Die Tegernseer Hütte liegt auf einer Höhe von 1650 Metern auf einem Sattel zwischen den Gipfeln Roß- und Buchstein und wird dank ihrer exponierten Lage oft auch als Adlernest bezeichnet. Nach einem knapp zweistündigen Aufstieg in fast vollkommender Dunkelheit erreichten wir endlich den Roßstein Gipfel und wurden mit einem traumhaften 360 Grad Panorama belohnt. Leider mussten wir feststellen, dass die Hütte wegen Renovierungsarbeiten komplett eingerüstet war. Somit entfiel zwar das Hauptmotiv der Wanderung, dennoch entschädigte der Rundumblick über die Berge mehr als ausreichend.
Nach den zwei anstrengenden Wanderungen in weniger als 24 Stunden entschlossen wir uns erst einmal etwas zu entspannen und fuhren in Richtung Berchtesgaden. Ich erinnerte mich, dass am Ortsrand eine kleine Kapelle steht, welche sich gut als Vordergrund nutzen lässt für ein Foto des wohl bekanntesten Berges von Deutschland nach der Zugspitze, dem Watzmann. Zur blauen Stunde begann die Kapelle beleuchtet zu werden und ergab im Zusammenspiel mit dem Berg im Hintergrund ein märchenhaftes Postkartenmotiv.
Am nächsten Tag wurde es wieder Zeit für eine neue Wanderung, welche uns zur nächsten Hütte führte. Der Aufstieg begann am Hintersee und führte entlang einiger Kehren, kleineren Hütten und am Ende über Treppenstufen hinauf zum Blaueeisgletscher. Leider sieht man auch hier auf erschreckende Weise den Einfluss der globalen Erwärmung. Von der einstmals über 25 ha großen Fläche anfangs des 19. Jahrhunderts sind nur noch 7 ha übriggeblieben. Unterhalb des schwindenden Gletschers befindet sich die Blaueishütte auf 1680 Metern Höhe. Von dort aus kann man beispielsweise Wanderungen zur Schärtenspitze oder dem Hochkalter unternehmen.
Da wir auf besseres Licht am Abend hofften verbrachten wir einige Stunden mit sonnen an der Hütte. Um flexibel in der Bildgestaltung mit der Hütte zu bleiben entschied ich mich für das SIGMA 24-70mm F2,8 DG OS HSM | Art. Dank der f 2.8 Offenblende ließen sich die Felsen und Sträucher als Unschärfe im Vordergrund nutzen und bildeten mit den Bergen im Hintergrund einen Rahmen um das Motiv. Das lange Warten und Fotografiren führte jedoch dazu, dass wir beim Abstieg von einem Gewitter überrascht wurden, wie ich noch keins zuvor erlebt hatte. Fast eine Stunde lang hagelte es fast Golfball große Eisbrocken und schüttete wie aus Eimern. Als wir schließlich wieder am Auto unten ankamen stand der Parkplatz unter Wasser und wir konnten uns die Dusche an dem Tag sparen.
Mit trockenen Klamotten und neuem Abenteuergeist ging es weiter westlich Richtung Garmisch-Partenkirchen. Quasi auf halbem Weg südlich des Tegernsees befindet sich der Hausberg vieler Münchner, der Wallberg. Der Weg nach oben ist hier relativ gut erschlossen und wer sich die 1,5 Stunden Wanderung sparen will kann auch bequem mit der Seilbahn fahren. In der Nähe der Bergstation auf einem Hügel befindet sich die Wallberg Kapelle. Wir hatten auf gutes Licht zum Sonnenuntergang gehofft, jedoch schoben sich dichte Wolken vor die Sonne. Diese ergaben im Zusammenspiel mit der Kapelle und den Bergen des Mangfallgebirges im Hintergrund dennoch ein sehr dramatisches Bild und ließen uns die zusätzlichen Höhenmeter schnell vergessen.
Um etwas Abwechslung bei der Auswahl der Motive zu bekommen entschlossen wir uns, uns am nächsten Tag auf die Suche nach Wasserfällen zu begeben. Am Fuße der Zugspitze findet man die Kuhfluchwasserfälle. Eine Gruppe aus drei Wasserfällen, welche sich in drei Fallstufen auf eine Höhe von 270 Metern erstrecken und somit zu den größten in ganz Deutschland gehören. Die Wanderung bis zum obersten zugänglichen Teil dauerte nur eine halbe Stunde und ich kann den Weg dahin jedem, der einen Besuch in Garmisch plant, auf jeden Fall empfehlen.
Am nächsten Morgen hatte ich eine Location etwas abseits der Touristenströme des Eibsees eingeplant. Die Kottmüllerallee in Murnau am Staffelsee ist zum Glück noch ein kleiner Geheimtipp, jedoch lohnt sich dort in Spaziergang am Morgen umso mehr. Die Atmosphäre, wenn die ersten Sonnenstrahlen auf die uralten Bäume treffen und man in der Ferne die Ausläufer der Alpen sieht hat einfach etwas magisches. Die Zeit scheint hier für den Moment still zu stehen.
Nach diesem entspannten Morgen in Murnau machen wir uns auf den zur letzten Etappe unseres Bayern-Roadtrips, dem Allgäu. Die Buchenegger Wasserfälle zählen wohl mit zu den schönsten und bekanntesten Ausflugszielen zwischen Bodensee und Illertal. Über zahlreiche, abwechslungsreiche Wanderungen, wahlweise von 60 Minuten bis mehreren Stunden Länge erreicht man die Schlucht, in der sich die Wasserfälle befinden. Besonders auffällig sind die tiefen Kessel, in welchen sich das Wasser in den einzelnen Fallstufen ergießt. Hier lohnt es sich im Sommer die Badehose für eine kurze Abkühlung einzupacken.
Der nächste Tag startete wieder sehr früh, denn zum Sonnenaufgang wollten wir bereits auf dem Siplingerkopf sein. Die Wanderung startete im idyllischen Gunzesrieder Tal, durch die eine befahrbare, jedoch nicht kostenfreie Mautstraße führt. Nach etwa anderthalb Stunden relativ steilem Anstieg erreichten wir zwar noch nicht den Gipfel, jedoch fanden wir ein fast schöneres Motiv für den Sonnenaufgang, die Siplinger Nadel. Diese bizarren Felsformationen bestehen aus Nagelfluh, ein Gestein aus verschieden großen rundlichen Geröllen, die auf natürliche Weise verkittet worden sind und somit einen recht festen Stein bilden. Das macht die Felsen auch zu einem spanenden Betätigungsfeld für fortgeschrittene und geübte Kletterer, zu denen wir leider nicht zählten. Dennoch ergab sich ein schönes Motiv.
Als letzter Stopp der Reise hatten wir uns Oberstdorf ausgesucht, ein optimaler Ausgangspunkt für Wanderungen zu zahlreichen Bergseen, urigen Hütten und Gebirgskämmen. Da wir versuchen wollten die eher bekannten Touristenziele zu meiden, in Oberstdorf beispielsweise der Seealpsee und das Nebelhorn, fiel die erste Wahl auf die Wanderung zum Guggersee. Die Wanderung startet auf Höhe des Parkplatzes Nebelhornbahn und verläuft zunächst auf ebener Strecke durch das Tal Richtung Birgsau. Dort biegt man dann rechts in einen Waldweg ab und beginnt min dem Anstieg. Nach dem man entlang vieler Kehren über einen schmalen Pfad die anstrengenden 800 Höhenmeter endlich überwunden hat erreicht man schließlich den leuchtend grünen Guggersee. Der See an sich ist nicht besonders groß, jedoch spiegelt sich das beeindruckende Panorama des Allgäuer Hauptkamms, mit Trettachspitze, Mädelegabel und Hochfrottspitze darin. Zwar zogen zunächst einige Quellwolken vor die Berge, jedoch gerade rechtzeitig zum Sonnenuntergang klarte die Sicht auf und die Spitzen begannen zu glühen. Es war sicher mit eine der schönsten Lichtstimmungen, welche ich dieses Jahr erlebt habe. Da die Nacht klar zu bleiben schien beschlossen wir noch 3 Stunden zu warten, bis das Zentrum der Milchstraße sichtbar werden sollte. Das Warten sollte belohnt werden mit einem wunderschönen Bergpanorama und darüber dem leuchtenden Sternenhimmel und der Milchstraße. Optimal für eine solch schwierige Lichtsituation eignet sich hier das SIGMA 14-24mm F2,8 DG DN | Art Ultraweitwinkel, welches durch seine große Offenblende bei Nacht auch noch geringe ISO-Zahlen und eine kurze Belichtungszeit zulässt, ohne dass die Sterne bereits verschwimmen.
Der letzte Tag der Reise bescherte uns mal wieder einen bedeckten Himmel, was uns nach der kurzen Nacht auch nicht besonders traurig stimmte. Zufällig stieß ich unter dem Hashtag Oberstdorf auf das Bild vom Christlesee, welcher durch sein kristallklares Wasser sofort ins Auge sticht. Die Wanderung erwies sich als sehr leicht, da praktisch keine Höhenmeter überwunden werden mussten und bereits nach einer halben Stunde erreichten wir das Ziel. Anders als erwartet konnten wir die Aussicht fast alleine genießen. Das kristallklare blau-grüne Wasser sucht in Deutschland wirklich seines gleichen und man kann mehrere Meter tief bis auf den Grund schauen.
Ich hätte wirklich nicht damit gerechnet so viel Diversität in einer Region wie den Bayrischen Alpen zu finden, da ich bei weitem nicht das erste Mal in der Gegend unterwegs war. Damit lässt sich glaube ich die gesamte Reise am besten zusammenfassen. Es ist wirklich erstaunlich, was man alles im Heimatland noch entdecken kann. Manchmal braucht es erst eine Beschränkung, um die Freiheit des Reisens im eigenen Land wieder richtig schätzen zu lernen. Ich hoffe das diese Erkenntnis bei einigen aus dieser Krise hängenbleibt und sich statt in den Flieger vielleicht mal lieber wieder aufs Rad gesetzt wird am Wochenende.
Alle Bilder dieses Beitrags in der Übersicht
Aufgewachsen in einer ländlichen Gegend entdeckte Johannes Hulsch bereits früh die Schönheit der Natur für sich. Mit der alten Kamera seines Vaters begann er seine ersten Schritte im Bereich der Landschaftsfotografie. Dabei beschränkte er sicher vorerst auf das Gebiet des Erzgebirges. Mit zunehmendem Erfolg seiner Bildern in den sozialen Medien begannen sich auch die Reisen auf Deutschland und Europa auszuweiten. Mittlerweile ist er selbständig als Landschaft- und Reisefotograf in Leipzig ansässig und nimmt seine Follower mit auf seine Abenteuer rund um den Globus. Jedoch gilt für ihn nach wie vor das Motto: „Für ein gutes Foto muss man seinen Blick nicht in die Ferne schweifen lassen, die schönsten Dinge findet man meistens direkt vor der Haustür, da man sich dort auskennt wie kein zweiter.“