Unterwegs in der Wildnis Lapplands

Es ist 7 Uhr morgens, als mein Wecker klingelt. Ich höre den Regen auf mein Zelt fallen. Der Wind senkt die Temperatur auf gefühlte -6 Grad. Ganz kurz stelle ich mir die Frage, warum ich das hier überhaupt mache. Doch bereits nach dem ersten Schritt vor mein Zelt weiß ich es. Weil es nur so möglich ist, eine der letzten wirklich wilden Ecken Europas zu erkunden.

Doch beginnen wir ganz vorne. Die Expedition beginnt in Kvikkjokk. Einem kleinen 30 Seelen Dorf über dem nördlichen Polarkreis in Schweden. Ich und die fünf anderen Teilnehmer haben bereits zwei Tage Anreise hinter uns, um überhaupt hier zu sein. Etwas außerhalb des Ortes treffen uns unsere beiden Guides von Expedition Xplore. Die Eckdaten unserer Expedition sind wie folgt: Wir werden 10 Tage in der Wildnis verbringen, insgesamt ca. 110 km durch unwegsames Gelände wandern und dabei ungefähr 2400 hm überwinden. Jeder von uns trägt dabei grob 25 kg Gewicht auf dem Rücken. Ich werde unser Abenteuer als Fotograf begleiten und dokumentieren. Mit dabei habe ich zwei Objektive von SIGMA. Zum einen das 24-70mm F2,8 DG DN II | Art, das ich die meiste Zeit auf meiner Sony a7 IV haben werde. Es ist sehr vielseitig und passt für mich perfekt für diesen Einsatzzweck. Außerdem wird es auch den widrigen Bedingungen einer Expedition standhalten können. Zum anderen darf bei mir natürlich ein Teleobjektiv nicht fehlen. Deshalb habe ich noch das 70-200mm F2,8 DG DN OS | Sports mit in meinem Rucksack. Ich wusste, dass wir sehr wahrscheinlich Tiere sehen werden und obendrein wollte ich die Möglichkeiten haben, eine vielseitigere Geschichte zu erzählen.

Aller Anfang ist schwer

Unser erster Tag beginnt direkt mit Regen. Unsere Guides erklären uns, dass wir heute den ersten Teil der Strecke auf den Kungsleden, einem der berühmtesten Trails in Schweden, laufen werden. Doch wir sind alle noch eher damit beschäftigt all unsere Sachen im Regen einzupacken und am besten so, dass alles so weit wie möglich trocken bleibt. Nachdem wir dem Kungsleden verlassen und Richtung Nationalpark abbiegen, werden die Wege auch merklich schmäler. Einige davon haben sich durch den vielen Regen in Bäche verwandelt, was das Vorankommen jetzt schon schwieriger macht. Zum Glück lässt der Regen nach ein paar Stunden nach und wir können eine trockene Mittagspause einlegen, bevor es dann weiter auf und ab durch dichte Wälder immer weiter Richtung Sarek geht. 

Bild: 26mm – 1/800 – F6 – ISO 200

Irgendwann lichten sich die Bäume und wir haben das erste Mal freie Sicht auf die Berge. Wir sind unserem ersten Camp Spot schon sehr nahegekommen. Doch uns steht noch ein Hindernis im Weg. Ein Fluss, der durch den Regen wesentlich tiefer geworden ist. Der Untergrund war sehr rutschig, also mussten wir in Wanderschuhen durch das zum Teil fast hüfthohe Wasser. Auf der anderen Seite angekommen waren wir alle ziemlich ausgekühlt und sind dann auch kurz nach dem Abendessen in unsere Zelte verschwunden.

Die Nacht war kalt und auch der zweite Tag startete mit Regenwetter. Das sollte auch zur Routine während der 10 Tage werden. Nass am Morgen, trocken am Abend. Ich hatte bis nach dem Mittagessen Probleme, meinen eigenen Kopf unter Kontrolle zu bringen. Ein zweifelnder Gedanke jagte den Nächsten. Meine Stimmung verbesserte sich erst, als dann endlich der Regen aufhörte und es die Chance gab, sich etwas aufzuwärmen. Beim Aufstieg zu unserem zweiten Camp entstand außerdem eine traumhafte Lichtstimmung, die fast schon surreal war. Da wurde mir auch das erste Mal so richtig bewusst, wo ich hier eigentlich gerade bin und wie besonders das ist. Das war auch alles, was es braucht, um den Knoten in meinem Kopf zu lösen. Ich fühlte mich voll und ganz in meinem Element und konnte es so richtig genießen, einfach hier draußen in der Wildnis zu sein.

In der Natur angekommen

Ab Tag drei verloren sich dann auch die ausgetretenen Pfade und wir waren wirklich in der Natur angekommen. Unser Weg führte weiter an dem Bergmassiv entlang, das wir umrunden wollten. Etwas über unserem Camp war der Gipfel des Sähkok, unser erstes Ziel für den Tag. Von dort aus hatte man einen schönen Blick in die Täler und auch weit zurück in die Ebene, aus der wir gekommen waren. Es fühlte sich noch viel weiter weg an, als es tatsächlich war. Auf eine gute Art und Weise. 

Bild: 191mm – 1/1.600 – F2,8 – ISO 500

Ich hatte die meiste Zeit die Kamera umhängen und das 24-70mm drauf. Gerade für Situationen, bei denen man auch mal nahe an Personen dran steht oder man ständig weiterlaufen muss, ist das für mich das perfekte Objektiv. Damit kann man schon einen Großteil der Geschichte erzählen, ohne einmal das Objektiv tauschen zu müssen. Die Offenblende von 2.8 ist bei wenig Licht natürlich top. Und es hält auch ohne Probleme den ein oder anderen Regenschauer aus. Auf das 70-200mm habe ich meistens dann gewechselt, wenn Tiere in der Nähe waren oder aber wenn ich gerne die Kompression eines Teleobjektives in der Bildkomposition haben wollte. Auch hier muss ich sagen, dass die Offenblende von 2.8 extrem hilfreich war. Und auch das Tele ist richtig tough und hält den Umwelteinflüssen ohne Probleme stand.

Bild: 24mm – 1/500 – F5,6 – ISO 400

Mit Rückenwind ins nächste Abenteuer

Nach einer Flussquerung in einer Schlucht mussten wir wieder steil aufsteigen, um zu unserem nächsten Camp zu kommen. Hier war dann auch plötzlich das schöne Wetter vorbei und es regnete beinahe quer. Zum Glück von hinten. Ich blickte trotzdem eigentlich nur in lachende Gesichter, da der Wind uns praktisch den Berg hinauf blies. Der heutige Camp Spot lag hoch oben über einem gigantischen Tal, an dem wir schon den ganzen Tag entlanggelaufen waren. Der Blick dort hinunter machte noch mal deutlich, dass wir hier mitten in der Wildnis stehen und uns im Einklang mit der Natur bewegen.

Damit sind wir bei dem Morgen, den ich ganz zu Beginn beschrieben habe. Nur ein paar Höhenmeter über uns konnte man die Schneelinie sehen und die Kombination aus Wind und Regen machte es richtig kalt. Es ging zuerst weiter oben an der Abbruchkante entlang, allerdings mussten wir irgendwo einen Weg nach unten finden. Denn wir wollten unten den Fluss queren und auf der anderen Seite zu einer Hochebene aufsteigen. In dem steilen Gelände mit den nassen Felsen gab es mehr, als einmal die Chance, mit dem schweren Rucksack abzustürzen. Die starken Windböen halfen auch eher wenig für die Stabilität im Gelände. Der Versuch, den Felskamm bis zum Ende zu gehen, klappte nicht, da der Weg irgendwann zu instabil für uns alle wurde. Also suchten wir uns einen Weg nach unten über die Flanke. Zum Glück war sie immer wieder mit Gras bewachsen, sodass wir uns bis ins Tal hinunter schlängeln konnten.

Bild: 35mm – 1/500 – F3,2 – ISO 200

Das Schöne war, dass ich trotz des schlechten Wetters nie die Kamera wegpacken musste und somit alles dokumentieren konnte. Vor allem die Vielseitigkeit vom 24-70mm konnte ich hier voll ausspielen. Objektivwechseln war hier einfach keine gute Idee. Unten im Tal angekommen, war es erstmal Zeit für eine Pause. Unter dem Tarp rührten wir in der Kälte die beste Kartoffelsuppe zusammen, die ich mir vorstellen kann. Glaube aber fast, dass in dieser Situation alles an warmem Essen das Beste der Welt gewesen wäre.

Während der Pause hatten wir schon Zeit, unser nächstes Hindernis zu betrachten. Einen eiskalten Gletscherfluss, den wir nur in Crocs queren konnten. Die ganzen Versuche, sich in der Pause aufzuwärmen, waren also ohnehin mehr oder weniger sinnlos. Nach den ersten paar Sekunden im Fluss waren meine Füße komplett taub. Hier im Wasser zu landen war absolut keine Option. Dementsprechend vorsichtig war jeder Schritt auf den wackeligen Felsen. Drüben angekommen hieß es keine Zeit verlieren. Jeder von uns hat vermutlich einen Rekord darin aufgestellt, sich Wander- und Regenhose, Socken und Schuhe anzuziehen. Wer fertig war, begann sofort damit den Berg zur Hochebene aufzusteigen, damit es wieder warm wurde. Es brauchte wirklich lange, bis meine Füße wieder erwachten. Es fühlte sich eher an, als würde ich mit zwei Steinen an den Beinen einen Berg hochlaufen.

Bild: 24mm – 1/6 – F2,8 – ISO 10.000

Die Anstrengungen werden belohnt

Das Schöne ist, dass die ganze Kälte sofort vergessen war, als wir oben ankamen und verstanden, wo wir waren. Wir standen in einer riesigen Geröllhalde. So weit das Auge reichte, nur Steine. Am Horizont fanden sich Gletscher zwischen den Gipfeln der Berge. Die Landschaft hatte sich so schnell verändert, dass wir es gar nicht fassen konnten. Und genau hier oben würden wir an einem See unser Camp aufschlagen. Ich hatte noch nie das Gefühl, so weit weg von allem zu sein, wie hier oben in dieser Landschaft. Übertroffen wurde alles noch kurz bevor wir eigentlich schlafen gehen wollten. Direkt über uns rissen die Wolken gerade so viel auf, dass wir freie Sicht auf die Sterne hatten. Und da waren sie. Die berühmten Nordlichter. Sie tanzten über den Himmel, verschwanden und tauchten wieder auf. So intensiv und mit bloßem Auge hatte ich sie noch nie gesehen. In der Aufregung konnte ich in meinem Zelt das kleine Stativ nicht finden. Also blieb mir nichts anderes übrig, als aus der Hand zu fotografieren. Bis zu 1/5 Belichtungszeit konnte ich die Kamera über Kopf ruhig genug halten. Der ISO war dafür bei mutigen 10.000. Aber besser ein verrauschtes Bild als gar kein Bild.

Nach dem Aufstieg ist vor dem Abstieg

Unser Weg führte uns am nächsten Tag hinunter in ein sehr bekanntes Tal. Das Rapadalen, eines der wildesten Täler im Sarek. Es ist bekannt für seine großen Elche, dichte Vegetation und wilden Flüsse. Der Abstieg dauerte gefühlt eine halbe Ewigkeit. Unterwegs konnte man immer wieder ganz bequem mit den Fingern über den Boden streifen und hatte eine ganze Menge frischer Blaubeeren in der Hand. Der perfekte Snack für unterwegs. Innerhalb eines Tages würden wir nun von einer richtigen Mondlandschaft in einen dichten Wald laufen. Uns war schon bewusst, dass wir im Rapadalen eines der schwierigsten Gelände vorfinden werden. Mehr dazu später.

Im Tal angekommen, standen wir ziemlich schnell in einem Birkenwald. Unser Camp wollten wir ein paar Kilometer weiter vorne aufschlagen. Kurz bevor die Vegetation so richtig dicht wurde. Wir hatten jetzt schon gut damit zu tun, unseren Weg zu finden und jeder Tritt musste sitzen, damit man nicht irgendwo ausrutschte. Hinzu kam auch hier wieder der ein oder andere Fluss, der gequert werden wollte. Wir kamen ziemlich gut voran und ich konnte viele Bilder machen. Es wurde für mich in dem Dickicht nur fast unmöglich, die Gruppe zu überholen, um auch Bilder von vorne machen zu können. Da war dann einfach Kommunikation gefragt und ich bin dann einfach immer wieder einige Schritte vorausgegangen. Hier im Wald sprachen wir natürlich viel darüber, welchen Tieren wir hier begegnen könnten. Die größten und gefährlichsten waren hier definitiv die Elche. Das Rapadalen ist bekannt dafür, dass vor allem die Elchbullen enorm groß werden. Wir sprechen von Schulterhöhen von über 2 Metern. Ich dachte ja immer, dass Elche wie andere Hirscharten eher scheue Tiere sind. Aber nein… so ein Bulle attackiert auch gerne mal und verfolgt einen so lange, bis man aus seinem Revier verschwindet. Kein Szenario, was wir gerne erleben wollten. Aus nächster Nähe haben wir nur einen Schädel gefunden. Der da einfach so da lag, wo wir entlangliefen. Der Schädel war riesig. Es fehlten auch schon Teile der Schaufeln, die ihn noch größer gemacht hätten.

Eine unerwartete Begegnung

Ich machte noch ein paar Bilder, während die Gruppe weiterging. Wenige Meter weiter blieben sie aber stehen. Alle waren ganz leise und ich hörte nur „Wir haben einen Bären gesehen! Aber der war noch ganz klein“. Aufregung machte sich breit. Die Braunbären hier sind extrem scheu und die Chance einen zu sehen geht gegen null. Wir haben mit Leuten gesprochen, die seit 15 Jahren alleine hierherkommen und noch nie auf einen getroffen sind. Doch hatten wir wirklich so viel Glück? Eine Gruppe von 8 Leuten? Wir bewegten uns langsam weiter durch das Unterholz und da waren sie plötzlich. Erst ein Junges, dann das Zweite und schließlich auch die Mutter. Wir blieben wie angewurzelt stehen. Sie beobachtete uns sehr genau, doch sie packte sofort ihre zwei Zwerge ein und verschwand mit ihnen immer tiefer im Wald. Die Begegnung mit den Bären ist leider das Einzige, von dem ich kein Bild machen konnte. Es passierte einfach viel zu schnell. Daran, auf das Tele zu wechseln, war sowieso gar nicht zu denken. Somit wird es einfach eine schöne Erinnerung bleiben. Eine, die nur wir acht haben, die hier gemeinsam im dichten Gestrüpp standen. Ab der Begegnung mit den Bären waren wir auf dem weiteren Weg sehr laut. Offenbar hatte nämlich zuvor der Fluss unsere Stimmen komplett übertönt, sodass uns die Bärenmutter nicht kommen hörte. Und wo ein Bär ist… oder drei, könnte ja auch noch einer herumlaufen. Wir mussten alle schon richtig lachen, weil uns irgendwann einfach die Themen ausgingen, über die wir uns laut unterhalten konnten. Am Ende lief einfach eine Gruppe von acht Leuten durch den Busch und rief laut irgendwelchen Quatsch. Von außen müssen wir wie eine Gruppe verrückter ausgesehen haben. Das ging nämlich so weiter, bis wir schließlich unser Camp erreichten.

Bild: 26mm – 1/640 – F5 – ISO 320

Aufgrund der Tiere hier beschlossen wir nach dem Essen unser Geschirr sehr weit weg von unserem Schlafplatz abzuwaschen. Wir machten für die Nacht auch einen festen Pinkelplatz aus. Den sollte jemand im Dunkeln auf ein Tier treffen und tatsächlich Hilfe brauchen, weiß jeder sofort wo er/sie suchen muss. Die Nacht war aber ganz ruhig und verlief ohne Probleme.

Bild: 24mm – 1/800 – F2,8 – ISO 320

Auf ins Knochenbrechergelände

Der nächste Morgen war trocken und warm. Wir genossen unser Frühstück zwischen den Bäumen und sprachen über den Tag, der vor uns lag. In einem Wanderführer wird die Südseite des Rapadalen als „Knochenbrechergelände allererster Güte“ beschrieben. Kurz und knapp heißt das folgendes: Das Gelände ist die ganze Zeit über schräg, die Vegetation ist so dicht, dass man sich wirklich hindurchzwängen muss, der Boden besteht aus mit Moos bewachsenen Felsen und nassen Wurzeln und ach ja dazwischen sind auch gerne mal Löcher. In Summe braucht man für einen Kilometer gerne mal eine Stunde. Wir werden uns an diesem Tag acht Stunden durch das Rapadalen kämpfen, bevor wir dann endlich unser nächstes Camp auf einer Anhöhe erreichen. Jeder Schritt muss hier wirklich sitzen, sonst ist ganz schnell mal das Sprunggelenk durch. Dementsprechend durch waren wir auch alle am Ende des Tages. Mein Lieblingsgelände war es auf jeden Fall nicht. Um ganz ehrlich zu sein, habe ich es eher gehasst, mich durch den Wald zu kämpfen. Aber gut, die einzige Option ist einfach weiter machen. Ein bisschen Freude habe ich darin gefunden, dass es nicht regnet und, zu unser aller Verwunderung, einfach keine Mücken unterwegs waren. Außerdem konnten wir noch ein Tier auf der Liste abhaken. Weit weg am Fluss sprinteten zwei Elche entlang und wir konnten sie aus sicherer Distanz beobachten. Von unserem Camp aus hatten wir dann noch mal einen schönen Blick auf das Tal, das uns so viel abverlangt hat.

Wir wachten mal wieder im Regen auf und die Nacht war echt kalt. Die Sicht war verschwunden und wir würden uns heute noch einmal durch dicht bewachsenes Marschland kämpfen. Durch den Nebel konnten wir nicht weit sehen, und unsere Guides wussten nur eins. Wir mussten auf ungefähr 900 hm bleiben. Denn nur so würden wir irgendwann auf die Brücke treffen, die wir überqueren mussten. Ganz genau, eine Brücke. Die Einzige, die es hier gibt. Sie wurde irgendwann gebaut, da die Flussquerung sehr gefährlich ist und immer wieder Menschen ertrunken sind. Vom ersten Teil des Tages gibt es keine Bilder, da es in Strömen geregnet hat und wir ohnehin nass bis auf die Knochen waren.

Bild: 116mm – 1/500 – F4 – ISO 100

Da hat auch jede unserer Regenjacken einfach aufgegeben. Die Kamera wäre ganz sicher einfach abgesoffen. Zum Glück wurde das Wetter in der zweiten Tageshälfte besser. Nach der Brücke ging es noch ein Stück weiter durch sumpfiges Gelände, bis es endlich wieder bergauf ging. Endlich wieder Steine und keine dichten Pflanzen, die das Vorankommen erschweren. Weit oben auf der Ebene lag unser Schlafplatz für die Nacht. Und zwar nicht nur für eine Nacht. Hier würden wir einen ganzen Tag Rast machen. Einige machten einen Tagesausflug auf einen kleinen Gipfel. Ich wollte einfach mal an einem Ort verweilen. Alles verarbeiten, was wir bisher erlebt hatten, alles aufschreiben und einfach nur in die Landschaft schauen.

Bild: 24mm – 6 – F2,8 – ISO 500

Unvergessliche Momente

Der Regen hatte auch das Interesse an uns verloren. Es war tagsüber sonnig und die Nacht klar. Perfekte Bedingungen, um Bilder von Nordlichtern zu machen. Ich stellte mir den ersten Wecker auf 01:30 nachts. Ganz gespannt strecke ich meinen Kopf aus dem Zelt. Der Himmel war völlig klar und übersät mit Sternen. Und die Nordlichter tanzten über den Himmel. Diesmal mit Stativ bewaffnet, schlich ich um die Zelte und machte Fotos. Für Nordlichter starte ich in der Regel mit einer Belichtungszeit von 5 bis 6 Sekunden. Je nach Intensität und wie stark sie sich bewegen, muss man das dann natürlich anpassen. Ich genoss die Show auch noch ein wenig ohne Kamera, bevor ich wieder in meinen warmen Schlafsack kroch. Grade so als ich am Wegdösen war, schoss mir ein Gedanke durch den Kopf. „Du hättest das Zelt beleuchten sollen.“ Ich nahm die Kamera in die Hand. Die Bilder waren super. Gestochen scharf. Aber es fehlte irgendwie ein Bezugspunkt. Etwas, was einem das Gefühl gibt, dort zu sein. Es fehlte das beleuchtete Zelt, das ich in der Aufregung vergessen hatte. Also rollte ich mich ein zweites Mal aus dem Bett und machte das Foto erneut. Jetzt konnte ich ruhig schlafen. Zumindest ein paar Stunden bevor sich der Wecker zu Sonnenaufgang erneut meldete.

Als ich zu Sonnenaufgang erneut aus meinem Zelt kroch, fiel mir erst auf, dass es das erste Mal war, dass es morgens nicht bewölkt war. Die Tage zuvor hätte es nicht viel Sinn gemacht, so früh schon aufzustehen, um Fotos zu machen. Doch heute war die Morgenstimmung wirklich atemberaubend. Ich schlich erst wieder ein wenig um die Zelte, um die Lichtstimmung im Camp zu fotografieren. Dann lief ich ein Stück weg von unseren Zelten, um einen besseren Blick ins Tal zu bekommen. Die sumpfige Landschaft war komplett in goldenes Licht getaucht und die verstreuten Seen glitzerten im Morgenlicht. Eine Herde Rentiere war auch unterwegs. Da ich nur still auf einem Stein saß, bemerkten sie mich lange nicht. Es war ganz still. Kein Wind, keine Vögel, wirklich nichts. Nur die in Gold getauchte Landschaft, die Rentiere und ich.

Bild: 45mm – 1/400 – F4 – ISO 100

Wieder zurück am Camp wurde schon Frühstück gemacht. Danach machten wir uns an den Abstieg. Wir würden wieder auf unseren allerersten Schlafplatz treffen. Der nach der tiefen Flussquerung am Tag 1. Ich hatte das Gefühl, als jemand anders zurückzukommen. Als hätte ich auf der anderen Seite der Berge ein ganz anderes Ich gefunden. Ein stärkeres und gefestigtes. Es war fast ein bisschen komisch, nach der Wildnis der letzten Tage wieder auf einen Weg zu treffen. Bei einer kurzen Pause gab es noch ein bisschen Kartenkunde, um zu verstehen, wie man eigentlich mit Karte und Kompass navigiert und wie schwierig das eigentlich ist. Unsere letzte Nacht im Zelt verbrachten wir etwas abseits des Weges. Wir schafften es sogar ein Feuer zu machen und tauschen Geschichten über das erlebte aus.

Zurück zur Zivilisation

Und dann ging es auch schon die letzten Kilometer zurück nach Kvikkjokk, wo wir eine letzte Nacht in der Fjällstation verbringen würden. Die Wege, die anfangs Bäche waren, konnte man wieder ohne Probleme begehen und wir kamen gut voran. Die Berge des Sarek zeigten sich noch ein letztes Mal, bevor sie in den Wolken und wir im Wald verschwanden. Nach einigen Stunden erreichten wir den Kungsleden und bald darauf dann auch die Station.

Und dann war die Expedition vorbei. Einfach so. Ganz plötzlich. Fast schon so, als wäre man einfach von einer Tageswanderung zurück. Wir alle konnten es noch gar nicht so richtig fassen. Es wird noch einige Zeit brauchen, bis wir so richtig verstehen, was wir alles erlebt haben und wie uns die Wildnis beeinflusst hat. Für mich war es eine unglaubliche Erfahrung. Vor allem auch mental. Die Höhen und Tiefen, die einen begleiten. Und das Wissen, das man immer weiter macht. Ganz egal, wie schwer es gerade ist. Auch aus fotografischer Sicht war es für mich sehr spannend. Normalerweise bin ich der, der den Plan hat, der weiß, wo es lang geht. Hier hatte ich absolut keine Ahnung und musste trotzdem versuchen vorherzusehen, was als Nächstes passiert. Wer wird, wo sein, welche Situation wird entstehen, wo ist das schönste Licht? Gleichzeitig war ich wie alle anderen mit dem Gelände beschäftigt und wollte natürlich die Gruppe auch nicht aufhalten. Die beiden Objektive waren die perfekte Mischung, um für jede Situation gut gerüstet zu sein. Sowohl das 24-70mm F2,8 DG DN II als auch das 70-200mm F2,8 DG DN OS haben in allen Wettersituationen wunderbar funktioniert. Rückblickend würde ich daran nichts verändern.

Verwendete Objektive:

Der Autor

 
Sebastian Mittermeier
Freelance Fotograf

Sebastian Mittermeier ist ein Freelance Fotograf aus Süddeutschland mit einer Leidenschaft für Natur, Sport und Reisen. Das spiegelt sich auch in seiner Arbeit wieder. Mit seiner Fotografie möchte Menschen dazu inspirieren, sich selbst ins Abenteuer zu stürzen. Egal, ob vor der eigenen Haustür oder in einem fremden Land. 

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