Tele-Festbrennweite ohne Kompromisse

„Muss ich auch ein Teleobjektiv mitnehmen?“, kaum einen Satz höre ich als Fototrainer auf Reisen im alpinen Gelände öfter. Als Fan des kleinen Bildwinkels ist meine Antwort zumeist ein klares „Ja“, ergänzt von einem „wenn du es denn packst“. Natürlich kann das Gewicht und das Volumen eines Teleobjektives schnell die körperlichen Voraussetzungen als auch den Fotorucksack an seine Belastungsgrenze bringen und damit ist dann auch Niemandem geholfen. Wenn deswegen das „große“ Tele zuhause bleibt und stattdessen ein kleineres, lichtschwaches, langsameres „Reise-Tele“ den Weg zum Motiv auf sich nimmt, ist man spätestens daheim am PC bei der Bildauswertung reumütig. Das neue SIGMA 500mm F5,6 DG DN OS | Sports will hier Abhilfe schaffen. Bei winterlichen Ausflügen zu den Alpengämsen und rund um die Feuchtbiotope meiner Heimat möchte ich herausfinden, ob es sich hier wirklich um ein kompromissloses Super-Tele im kompakten und mit knapp 1,4 kg sehr leichten Gehäuse handelt und ob es alle professionellen Anforderungen erfüllt.

Die Einordnung des 500mm in die Sports-Serie zeigt, wo die Stärken des Objektivs liegen. Es geht um die flüchtigen, oft unplanbaren Momente, bei denen die Kamera immer parat und nicht im Rucksack verstaut sein muss.

Egal ob Wildlife oder Sportveranstaltungen, diese Motive und Situationen warten nicht, bis wir einsatzbereit sind und mit großen und schweren Supertele-Festbrennweiten sind wir zumeist schwerfällig unterwegs. Die schweren Kombinationen den ganzen Tag am langen Arm mit sich zu transportieren, erfordert Training und Leidensfähigkeit und das zumeist notwendige Stativ macht die Sache nicht besser.

Ich mag bei meiner Fotografie keine Kompromisse, insbesondere was die Bildqualität und auch nicht, was die Einsatzmöglichkeiten angeht und so schleppe ich dann meist doch auch die ganz großen Optiken aufopferungsvoll für meine Motive mit mir rum.

Geht das nicht auch einfacher? Leichter? Wirklich schlechte Objektive gibt es heute eigentlich nicht mehr, aber es geht auch immer noch besser, schneller, präziser, vor allem, was das Handling unter herausfordernden Bedingungen angeht. Dabei ist die hohe Witterungsbeständigkeit durch einen kompletten Staub- und Spritzwasserschutz des 500mm nur ein Faktor, auch die ergonomische Platzierung aller Bedienelemente macht den Einsatz intuitiv, schnell und dank programmierbarer Funktionstasten an jede Situation anpassbar.

Eine lange Eingewöhnungszeit und das Suchen nach „was war wo“ entfällt genauso wie etwa ein Umgreifen oder die Neupositionierung der Hand, um bestimmte Tasten, Schalter oder Blendensteuerungs- und Fokusring zu bedienen. Alles ist dort, wo es hin soll an diesem kompakten Objektivgehäuse und vor allem dort zu finden, wo ich es intuitiv erwarte.

Von Gämsen und Bergziegen:

Winterliche Temperaturen und tiefhängender Nebel haben meine geplante Anfahrt ins Gamsrevier früh vereitelt. Alles – von der Straße über die Felsen und Wiesen bis zu den Wanderwegen – ist mit einer zentimeterdicken Eisschicht überzogen.

Es stehen zur blauen Stunde, weit vor Sonnenaufgang, also mehr Höhenmeter zu Fuß an, als mir lieb sind. Da die Sichtweite durch den Nebel schlecht ist und die erste Gamsbegegnung deswegen vermutlich eher spontan als geplant stattfindet, nehme ich das 500mm an meiner Sony Alpha 7IV direkt in die Hand und mache mich an den Aufstieg.

Abwechselnd trage ich die Kamera-Objektiv-Kombination wahlweise an der Stativschelle oder direkt am Griff der Kamera. Die knapp 1,4 kg Objektivgewicht kann ich dem Bajonett problemlos zumuten.

Die Stativschelle ist werksseitig recht kurz und erlaubt mir diese zwar sehr sicher, allerdings nur mit zwei Fingern zu umschließen und auch der Platz zwischen Objektiv und dieser Griffmöglichkeit ist recht knapp bemessen, vor allem wenn man sie mit größeren Händen oder Handschuhen nutzen möchte. Ein Upgrade zu den optional erhältlichen größeren und längeren Stativfüssen TS-121 oder TS-101 würde in meinem Fall sicher Sinn machen.

Auch nach einigen hundert Höhenmetern habe ich zumindest was den Arm angeht, noch keine Ermüdungserscheinungen und fühle mich für alles gerüstet. Doch von Gämsen keine Spur.

Erst als die Sonne sich langsam ihren Weg durch die dichten Nebelschwaden gebahnt hat, entdecke ich eine kleine Herde vor mir in einer windgeschützten Bergflanke wie sie das Eis von den Gräsern lutschen.

Ich persönlich mag es, in solchen Momenten mit Festbrennweiten zu arbeiten, den perfekten Standpunkt und Perspektive zu suchen, anstatt mir die Welt so zurecht zu zoomen, wie sie mir gefällt. Zumal ein Tele-Zoomobjektiv, das diesen Brennweitenbereich bei annähernd gleicher Lichtstärke abdeckt, gut 50% Mehrgewicht bedeutet (z. B. das SIGMA 150-600mm F5-6,3 DG DN OS | Sports mit 2,1 kg).

Weniger Flexibilität, was die Wahl des Bildausschnitts angeht, zwingt mich dazu, kreativer zu werden und meine Entscheidungen bewusster zu treffen. Hierbei fällt mir das geringe Systemgewicht besonders positiv auf.

Auch schwierige, bodennahe Perspektiven und das Arbeiten mit Unschärfe im Vordergrund klappen spielerisch und die Freude am Experimentieren mit den Perspektiven steigt. Gerade wenn es um Unschärfekreise und die perfekte Positionierung dieser Lichtreflexe auf den Eiskristallen geht, kommt es auf eine zentimetergenaue Platzierung des Objektives an.

Durch die geringen Abmessungen und den perfekt ausbalancierten Schwerpunkt über der Stativschelle kann ich mit dem 500mm F5,6 DG DN OS insbesondere an steilen Hängen und in beengten Situationen auch Positionen einnehmen, die mit einem großen, schweren Teleobjektiv kaum möglich oder nicht allzu lange zu halten wären.

Bild: 1/1.250 – F5,6 – ISO 800

Die Gämsen lassen es gemütlich angehen, immer wieder muss ich meine Kameraposition lange (aus)halten, bis sich der Kopf mal aus der Vegetation erhebt. Für Autofokus alles kein Problem und ein Druck auf die Anzeigetaste der Kamera verrät mir, dass die Schärfe absolut überragend ist und hier keinerlei Abstriche gegenüber den großen, schweren Super-Tele gemacht wurden, um dieses niedrige Gewicht zu erreichen.

Tierportraits und Actionshots:

Neben der Autofokuspräzision bei schnellen Motiven, wollte ich auch herausfinden, wie gut das SIGMA 500mm F5.6 DG DN OS | Sports mit seinen elf Blendenlamellen den Hintergrund auflöst, wenn ich keine so offenen Landschaften wie bei den Alpengämsen habe. Ein Motiv, das sich geduldig herumkommandieren lässt, hilft bei solchen Tests ungemein, also schnappte ich mir meine Border Collie Hündin und ab gings in den Wald.

Auch wenn sie weniger begeistert dreinschaut, bin ich beim Blick durch den Sucher sehr angetan vom Bildlook. Sowohl der Hintergrund als auch der Vordergrund werden bei Offenblende sehr weich und harmonisch abgebildet. Brennweite stellt einfach sehr gut frei, da brauchts nicht immer extrem viel Lichtstärke.

Lieber als geduldig Stillsitzen, gefällt meiner Hündin das hemmungslose Flitzen. Der sehr schnelle Autofokus hat keine großen Schwierigkeiten dem Motiv zu folgen, auch wenn hier das volle Potential des neuen HLA-Antriebes des SIGMA 500mm F5.6 DG DN OS | Sports sicher durch die vergleichsweise langsame Serienbildgeschwindigkeit der Sony Alpha 7IV nicht ausgereizt wurde.

Detailschärfe und Nahbereich:

Bei formatfüllenden Tierportraits geht bei mir nichts über ein harmonisches Verhältnis von präziser Detailschärfe in der Fokusebene hin zum weich aufgelösten Hinter- und ggf. Vordergrund. Auch wenn die Naheinstellgrenze von 3,2m keine Makrofähigkeiten verspricht, erlaubt sie doch einen Abbildungsmaßstab von 1:6, der absolut ausreichend ist, um z. B. Details von Stockenten formatfüllend abzubilden.

Die Limitierung des Fokusbereichs per dreistufigem Wahlschalter (Full, 10m-unendlich, 3,2-10m) kann hierbei sehr hilfreich sein. Noch größere Maßstäbe (oder größere Distanzen) lassen sich durch Telekonverter realisieren. Tele-Festbrennweiten sind ohnehin für den Einsatz mit Telekonvertern prädestiniert und die Abbildungsleistung fällt hier deutlich weniger und oft kaum spürbar ab, was im Gegenteil bei Tele-Zoomobjektiven mit Telekonvertern eigentlich immer der Fall ist. Obwohl beim SIGMA 500mm F5.6 DG DN OS | Sports eine ganze Blendenstufe weniger Licht zur Verfügung steht als bei klassischen 500mm f4.0 Tele-Festbrennweiten, ist die Weichzeichnung des Hintergrundes vermutlich auch wegen der elf Blendenlamellen exzellent. Auch bei Offenblende ist die Schärfe bis an den Bildrand perfekt und außer bei sehr nahem Motivabstand oder bewussten Langzeiteffekten wie z.B. bei Mitziehern, gibt es keinerlei Grund, das SIGMA 500mm F5.6 DG DN OS | Sports abzublenden.

Bild: 1/1.600 – F5,6 – ISO 1.600

Eine bessere Bildqualität ist kaum möglich.

Die Lichtstärke lässt sich dank des hervorragenden Bildstabilisators mit OS2-Algorithmus der neuesten Generation bei statischen Motiven super durch eine Verlängerung der Belichtungszeit kompensieren und erst ab ca. 1/5 Sekunde Freihand kam es bei mir neben vereinzelten Treffern auch zu erstem Ausschuss. Bis 1/10 Sekunde war im Grunde jedes Bild noch scharf. Bei der alten Regel: „Belichtungszeit = 1/Brennweite“ kann man hier also getrost zwei Nullen streichen und das Stativ zuhause lassen.

Aus Gewichtsgründen braucht man es beim neuen SIGMA 500mm F5.6 DG DN OS | Sports ohnehin nicht und durch das für diese Objektivklasse sehr geringe Volumen und Packmaß, sollte es in fast jedem Fotorucksack seinen Platz finden und die Frage „Muss ich auch ein Teleobjektiv mitnehmen?“ sollte sich ab jetzt erübrigen – ganz ohne Kompromisse.

Verwendete Objektive:

Der Autor

 
Daniel Spohn
Naturfotograf

Daniel Spohn, Jahrgang 1981, ist als Fotograf und Biologe weltweit auf der Suche nach einzigartigen und spannenden Geschichten.

Portfolio | Instagram | Facebook: Daniel Spohn & Natur im Fokus  | Webseiten: www.naturimfokus.com & www.danielspohn.de

Alle Bilder dieses Beitrags in der Übersicht