Kreative Portraits: Storytelling an einer spannenden Location © Sascha Perlinger

Kreative Portraits: Storytelling an einer spannenden Location

Als Porträtfotograf bin ich immer auf der Suche nach neuen Ideen und spannenden Projekten, um mein Portfolio zu erweitern. Ich liebe es, fiktive Geschichten zu erzählen. Dafür reise ich häufig zu außergewöhnlichen Locations im In- und Ausland. Diese Geschichten sind oft inspiriert durch Filme, Musik und Kunst. Trotzdem versuche ich stets meine eigenen Fantasiewelten zu erschaffen – so auch im Projekt mit dem Namen „Codex Blyx“, dass ich im Mai diesen Jahres zusammen mit dem Model Lilly Jeffers umgesetzt habe.

1. Planungsphase

Der gemeinsame kreative Prozess mit Lilly dauerte mehrere Monate. Wir wollten eine Art Superhelden-Geschichte im Stile von „Wonder Woman“ erzählen. 

Outfit

Bei der wochenlangen Suche nach einem geeigneten Outfit setzten wir sogar die Bild-KI Midjourney ein, die tatsächlich inspirierende Vorschläge lieferte.

Tipp:

Für Inspirationen verlasst gerne mal Eure gewohnte „Foto-Bubble“ bei Instagram & Co; Pinterest ist z. B. für kreative Projekte eine der führenden Plattformen, um Inspirationen zu sammeln. Weitere Inspirationsquellen können Musikvideos und Filme sein. Bild-KIs wie Midjourney eröffnen ganz neue Möglichkeiten auf diesem Gebiet.

Letztendlich entschieden wir uns für ein hautenges „Cyber-Ägyptinnen“-Outfit, das durch den hochqualitativen Aufdruck wie eine echte Chromrüstung aussieht.

24mm – 1/200 – F2,8 – ISO 100

Location

Die Suche nach einer geeigneten Location gestaltete sich etwas schwieriger. 

Für diverse Fotoprojekte bin ich bereits an exotische Orte außerhalb Deutschlands gereist. Jedoch sollten bei diesem gemeinsamen Projekt die Kosten und der Gesamtaufwand im Rahmen bleiben. Mal eben nach Ägypten reisen war also nicht drin.

Nach langer Recherche wurden wir schließlich im Harz fündig. Vier Autostunden von uns entfernt liegen die Klusfelsen bei Halberstadt. Inmitten eines Waldes ragen monolithisch wirkende Sandsteinfelsen empor. In ihrem Inneren findet man ein komplexes System an Felsenräumen vor. Die surreal anmutenden Säulen dieser Felsräume sind mit Inschriften verziert, die auf den ersten Blick wie Hieroglyphen wirken – ein Volltreffer!

Da wir diesen Ort bisher noch nie auf Fotos gesehen hatten und dieser wie von einem anderen Planeten zu sein schien, wollten wir die lange Autofahrt unbedingt in Kauf nehmen.

Netterweise begleitete uns Lillys Ehemann Danny auf unserem Trip, um uns während des Shootings zu assistieren.

35mm – 1/250 – F1,4 – ISO 50

Tipp:

Bevor Du eine derart weite Fahrt auf Dich nimmst, solltest Du die aktuellen Gegebenheiten der Location checken:

  • Gibt es Beschränkungen oder Baustellen? 
  • Darfst Du an der Location überhaupt fotografieren?
  • Benötigst Du eine Genehmigung für die Aufnahmen oder gar für die Veröffentlichung von Fotos?

Auch unmittelbar vor der Reise sollte man das noch mal checken. Hilfreich ist auch, bei Instagram nach aktuellen Beiträgen zu suchen, die an der Location aufgenommen wurden – z. B. über einen Hashtag oder über die Ortssuche.

Accessoires

Für jedes Shooting suche ich nach geeigneten Accessoires, die in das Storytelling eingebunden werden können. Natürlich sollten diese zum Thema passen. Bei einem Kriegerinnen-Thema können das z. B. Pfeil und Bogen sein, in der Geschichte eines Abenteurers ein Kompass oder eine Landkarte.

Für unserere Cyber-Ägyptin war dies nicht ganz einfach. Das Outfit selbst ist bereits sehr detailreich. Zu viele Details können den Betrachter leicht überfordern.

Wir haben daher auf Schmuck, Ohrringe und auch auf ein allzu ausgefallenes Makeup verzichtet. Für ein Foto mit einer königlich anmutenden Pose wollten wir jedoch eine goldene Krone ausprobieren, die das Model extra zum Shooting mitgebracht hatte.

Ich nahm zudem zwei gebrochene Spiegelstücke in Dreiecksform mit. Bei tiefstehender Sonne wollte ich damit eine Reflektion in Richtung Kamera erzeugen, während das Model sie in den Händen hält; das sollte den angestrebten Cyber-Look unterstreichen.

2. Fotografische Umsetzung

Objektive

Da ich möglichst viel von der Umgebung in die Geschichte einbeziehen wollte, entschied ich mich für das 24-70mm F2,8 sowie das 35mm F1,4 Art, mit denen ich sehr weitwinklig fotografieren kann. Die Festbrennweite ist bei meinen Fotoshootings in Sachen Storytelling meist meine erste Wahl – nicht zuletzt wegen der Offenblende von F1,4.

Im Vorfeld konnte ich auf Fotos erkennen, dass die Höhlen recht klein sind. Daher wollte ich diese vornehmlich auf 24mm fotografieren, um sie größer und bedrohlicher wirken zu lassen.

Tipp:

Versuche so wenig Ausrüstung wie möglich mitzunehmen. Insbesondere bei einer Location wie dieser, die viel unwegsames Gelände hat und felsig ist. Mache Dir vorher Gedanken, welche Brennweiten Du als sinnvoll erachtest und beschränke Dich im Idealfall auf 1-2 Objektive.

24mm – 1/400 – F2,8 – ISO 250

Das Shooting

Ich habe vor einem Shooting nie „das“ fertige Bild vor Augen.

Ich lasse mich immer von den Gegebenheiten und der Situation vor Ort inspirieren. Ich sehe es als eine Art spannende Expedition, die Ideen kommen dann von selbst. Auf diese Weise verschaffe ich mir vor allem eine Unabhängigkeit von der Wettersituation, auf die ich nun mal keinen Einfluss habe – und ich kann situativ auf sich ergebende Lichtsituationen reagieren.

Bevor ich das erste Foto mache, erkunde ich erst mal die Umgebung – mit meiner Kamera. Über den Live View Monitor schaue ich dabei bereits nach geeigneten Kompositionen.

Tipp:

Nutze die Wartezeit vor einem Shooting, um Dich mit der Location vertraut zu machen. 

Verharre während eines Shootings nicht allzu lange in einer Position, sondern bewege Dich und probiere möglichst viele verschiedene Perspektiven aus. Eine Festbrennweite eignet sich hierfür ideal – damit bist Du gezwungen, Dich zu bewegen.

Hilfsmittel

Ich verwende häufig diverse Arten von „Störern“, die ich vor das Objektiv halte, sowie Objektivfilter zum Aufschrauben.

Für dieses Projekt entschied ich mich zum einen für einen Black Pro Mist Filter mit ¼ Stärke. Spitzlichter verlieren damit ihre definierte Schärfe und bekommen einen verträumten Schein. Der Vorteil dieses Filters ist, dass durch die schwarzen Partikel in der Beschichtung das Bild dennoch knackig scharf bleibt. Dunkle und kontrastreiche Bereiche im Bild behalten ihren Charakter. Mit Hilfe dieses Filters bekommt die Reflektion der Sonne auf den Spiegeln einen glühenden Schein. Zum anderen verwendete ich ein handelsübliches Prisma. Die Sonne stand sehr tief, bei meiner Bildkomposition befand sie sich jedoch außerhalb des Bildausschnitts. Mit Hilfe des Prismas vor dem Objektiv konnte ich die Sonne zusammen mit einem interessanten Lichtreflex kunstvoll in das Bild holen. Hierfür braucht es jedoch etwas Übung.

3. Projektabschluss

Wir wollten unserem Projekt einen eigenen Namen geben, der den großen Aufwand gerecht werden würde. Wir entschieden uns für „Codex Blyx“ – Blyx steht für unseren fiktiven Charakter, der göttlich anmutenden Ägyptin. „Codex“ soll die futuristische Note unterstreichen, die wir der Figur durch das Cyber-Outfit gegeben haben.

Verwendete Objektive:

 
Sascha Perlinger
Gastbeitrag

Mein Name ist Sascha Perlinger, IT-Architekt aus Troisdorf. Seit 2018 gehe ich meiner großen Leidenschaft Fotografie nach. Zunächst konzentrierte ich mich auf Landschafts- und Wildlife-Fotografie. Seit 2020 lege ich den Fokus auf cinematische Porträts und Storytelling.

Homepage | Instagram

Model: Lilly Jeffers

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