Von der Weite Patagoniens
Von Leipzig nach Chile – vom Alltag ans andere Ende der Welt. Nach Monaten der Planung, dem spontanen Kauf noch einer weiteren Wanderhose kurz vor Abflug und zwei verschiedenen Strategien, die Koffer möglichst effizient zu packen, hielten wir dann endlich die Bordkarten in den Händen: Frankfurt am Main – Punta Arenas. Am Gate wartend, war Südamerika für uns noch so weit entfernt, doch für die meisten von uns noch nie so nah.
Der blaue Punkt am anderen Ende der Welt
Weite. Das ist das erste Wort, an das ich denke, wenn ich Patagonien höre. Extreme Weite – oder vielleicht doch weite Extreme? Ganz egal, wie genau man diese ungreifbaren Landschaften beschreiben möchte – bereits auf Fotos lässt sich erahnen, welches Ausmaß die Seen, Gletscher und Bergmassive in Patagonien haben. Doch ihr kennt das Gefühl – wir wollten es nicht nur erahnen, sondern selbst erleben und in unserem eigenen Stil fotografieren und filmen. In den kommenden Zeilen möchte ich euch diese Region Südamerikas vorstellen, Erfahrungen und Tipps zum fotografischen Festhalten mitgeben und euch unsere dreiwöchige Reise näherbringen – ¡vamos!
17 Stunden in der Luft und ein paar tausend Kilometer später, stehen wir wieder auf festem Boden in Punta Arenas im südlichen Teil von Chile, dem Ausgangspunkt unserer Reise. Von hier sind es rund drei Stunden Autofahrt zum berühmten Torres del Paine-Nationalpark. Noch können wir nicht so recht begreifen, den kleinen blauen Standort-Punkt in der Karten-App in Südamerika zu sehen.
Gepäck vom Band genommen, frische Klamotten angezogen und den Mietwagen geholt – mit der ersten Hürde: Wer in Chile einen Mietwagen anmietet und damit nach Argentinien einreisen möchte, muss mindestens sieben Tage vor Abholung des Wagens eine Genehmigung anfordern. Nun ja, was wären zwei Monate detaillierte Planung, wenn dabei nicht die kleinen Dinge übersehen werden?
Mit etwas Geduld und dem notwendigen internationalen Führerschein, ging dennoch alles zu lösen. Und so begann unsere Reise durch den Süden Chiles und Argentiniens.
Die Hörner von Chile
Patagonien umfasst ein Gebiet kaum vorstellbaren Ausmaßes und zieht sich im westlichen Teil elegant als Hochgebirge an der Pazifikküste entlang. Und so ist es üblich, dass die Reiseroute vom Süden in Punta Arenas in den Norden nach El Chaltén führt – oder umgekehrt. Doch unterschätzen sollte man die Distanzen nicht. So kommt es schnell mal vor, dass die nächste Ansage der Karten-App „In 230km links abbiegen.“ lautet.
Voller Vorfreude auf das, was auf uns wartet, sehen wir nach ein paar Stunden Autofahrt am Horizont bereits die gigantischen Berge des Torres del Paine-Nationalparks. Gänsehaut!
17mm – 1/1000 – F4 – ISO 200
Im Nationalpark angekommen, begeben wir uns auf eine kleine Scouting-Tour, um Orte für die folgenden Sonnenauf- und Untergänge festzulegen. Hier kommt bereits mein kompakter Reisebegleiter ins Spiel: das 17mm F4 DG DN | Contemporary. Wie sich noch oft herausstellen wird, ist man an den weltbekannten Spots nah am Geschehen dran – und da sind 24mm oder höhere Brennweiten bereits zu tief, um die gesamte Szenerie abzubilden sowie etwas Spielraum zu haben, um das finale Bild u.a. für Instagram auf das Format 4:5 zuschneiden zu können.
2:53 Uhr – und die Wanderung beginnt
Die Wetterbedingungen für den nächsten Morgen sehen überraschend gut aus für einen Sonnenaufgang. Zwar hören wir aus verschiedenen Quellen, dass die Vorhersagen nicht immer sicher sind, aber wir verlassen uns auf die 30 Minuten, in welchen ein klares Fenster am Himmel hervorgesagt wird. Dies bestätigen uns auch verschiedene Locals und Guides, die wir in unserer Unterkunft fragen – diese kennen das schnellwechselnde Wetter ziemlich gut und können sagen, wann der richtige Morgen für eine lange Wanderung ist.
Ziel für den Sonnenaufgang ist der Mirador Base de las Torres. Der Weg dahin? 10km Länge und 800 Höhenmeter mit Stirnlampe durch die Nacht. Oben angekommen, liegt uns ein unfassbar schöner Ort mit den bekannten Torres-Bergen zu Füßen. Und tatsächlich beginnen die Berge plötzlich rot zu glühen, die Wolken bilden pünktlich zum Sonnenaufgang ein kleines Fenster am Horizont. So oft hat man dieses Motiv auf Bildern gesehen und so weit sind wir dafür gereist – und jetzt steht man wirklich bei perfekten Wetterbedingungen davor. Das war überwältigend.
17mm – 1/400 – F4 – ISO 640
Eis auf 17 Millimeter
Unsere weitere Reise verschlägt uns am gleichen Tag in den argentinischen Teil Patagoniens, wo wir drei Tage in der Stadt El Calafate verbringen – von hier gelangt man zum weltbekannten Perito Moreno-Gletscher. Dieser gilt als einer der Highlights in Patagonien und ist unter Fotograf:innen sehr beliebt – zurecht. Mit rund 254km2 Fläche und 30km Länge ist der Gletscher ein Ort mit einer ganz eigenen Dynamik – das Auge findet vor lauter Gletschereis keine Relationspunkte und so kann man diese fast endlose Weite gar nicht genau wahrnehmen. Auch hier kommt das 17mm F4 zur Anwendung, um ein Panorama der gesamten Gletscherfront in einem Bild aufzunehmen. Und ganz nebenbei – die maximale Offenblende von F4 ist mir beim alltäglichen Fotografieren während der Reise nicht negativ aufgefallen. Hier kann ich getrost „die Angst nehmen“ – zwar ist man in der Objektivwelt mit Zahlen von 1,4 bis 2,8 verwöhnt, doch erfüllt dieses Objektiv einen anderen Anwendungszweck. Es geht um das Einfangen von Weite. Um Motive, die schlicht ohne ein Bokeh beeindruckend sind. Hier ist die kompakte Größe des Objektivs ein großer Pluspunkt, den ich im Weitwinkelbereich gern einer größeren Offenblende vorziehe.
Am Fuße des Fitz Roy
Als letzte Etappe unserer Reise stand die Stadt El Chaltén bevor, wo wir neun Tage verbracht haben. Bereits die bekannte Straße in die Stadt hinein fühlt sich an wie ein Tor in ein Paradies für Outdoorbegeisterte. Die Kleinstadt könnte idyllischer nicht liegen: hinter ihr befinden sich der bekannte Berg Fitz Roy sowie der Cerro Torre, zu welchen man ganz einfach aus der Stadt loswandern kann. Letzterer gilt als einer der schwierigsten Berge unter Bergsteigern und Bergsteigerinnen – nur um sich auf der Spitze des Berges durch die Schneekuppe zum Gipfelkreuz zu graben, dauert es oftmals circa acht Stunden. Allein durch die steile Form des Berges hätte ich bereits Bauchschmerzen, wenn eine Gipfelwanderung bevorstünde.
Schnell bemerkten wir – in dieser Gegend sind die Besten der Besten zu Besuch. Als uns ein Guide bei einer Gletscherwanderung erzählte, dass er regelmäßig mit den bekannten Kletterern aus den verschiedensten Netflix-Dokumentationen einen Mate-Tee trinkt, wussten wir, dass wir hier richtig sind. Die Leute in der Stadt kommen aus aller Welt, um die wilde Natur, die Abgeschiedenheit und die Rauheit Patagoniens zu genießen – und haben jederzeit den nötigen Respekt vor den Bergen. Denn auch wenn El Chaltén ein Paradies für Outdoorbegeisterte ist – einen Rettungshubschrauber gibt es nicht.
Unsere Reise nach Patagonien neigt sich hier dem Ende zu. Es war eine wahnsinnig beeindruckende Erfahrung, diese Vielfalt der Natur mit genügend Zeit, dem notwendigen Respekt und dem Wetter auf unserer Seite fotografisch und videografisch einfangen zu können. Die Weite Patagoniens habe ich mit Staunen zurückgelassen und bin sehr dankbar für all die Erfahrungen der vergangenen drei Wochen.
¡Gracias, Patagonia!
Verwendete Objektive:
Der Autor
Anton ist als selbstständiger Foto- und Videograf tätig und lebt in Leipzig. Zwar bewegt er sich heute beruflich zu einem Großteil im Commercial-Bereich, wird die Liebe zur Naturfotografie jedoch nie verlieren. Das Festhalten von Momenten, die der Mensch nicht beeinflussen kann, sondern die einfach geschehen – sei es in Wald, Wüste oder Wasser – ist der Grund, weshalb er mit dem Fotografieren begonnen hat.