Part 3 - Tipps zur Farbauswahl © Leonie Hinrichs

Foodfotografie Part 3 – Tipps zur Farbauswahl

Wie du Farben verwenden kannst, um Essen eine Emotion zu geben

Nach dem ich in Part 1 und Part 2 erzählt habe, wie wichtig Komposition und Licht sind, schreibe ich in diesem Beitrag über das Thema Farbe und wie entscheidend sie ist, für unser Foto. 

Um generell ein Grundwissen über Farben aufzubauen, werde ich etwas über die Grundlagen der Farblehre erzählen und darauf basierend, wie wichtig es ist die richtigen Farben bei den Unter-, Hintergründen und Probs (Dekorationsmittel) zu wählen, damit das Essen appetitlich aussieht. Farben können darüber entscheiden, wie sich der Betrachter des Fotos fühlt, welche Emotionen ausgelöst werden und am Ende, wie derjenige das Bild findet. Bei der Foodfotografie kann die Farbe des Tellers darüber entscheiden, ob der Betrachter Appetit auf das abgebildete Essen bekommt oder doch sagt ,uuuuh ne, das möchte ich lieber nicht essen‘. 

Farben könne harmonisch und stimmig wirken aber genauso können Farbkombinationen eine Disbalance auslösen und egal wie gut ihr das Licht gesetzt habt oder wie schön die Bildaufteilung des Fotos ist, die Farben entscheiden darüber, ob es ein ansprechendes Bild ist oder nicht.

Es gibt ein paar Grundregeln, die man bei jedem Foto beachten sollte:

Farben - Wie du Farben verwenden kannst, um Essen eine Emotion zu geben © Leonie Hinrichs

1. Beachten des Farbkreises

Eine der wichtigsten Regeln in der Farblehre, ist der Farbkreis des Kunsttheoretiker Johannes Itten.

Laut diesem Kreis gibt es drei Primärfarben: Rot, Blau, Gelb. Daraus entstehen die drei Sekundärfarben: Orange, Grün und Violet. Den Farbkreis komplett machen sechs weitere Zwischenfarben: Gelborange (Gelb gemischt mit Orange), Rotorange (Rot gemischt mit Orange), Lilarot (Rot gemischt mit Lila), Blaulila (Blau gemischt mit Lila), Grünblau (Blau gemischt mit Grün) und Gelbgrün (Gelb gemischt mit Grün).

Von diesen zwölf Grundfarben gibt es zahlreiche Nuancen – hellere, dunklere, blassere, kräftigere. Dieser Farbkreis hier ist eine 100% gesättigte Abbildung. 

Quelle Bilddatei

Johannes Itten unterscheidet in seiner Farblehre 7 Hauptkontraste:

  • Farbe-an-sich-Kontrast
  • Hell- Dunkel-Kontrast
  • Kalt-Warm-Kontrast
  • Simultan-Kontrast
  • Komplementär-Kontrast
  • Qualitäts-Kontrast
  • Quantitäts-Kontrast.

Da ich primar mit dem Hell-Dunkel,- und Komplementär-Kontrast arbeite, werde ich auf diese beiden am meisten eingehen. Ganz wichtig ist, dass die ganze Wahrnehmung in der Farblehre, individuell ist. Jeder sieht Farben anders, jeder nimmt Kontraste anders wahr. 

Wie entscheide ich, welche Farben ich nutze? 

Farben - Wie du Farben verwenden kannst, um Essen eine Emotion zu geben © Leonie Hinrichs

Egal was du fotografierst, es ist immer wichtig, sich an die Farblehre zu halten denn der Mensch entscheidet zu 90% anhand der Farbe, ob ihm etwas gefällt oder nicht und dass innerhalb von max. 90 Sekunden. In der Foodfotografie nutzt man die Regeln der Farblehre etwas anders als z.B bei Portrait oder Modefotografie. 

Zunächst muss man sich natürlich konzeptionell überlegen, mit welche Farben man arbeiten will. Welche Emotionen will man auslösen und soll das Foto ausgeglichen und ruhig wirken oder soll es bunt und kontrastreich sein. Will ich Kuchen fotografieren, der in einem Café verkauft wird, das clean eingerichtet ist, das auf Nachhaltigkeit steht und nur mit natürlichen Lebensmitteln arbeitet, dann suche ich keinen knallblauen Untergrund aus und stelle darauf einen gelben Teller mit rotem Besteck daneben.

70mm – 1/125s – F4 – ISO 200

Aber wenn der Kunde bunte Gummibärchen herstellt, dann kann ich mir das Gesetzt des Gegensatzes zunutze machen und die Fotos lebhaft und kontrastreich gestalten. 

Wenn ich freie Strecken fotografiere oder freie Hand habe, vom Kunden aus, arbeite ich meistens mit dem Gesetzt des Hell-und-Dunkel-Kontrastes. Wenn ich z.B einen leckeren Brownie fotografieren soll, würde ich anstatt einen dunkelgrünen, einen hellen Beigen Teller wählen. 

Bei einer gelben Suppe würde ich ebenfalls eine Schüssel wählen, die in der warmen Creme / Beige Bereich liegt, denn es wirkt auf den Betrachter harmonisch. Es wirkt ausgeglichen und löst eine gewisse Ruhe und Balance aus.

Generell versuche ich, nicht mehr als 3 Farbenwelten im Bild zu haben. Ich schaue mir erst das Essen an, das ich fotografieren soll und welche Farben es beinhaltet. Danach entscheide ich, je nach Konzept, ob ich gegensätzliche Farben nutzen will, um das Essen deutlich von dem Setting hervorzuheben oder gestalte ich ein harmonisch aufgebautes Set, was nur aus 2 Farbwelten besteht. Ab und zu passiert es auch, dass ich mein Set in zwei Teile aufbaue. Ich betrachte das Essen und den Teller / Platte als einen Teil und der Unter-, Hintergrund so wie Probs als zweiten Teil. 

Farben - Wie du Farben verwenden kannst, um Essen eine Emotion zu geben © Leonie Hinrichs

Wie im Beispielbild links, habe ich den Kuchen mit den roten Erdbeeren, auf eine grüne Platte gestellt. Der Komplementär-Kontrast sorgt dafür, dass der Kuchen sich vom Teller abhebt und sich die beiden Farben gegenseitig unterstützen. Dazu kommt, was ebenfalls sehr entscheidend ist, dass die Farben auch in ähnlicher Intensität und Helligkeit sind. 

Teil zwei meines Sets ist hingegen sehr monochrom aufgebaut. Das Holzbrett, die Tassen und das Tuch, sind alle in der gleichen, beigen Farbwelt und sind ebenfalls, ähnlich hell und entsättigt im Farbton. Zusammen funktionieren beide Kontraste wunderbar. Der Vordergrund hebt sich durch seinen in sich farblichen Kontrast perfekt vom monochromen Hintergrund ab. 

Da ich oft nur mit 2 oder 3 verschiedenen Farben arbeite, versuche ich diese Farben immer wieder im Bild auftauchen zu lassen. Wie im abgebildeten Bild lege ich die grüne Minze unscharf in Hintergrund um ein weiteres Element zu haben. 

Hätte der Kunde in diesem Fall, einen ganz cleanen Look gewünscht, hätte ich z.B das braune Brett im Hintergrund weggelassen oder es durch ein weißes / beiges ausgetauscht. So wäre die Torte im Vordergrund, noch mehr rausgestochen. 

105mm – 1/125 – F4 – ISO 640

Oft mache ich Detailaufnahmen vom Essen und hier funktionieren ebenfalls beide Gesetze der Farblehre. Betrachtet man die beiden nachfolgenden Bilder, harmonieren im linken Bild die orangenen Nüsse super neben den grünen Pistazien. Da Orange und Grün nebeneinander im Farbkreis stehen, haben sie eine sehr starke, spannende, unterstützende Wirkung und lassen beide Komponenten hervorheben. Auf dem rechten Bild erkennt man hingegen, dass das Bild viel ruhiger wirkt, da alle Lebensmittel in der gleichen Farbwelt sind.

Was wir am Ende beim Betrachten des Fotos auslösen wollen ist, das Gefühl dieses Essen genau jetzt essen zu wollen. Daher ist es superwichtig das wir uns die Farblehre zunutze machen, um genau diese Gefühle auszulösen. Neben Licht und Bildkomposition sind die Farben, fast noch mehr entscheidend, da unser Gehirn darauf trainiert ist, gewisse Emotionen bei gewissen Farben zu haben. Natürlich ist alles auch individuell und Geschmacksache aber das Grundgesetz der Farblehre funktioniert bei allen Menschen gleich. 

Farben - Wie du Farben verwenden kannst, um Essen eine Emotion zu geben © Leonie Hinrichs

2. Die Bedeutung der Farben

Genauso sind wir darauf trainiert, das bestimmte Farben, bestimmte Dinge für uns Bedeuten. Wie z.B Gelb, Orange und Rottöne sind für uns die Farben des Sommers und Herbstes wohingegen kalte Blau und Grautöne für uns die Farben des Winters sind.

Auf rechten Bild war das Thema der Backsendung, wofür ich dieses Bild gemacht habe, Herbst und habe daher viel mit Gelb, Orange und Rottönen gearbeitet. Für mich bedeutet der Herbst aber ebenfalls, viele verschiedene Farben, viele Kontraste und leuchtende Farben. 

Daher habe ich die Tortenplatte in blau gewählt um einen schönen Kontrast zum gelb / roten Kuchen zu schaffen. Und da schon sehr knallige Farben allein in diesem Teil des Bildes besteht, habe ich das Tuch z.B im gleichen Gelbton gewählt wie den Kuchen und die Blumen im Hintergrund. Es ist ein sehr lebhaftes, spannendes Bild und verkörpert für mich beim Betrachten wunderbar die Jahreszeit Herbst ohne überladen und zu bunt zu wirken. 

105mm – 1/125 – F3,5 – ISO 250

3. Farbe als Stilmittel nutzen

Natürlich können wir Farben nutzen, um unseren Stil zu unterstützen. Das Ziel eines jeden Fotografen ist es wohl, anhand des Fotos erkannt zu werden, ohne den Namen vorher gelesen zu haben. Wenn Freunde zu mir sagen „Leo, ich habe direkt erkannt, dass das Bild von dir ist“, ist das für mich das größte Kompliment. Seinen eigenen Stil zu finden ist unfassbar wichtig, um die passenden Kunden zu gewinnen.

Farben können wir insofern dafür nutzen, dass wir uns erstmal bewusstwerden, welche der Gesetze der Farblehre uns persönlich am besten zusagen. Mag ich es harmonisch und ruhig und arbeite daher mit dem Komplementärkontrast oder bin ich eher bunt und flippig und will viel lieber mit dem Gesetz des Gegensatzes arbeiten. 

Natürlich bedeutet es nicht, dass man sich ausschließlich für eins entscheiden muss, aber es hilft, seinen Stil zu finden und festigen und es hilft auf jeden Fall dabei, die richtigen Kunden zu finden. Denn, wenn du es bunt und knallig willst, arbeite lieber mit Kunden zusammen deren Produkte im gleichen Stil sind und das gleiche gilt für das Gegenteil. 

Über die Jahre habe ich gelernt, wie ich mir Farben zunutze machen kann und welche Farben wie zusammen funktionieren. Man muss, wie bei allem anderen auch, einfach mal verschiedene Dinge ausprobieren und sich die Erfahrung aneignen. 

Verwendete Objektive:

Die Autorin

 
Leonie Hinrichs
Restaurant- & Food Fotografin

Zwischen klirrenden Gläsern, flackerndem Licht und dem Geruch leckeren Essens wird meine Kreativität am lautesten. Ich liebe es im Getümmel zu sitzen, Leute zu beobachten und mich von Licht und Schatten inspirieren zu lassen. Ich will Momente einfangen, Emotionen übermitteln und die Schönheit jedes Restaurants, jedes Gerichts oder Drinks zeigen.


Für mich ist Essen keine reine Nahrungsaufnahme. Es verbindet Leute, es erzählt Geschichten verschiedener Kulturen und Traditionen. Es ist ein Moment, wo nur das jetzt zählt, die Menschen um dich herum und die Gespräche die man führt.


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