Foodfotografie Part 2 - Tipps zur Lichtsetzung © Leonie Hinrichs

Foodfotografie Part 2 – Tipps zur Lichtsetzung

Nachdem es im Part 1 darum ging, welche Raster für den Bildaufbau bei der Foodfotografie eingesetzt werden können, behandelt dieser Beitrag das Thema Lichtsetzung.

Wie setze ich Essen ins richtige Licht 

Egal was du fotografierst, egal in welcher Branche du arbeitest und auch egal ob du Analog oder Digital fotografierst, Licht ist entscheidend. Licht entscheidet über die Stimmung des Bildes. Licht kann etwas in den Mittelpunkt und gleichzeitig in den Schatten stellen. Licht kann Strukturen hervorheben oder verschwinden lassen. Wir Fotografen könnten ohne Licht nicht arbeiten. 

Foodfotografie Part 2 - Tipps zur Lichtsetzung © Leonie Hinrichs

Ich habe über die letzten Jahre mit verschiedenen Lichtaufbauten gearbeitet. Verschiedene Sachen immer wieder ausprobiert und immer wieder festgestellt, welche extremen Unterschiede es in der Food Fotografie gibt. Als ich angefangen habe Essen zu fotografieren, war der Stil noch recht düster. Das, was ich bei anderen Fotografen gesehen habe, war alles sehr moody. Das Setting war dunkel und man setzte ein gezieltes Licht auf das Essen.

Mittlerweile sind wir bei dem kompletten Gegenteil angekommen. Was man auf Social Media sieht, ist hell und sehr ausgeleuchtet. Ich habe wenige Kunden, die einen dunklen Bildstil wollen, was ich gut finde. Helle Bilder übermitteln Wärme, Zufriedenheit und Freundlichkeit. Außerdem kann man mehr mit dem Licht spielen, schauen, dass Strukturen besser hervortreten und somit auch Farben mehr strahlen lassen. Natürlich sollte man aufpassen, dass man das Bild nicht „zerleuchtet“. 

105mm – 1/1.000s – F4 – ISO 100

Foodfotografie Part 2 - Tipps zur Lichtsetzung © Leonie Hinrichs

Einfach Lampen drauf und los funktioniert auch nicht. Man muss verstehen, welche Lampen welchen Effekt haben.

  • Was passiert, wenn das Licht von vorne, von der Seite oder von hinten kommt.
  • Wie schaffe ich einen schönen Kontrast, lasse die Farben leuchten und hebe die Strukturen des Essens hervor?
  • Wie sieht es aus, wenn ich hartes Licht benutze oder doch eine Softbox?
  • Sieht Tageslicht besser aus oder brauche ich doch Blitze?  

Genau diese Fragen stelle ich mir, wenn ich das Konzept für einen Kunden erarbeite.

An erster Stelle steht natürlich der Wunsch des Kunden. Ich frage immer nach Inspirationsbildern, damit ich besser verstehe, wie der Kunde sich das Resultat vorstellt. Natürlich gibt es mittlerweile Lampen, die Tageslicht sehr gut imitieren, sodass man nicht auf Sonne oder Uhrzeit angewiesen ist.

105mm – 1/125s – F3,2 – ISO 125

Wann benutze ich welches Licht? 

Um herauszufinden, mit welchem Licht ihr am besten arbeitet, was sich am besten eignet und was euren Stil unterstützt, probiert ihr am besten mal diverse Lichtsituation aus. Arbeitet mit Blitzen, mit hartem oder weichem Licht. Probiert es aus, wie Softboxen wirken, in verschiedenen Größen und Formen. Stellt etwas vor die Lampe, was Schatten wirft. Zum Beispiel Blumen, Palmenwedel, Holzbalken die aussehen wie ein Fenster. Probiert alles aus und versteht, wie Licht funktioniert, was Licht bewirkt. 

Tageslicht

Ich arbeite am liebsten mit Tageslicht. Ich kann euch gar nicht genau beschreiben, warum aber für mich ist nichts so ausgeglichen, so vorteilhaft und passend für die Food Fotografie, wie Tageslicht. Es sieht am natürlichsten aus. Es sieht aus, als ob es bei dir zu Hause stehen könnte, was sich für meinen Stil am besten eignet. Ich bin kein Fan von dem perfekt arrangierten Foto. Von dem perfekt dargestellten Essen. Bei mir darf es auch mal überlaufen, krümeln und der Löffel darf gern dreckig bleiben. Die Serviette muss nicht perfekt gefaltet daneben liegen. Ich baue meine Bilder immer, wie eine Szene aus dem echten Leben auf und daher passt Tageslicht nun mal am besten.

Produktfotografie

Bei der Produktfotografie liebe ich es, mit hartem Licht zu arbeiten. Ich arbeite gerne mit harten Schatten und versuche diese mit ins Bild einzubauen. Was bei der Produktfotografie auf jeden Fall nicht fehlen darf, ist ein Akzentlicht von hinten/ seitlich hinten. Um die Kanten und Umrisse des Produktes klar erkennen zu lassen, eignet sich ein Licht von hinten am besten. Es ist dezent, aber kraftvoll. Ebenfalls lasse ich das Hauptlicht immer mehr seitlich von vorne kommen. Nie frontal. Das nimmt, ebenso wie bei Essen, den Kontrast und die Dynamik. Dann stelle ich die Lampe so weit weg, so hoch oder niedrig, bis mir der Schatten am besten gefällt. Und wenn mir das Licht doch zu hart ist, ich aber einen kräftigen Schatten möchte, stecke ich einen Diffusor vor die Lampe oder hänge ein weißes, dünnes Tuch drüber.

Sonnenlicht

Sonnenlicht ist für mich das schwierigste Licht. Es ist nicht kontrollierbar, es ist sehr stark und sehr kontrastreich. Um mit der Sonne zu arbeiten, müsst ihr genau darauf achten, was es mit eurem Essen macht. Passt es zu dem Stil des Bildes? Geht das Essen dadurch verloren, weil viele Strukturen verschwinden? Weil die Schatten zu intensiv sind? Was kann ich als Deko-Elemente nehmen was zu diesem Licht passt? Hohe oder aufeinander gestellte Teller, werfen einen großen Schatten. Dafür sieht es superschön aus, wenn das Licht durch Glas fällt, vor allem wenn der Schatten noch auf dem Bild mit eingebaut wird. 

Wenn ihr nur Tageslicht zur Verfügung habt und die Sonne scheint oder noch anstrengender, es ist mal sonnig mal bewölkt, würde ich euch empfehlen das Fenster mit einem weißen, dünnen Tuch abzuhängen, damit ihr erstens ein softeres Licht habt und zweitens nicht die Blende oder Zeit alle 5sek umstellen müsst. Ansonsten ist dieses Licht das wohl beste für Anfänger. Es ist sehr dankbar und man kann sich langsam herantasten. Vor allem wenn man neu mit der Foodfotografie anfängt. 

Momentan arbeite ich am meisten mit einer Tageslichtlampe. Erstens weil es Winter ist und ich nicht nur von 10-15 Uhr arbeiten möchte/ kann aber auch, weil ich dann ausprobieren kann, wo die Lampe steht, wie groß der Schatten ist, ob ich eine Pflanze oder ein Tuch als Diffusor davorstellen möchte. 

Was wirklich wichtig ist, wenn ihr Essen fotografiert, ist, dass ihr die Konsistenz hervorhebt, dass ihr die Strukturen zeigt. Der Betrachter muss auf dieses Bild schauen und denken- genau das will ich jetzt essen! Es muss eine Emotion auslösen, Gefühle wecken. Wenn ihr eine Frühstücksszene fotografiert, muss man sich denken- genau da will ich jetzt sitzen und meinen Kaffee trinken. 

Es gibt kein Richtig oder Falsch

Ich arbeite seit 3 Jahren wieder als Lichtassistentin für Modeproduktionen und liebe es, so viel über Licht zu lernen. Ich kann so vieles dabei für mich und meine Arbeit mitnehmen. Ich sage nicht, arbeitet alle als Lichtassistenten, denn dann wäre ich arbeitslos, aber ich will damit sagen, dass ihr mit der Zeit immer mehr lernen werdet, immer mehr das Licht versteht. Jeder Fotograf hat eine ganz eigene Herangehensweise, seine eigenen Vorlieben was die Wahl der Lampen angeht. Es gibt kein Richtig oder Falsch oder nur die eine richtige Art, das Licht zu stellen. Alles ist möglich. 

Um euch leichter zu erklären, wie unterschiedlich Licht wirkt, habe ich bei dem gleichen Motiv, das Licht aus verschiedenen Richtungen kommen lassen. Die Unterschiede sind klar zu sehen. Licht von vorne wirkt etwas platt. Es nimmt die Dynamik aus dem Bild. Der Kontrast geht verloren und auch die Farben könnten mehr strahlen. Da wirkt das Licht von der Seite schon besser. Je nachdem wie hoch die Lampe steht, könnt ihr den Schatten vergrößern oder verkleinern. Am besten auch hier einfach ausprobieren, was ihr haben wollt. Ebenfalls macht es einen Unterschied, von welcher Höhe das Licht kommt. Umso seitlicher es kommt, desto mehr Strukturen hebt ihr hervor. Das geschieht ebenfalls wenn ihr das Licht von hinten kommen lasst. Es ist ein sehr eigenes Licht. 

Transparente Lebensmittel wie Flüssigkeiten im Glas oder auch glänzende Dinge, lassen sich mit einem Licht von hinten perfekt hervorheben. Aber das Licht allein, funktioniert nur in den seltensten Fällen da der Schatten so nach vorne fällt und vieles von dem Objekt schluckt.

Mein Lichtaufbau

Ich habe seit einigen Jahren eigentlich immer den gleichen Lichtaufbau. Ich habe ein Hauptlicht oder das Fenster, dass seitlich auf das Essen scheint. Gegenüber steht ein Aufheller. Sei es ein weißes Tuch, ein Reflektor oder irgendein anderer, weißer Gegenstand. Mir reicht eine Hauptlichtquelle vollkommen aus. Wie oben erwähnt, versuche ich die Bilder wie eine Szene aus dem Alltag wirken zu lassen. Somit ist eine Lichtquelle quasi das Fenster bei dir zu Hause. Es wirkt natürlich und schön hell. Der Aufheller auf der gegenüberliegenden Seite sorgt dafür, dass der Schatten nicht all zu hart ist. Es lohnt sich, sich mal einen Tag ins Studio zu stellen und die Lampen herumzustellen und auszuprobieren. Es erspart einem viel Zeit im Nachhinein, wenn es um die Konzepterstellung für Kunden geht, da ihr sofort wisst- aha, das Licht brauche ich, das Equipment muss ich buchen, das Studio / die Fläche brauche ich dafür.

Licht ist dein bester Freund, bei jeder Art von Fotografie also lern es kennen und probiere aus, was er alles kann.

Erwähnte Objektive:

Die Autorin

 
Leonie Hinrichs
Restaurant- & Food Fotografin

Zwischen klirrenden Gläsern, flackerndem Licht und dem Geruch leckeren Essens wird meine Kreativität am lautesten. Ich liebe es im Getümmel zu sitzen, Leute zu beobachten und mich von Licht und Schatten inspirieren zu lassen. Ich will Momente einfangen, Emotionen übermitteln und die Schönheit jedes Restaurants, jedes Gerichts oder Drinks zeigen.


Für mich ist Essen keine reine Nahrungsaufnahme. Es verbindet Leute, es erzählt Geschichten verschiedener Kulturen und Traditionen. Es ist ein Moment, wo nur das jetzt zählt, die Menschen um dich herum und die Gespräche die man führt.


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