Im „Do it Yourself“-Fotostudio © Maike Wittreck

Im „Do it Yourself“-Fotostudio

In meinem Freundeskreis gibt es viele talentierte und begabte Menschen. Die meisten von ihnen fotografieren ganz großartig, andere können dir so gute Gerichte auf den Teller zaubern, da will man sich am liebsten reinlegen, aber Cornelius wird immer jemand sein, von dessen musikalischem Talent ich bis zum Ende meiner Tage schwärmen werde. Was auch daran liegt, dass ich selbst wirklich eine Niete am Klavier bin und mein Gitarrenspiel auch nicht gerade bühnenreif ist.

Cornelius ist Musikproduzent und in der EDM-Welt auch als NØ SIGNE bekannt. Wir hatten letztens erst Fotos in seinem Studio gemacht, als er mich ein paar Tage später fragte, ob ich noch einmal spontan Zeit für ein Fotoshooting hätte. Ziel sollte es sein, seinem NØ SIGNE-Avatar ein echtes Gesicht zu verleihen.

Jetzt hatte ich mir vor kurzem, in einem Moment der Überzeugung, dass ich bestimmt eine prima Studiofotografin wäre, ein Hintergrundsystem und einen grauen Hintergrund für den sehr groß geratenen, etwas düsteren Abstellraum unserer alten Wohnung zugelegt. Ich bin eigentlich eine Fotografin, die mit viel natürlichem Licht arbeitet. Mit zwei kleinen Fenstern gibt es in dem Raum nicht so viel davon. So ein Setting war also neu für mich. Nachdem ich die ersten Selbstportraits erstellt hatte, sank meine Überzeugung auch erst einmal wieder. So ganz ohne Softbox und Studioblitz kann das wohl doch nichts werden, dachte ich mir.

Dementsprechend verhalten war meine Reaktion, als Cornelius mir einen Link zur Pinterest-Pinnwand schickt, auf der er schon ein paar Ideen für das Shooting gesammelt hatte: da waren Fotos mit viel farblichem Licht, viel Schattenspiel… „Ok, ich glaub da müssen wir uns nochmal abstimmen. Da wird ja hauptsächlich mit künstlichem Licht gearbeitet und da fehlt’s mir an Equipment.“

Meinen Sorgen wurde ein „Ach, easy. Ich bring einfach noch ein paar Lampen mit.“ entgegengesetzt. Zumindest einer von uns war überzeugt, dass das schon fein sein würde. In mir machte sich derweil Aufregung breit – so wie das immer ist, wenn ich fotografisches Neuland betrete.

Und so standen wir einen Nachmittag vor der Leinwand. Cornelius hatte zwei Lampen mitgebracht, die wir farblich anpassen konnten und ich hatte unseren Beamer auf ein Regal gesetzt, um Farben und Formen auf die Leinwand projizieren zu können. Schnell stellten wir fest, dass das bisschen Tageslicht, das noch durch die beiden Fenster strömte, immer noch zu hell für den Beamer war, also dunkelten wir die letzten natürlichen Lichtquellen mit Pappe ab.                    

Zwei Lampen und ein Beamer, der mit meinem Laptop verbunden war. Das war nun alles, was wir an Licht zur Verfügung hatten. Aber erstaunlicherweise reichte das auch.

Der Beamer (den wir mit Büchern stützen mussten, um ihn in Position zu bringen) war stark genug, um der Leinwand etwas Farbe zu verpassen und die beiden Lampen (die aufgrund zu kurzer Kabel nur auf dem Boden stehen konnten), waren ausreichend, um zusätzliches Licht auf Cornelius zu werfen. Und dann hieß es: probieren, probieren, probieren. Ich bastelte Formen und Farbverläufe mit Photoshop und gemeinsam passten wir die Farbtöne immer und immer wieder an, bis wir mit der Stimmung happy waren. 

Wir starteten mit etwas futuristischeren Bildern, die an den NØ SIGNE-Charakter angelehnt sind. Durch den projizierten Kreis erhellten wir Cornelius’ Gesicht, während die zwei Lampen auf dem Boden Silhouetten auf die Leinwand warfen und dem Charakter so Größe verliehen. Ich wollte, dass die Bilder das Gefühl vermitteln, als seien sie in einer Welt aufgenommen worden, die es so bei uns nicht gibt und die wir nur aus Serien oder Videospielen kennen.

Als nächstes wechselten wir das Setting: der kontrastreiche Kreis wich einem Farbverlauf aus Blau und Rosa, welcher der Umgebung ein weiches Licht schenkte. Cornelius platzierte ich mittig auf einem Hocker, dort wo die beiden Farben sich trafen und rückte die beiden Lampen etwas näher heran, um ein bisschen mehr Licht zur Verfügung zu haben. Die entstandenen Portraits wirken sanfter, da weniger Kontrast vorherrscht und die offene Blende von 1,4 Akzente im Unschärfebereich setzt, die dem Bild Tiefe verleihen.

Long story short: traut euch was!
Wenn jemand mit einer verrückten Idee daher kommt, dann soll euer erster Gedanke nicht „Puh, ich glaub das kann ich nicht.“ sein, sondern „Klingt nach Spaß. Lass uns das mal gemeinsam ausprobieren.“ Vielleicht braucht es dann einige Anläufe, vielleicht entstehen aber auch schon prima Fotos. Und denkt nicht, dass ihr unbedingt das teuerste Studioequipment braucht. Benutzt das, was ihr schon Zuhause habt. Cornelius und ich waren auf jeden Fall begeistert von der Stimmung, die unsere Beamer-Lampen-Leinwand-Combo auf den Bildern erzeugt hat – und das alles ganz ohne Blitz und Softbox.

Cornelius Instagram: @nosigne_

Verwendete Objektive:

Die Autorin

 
Maike Wittreck
Landschaftsfotografin

Maike Wittreck packt seit ihrer ersten großen Reise ans andere Ende der Welt immer wieder das Fernweh. Neuseeland war mit seinen schneebedeckten Bergen und blauen Gletscherseen der reinste Spielplatz für Landschaftsfotografie und somit war eine Leidenschaft geboren. Auch die Liebe zum Wandern wurde dort entfacht. Seitdem hält sie nichts allzu lang im Haus. Die rohe, ungezähmte Natur ist ihr Zufluchtsort, wenn das Leben verrückt spielt. Diesen Zufluchtsort möchte sie durch ihre Fotografie mit anderen  Menschen teilen und sie zum träumen einladen.

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