Feuertanz auf La Gomera © Carolin Thiergart

Langzeitbelichtung beim Feuertanz auf La Gomera

Die Vorbereitungen

La Gomera ist die zweitkleinste der kanarischen Inseln. Massentourismus gibt es hier nicht. Hier trifft man vor allem Urlauber, die sich eine Auszeit gönnen möchten und ihren Fokus aufs Tauchen, Wandern, Biken oder Whale-Watching legen möchten. Mit der Idee, dass ich hier möglicherweise auch professionelle Tänzer:innen oder Zirkusartist:innen treffen könnte, hatte ich erst gar nicht gespielt. Bei ca. 22.000 Einwohnern auf einer Insel, ganz abseits vom Geschehen und der kreativen Szene auf dem Festland, sind die Chancen doch eher gering.

Ein guter Freund überzeugte mich jedoch direkt vom Gegenteil: Er schlug vor, dass ich doch mal über lokale Facebook Gruppen meine Arbeit teilen und ein Interesse über eine Tanz-Foto Kollaboration äußern solle. Gesagt, getan: In einer deutschsprachigen und in einer spanischen Gruppe erstellte ich jeweils einen Beitrag, in dem ich mich vorstellte, beschrieb wonach ich suchte und ein paar Bilder aus meinem Portfolio teilte. In 20 Tagen soll die Reise ja schließlich schon losgehen – ob das was werden würde? 

Aber tatsächlich: Wenig später meldete sich eine Feuertänzerin bei mir, Monika, die großes Interesse an einer Kollaboration hatte. Ich war ehrlich gesagt überrascht – dass es so gut klappen würde, hätte ich nicht gedacht.

Auf der Insel

20 Tage später, an meinem ersten Tag auf der Insel, entdecke ich auf Spaziergängen entlang der Strandpromenade Monikas selbst gebastelte Flyer für ihre Feuershow. „500 Meter nach rechts, am 23.08., um 21 Uhr.“ Dazu ein paar bereits sehr beeindruckende Bilder von ihrer Show. Meine Vorfreude steigt. Feuertanz hatte ich bis jetzt noch nicht fotografiert und auch bei den nächtlichen Lichtbedingungen und Langzeitbelichtungen war ich nicht so sehr geübt wie beim Fotografieren mit Tageslicht.
Aber wer nicht wagt, der gewinnt auch nicht und Übung macht ja bekanntlich den Meister. Mit Langzeitbelichtungen kann man ganze Bewegungsabläufe festhalten, die dem Auge sonst verborgen bleiben. Eine der Techniken ist das Light-Painting, bei der Bewegungen im Dunkeln durch Lichtquellen sichtbar gemacht werden. Wird dabei lange genug belichtet, kann durch Restlicht auch die restliche Umgebung sichtbar werden.

Am Tag der ersten Feuershow treffe ich mich eine halbe Stunde vorher mit Monika am Playa de Valle Gran Rey. Während sie ihr Equipment und die Requisiten vorbereitet, kann ich mich mit ihr ein bisschen über ihr Leben auf La Gomera unterhalten. Nach La Gomera kam sie vor vielen Jahren, um das stressige Leben in Deutschland hinter sich zu lassen. Das Tanzen mit Feuer hatte sie sich hier vor 12 Jahren selbst beigebracht. Im Moment tritt sie einmal die Woche auf. Außer dem Feuertanz bietet Monika Massagen und Pilates an. Während wir uns weiter unterhalten, stellt sie ihre Musikboxen auf und ich meine Kamera und Stativ. Immer mehr Menschen versammeln sich hinter uns auf den Steinen der Strandpromenade.

Requisiten und Equipment

Für jede Show muss vorher das brennbare Material für die einzelnen Fackeln mit Draht eingedreht und befestigt werden. Erst kurz vor Beginn der Show werden die fertigen Fackeln in Spiritus getaucht. Zu ihren Requisiten gehören zwei Feuerfächer, drei Hula-Hoop-Reifen mit je mehreren Fackeln, zwei Seile mit je einer Fackel und eine Schlinge mit Stahlwolle. 

Die Sonne ist bereits untergegangen, als Monika ihre Show am Strand beginnt. Die Musik „Diferente – Gotan Project“ begleitet Monika bei ihren fließenden Bewegungen beim Tanz mit dem Feuer. Nach der ersten Hälfte wechselt die Musik zur instrumentalen Version von „El Tango De Roxanne“. Obwohl noch ein bisschen Dämmerungslicht vorhanden ist, ist es zu dunkel, um die Bewegungen mit der Kamera komplett scharf einzufangen. Da die Kamera stillstehen muss und sich die Tänzerin in unterschiedlichen Bereichen bewegt, habe ich mich für das SIGMA 30mm F1,4 DC DN | Contemporary für meine Fuji entschieden. Am Anfang hatte ich noch überlegt, mit einem Blitz zu fotografieren, habe mich dann aber der Stimmung und der Zuschauer wegen bewusst dagegen entschieden. Mit dem Stativ habe ich die Freiheit, mit verschiedenen Belichtungszeiten zu spielen. Zwischen 1/125 Sekunde und 10 Sekunden probiere ich mich aus. Bald habe ich mich eingependelt, am besten klappt es für die Lichtmalerei aufgrund der schnellen Bewegungen zwischen 0,4 und 3 Sekunden. Selbst bei ¼ Sekunde kann ich Monika zwischen dem sich bewegenden Feuer noch scharf einfangen. 

Die Show

Die Stimmung während der Show ist toll. Hinter mir quietschen Kinder vor Erstaunen und die Menge applaudiert. Das Meer ist mittlerweile nur noch zu hören, so dunkel ist es geworden. Am Ende der Performance steht eine sehr sandige, aber glückliche und dankbare Monika vor dem Publikum und verbeugt sich. Sie ruft ihren Namen, bedankt sich bei den Zuschauern. Die Zuschauer klatschen und sind begeistert. Ein Hut geht rum. Die Menschen fragen Monika, ob sie noch mehr sehen können. Zwei Zugaben gibt es. Eine tolle Show, die sich sowohl für die Zuschauer, für Monika und für mich als Fotografin sehr gelohnt hat.

30mm – F2,5 – 1/4 – ISO 160

Aber nicht nur der Wind stellt eine Schwierigkeit beim Feuertanzen am Strand dar. Wie ich später von Monika erfahre, ist es sehr schwierig im Sand das Gleichgewicht zu halten, nicht zu versinken oder wegzurutschen. Vor allem auf einem Bein oder beim Kopfstand, während man einen oder mehrere brennende Hula-Hoop-Reifen um seine Arme und Beine kreisen lässt. Wenn einem zusätzlich dann noch der Schweiß von all der Bewegung und Hitze ins Auge läuft und man sich diesen mit sandigen Händen nicht aus dem Auge wischen kann, muss man wohl oder übel den Rest der Performance mit geschlossenen Augen machen. Dinge, die man als Zuschauer gar nicht sieht oder bedenkt, die ich aber als Fotografin bei der Arbeit mit anderen Künstlern wahnsinnig beeindruckend und bemerkenswert finde. 

Wir haben Glück mit dem Wind heute, es weht nur eine ganz leichte Brise. Ein wichtiger Faktor, denn bei zu viel Wind gehen die Fackeln aus. In so einem Fall hat sie aber zum Glück einen Plan B: Ein Hula-Hoop mit LED-Lichteffekten. 

Hilfreiche Tipps

  • mit Stativ fotografieren
  • den Ablauf der Show schon vorher kennen
  • Shows mehrfach besuchen, Erfahrungen sammeln und aus seinen Fehlern lernen 
  • bei Stahlwolle eher kürzere Verschlusszeiten wählen, um mehr unterschiedliche Fotos zu erhalten

Verwendete Objektive:

Die Autorin

 
Carolin Thiergart
Tanzfotografin

Carolin Thiergart lebt und arbeitet u.a. als freiberufliche Tanzfotografin in Berlin. Ihre Begeisterung fürs Tanzen entdeckte sie schon in ihrer frühen Kindheit. Nach über 10 Jahren Balletterfahrung entdeckte sie 2015 die Fotografie für sich. Seit 2019 fotografiert Carolin hauptsächlich Tanz, mit dem Schwerpunkt Ballett, Contemporary Ballett und Zirkusartistik. Dabei macht ihr vor allem das gemeinsame kreativ sein mit anderen Künstler:innen Spaß. 

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