Ein Einblick in die Wildlife Fotografie © Sebastian Haberkorn

Ein Einblick in die Wildlife Fotografie – Teil 1

Wie funktioniert Wildlife Fotografie? Was gibt es zu beachten? Und welche Unterschiede gibt es zur Automotive Fotografie?
All dies habe ich mich gefragt, als ich das SIGMA 100-400mm bei mir hatte.
Ich hatte das Objektiv eigentlich für eine Motorsport Veranstaltung angefragt, diese wurde aber leider aufgrund von Corona abgesagt. So habe ich mich also entschieden, das Objektiv einfach einmal an ein paar Tieren zu testen. 
Ich hatte Glück. Als ich das Objektiv bekommen habe, war es Frühling und viele Tiere waren draußen zu sehen. Junge Kaninchen, Vögel, Frösche und Schlangen, aber auch Insekten, die ich persönlich sehr spannend finde. Dafür habe ich nicht ausschließlich das 100-400m verwendet, sondern auch mein 70mm F2,8 Macro, 70-200mm F2,8 und 150-600mm Sports. 

Warum Wildlife?

Aber wieso Wildlife, wenn ich doch hauptsächlich Fahrzeuge fotografiere?
Tiere haben mich schon immer sehr fasziniert, speziell die kleinen, welche man nicht immer auf den ersten Blick entdeckt. Leider hatte ich bisher nicht immer die Muse, aber auch nicht die Zeit dafür.
Als ich nun das 100-400mm zum Testen hatte, kam ich nicht mehr drumherum, SIGMA erwartet schließlich Bilder von meinem Test und daher musste ich es versuchen. 😉 Dabei habe ich für mich herausgefunden, es ist ein toller Ausgleich zur Arbeit und zur Automotive Fotografie, was mich super runterbringt. 

Das leise Anschleichen, Tarnen, einen Ansitz bauen oder auch das Wetter beobachten spielt dabei eine wesentliche Rolle und machen einige der wichtigen Aspekte in der Wildlife Fotografie aus.

Dennoch war der Umstieg zur Wildlife Fotografie sehr krass. Beim Fotografieren von Autos habe ich Zeit, das Objekt aus allen Winkeln zu begutachten, zu entscheiden wie ich das Bild aufbauen will. Ich kann mir den Platz für die Bilder aussuchen oder spontan entscheiden, wenn ich an einem Spot vorbeifahre. Bei der Wildlife Fotografie ist dies nicht so, man legt sich auf die Lauer, an einem Spot den man vorher ausgekundschaftet hat und hofft, dass ein Tier erscheint. Oft liegt man stundenlang einfach nur da und wartet, das kann schon ziemlich langweilig werden. Vor allem aber fotografiere ich in niedrigem ISO Bereich, dazu aber später mehr. 

Das Equipment ist nicht alles, aber ein wesentlicher Teil des Erfolgs.

Aber was genau braucht man, um mit der Wildlife Fotografie anfangen zu können? Bitte beachtet, dass ich dies hier auch nur als Anfänger und nicht als Profi Wildlife Fotograf sage. Das ist meine Meinung und Erfahrung, die ich sammeln konnte. 

Zum einen braucht ihr eine Kamera, die gut mit hohen ISO-Werten umgehen kann. Aber warum? In der Autofotografie bin ich max. im Bereich von ISO 1.000 unterwegs und war am Anfang etwas geschockt, dass dies im Wildlife bei weitem nicht reicht. Da die langen Brennweiten meist eine etwas größere Anfangsblende haben, müssen wir dies entsprechend kompensieren, entweder über die Verschlusszeit, was aber auch sehr limitiert ist, da wir hier Tiere fotografieren, die sich bewegen oder eben über den ISO, was aber ab einem gewissen Bereich zu Rauschen führt. 

Ich fotografiere hier mit meiner Canon EOS R3, mit der ich ohne große Probleme bis ISO 10.000 gehen kann. Klar kann sich nicht jeder eine 6.000€ Kamera leisten, aber auch die Canon EOS R6 – meine Ersatzkamera – ist hier absolut top.

Und dann kommt es drauf an, ob ihr eine lange Brennweite habt. Ich empfehle hier ab 400mm, alles andere ist in meinen Augen zu wenig und sorgt dafür, dass ihr näher an die Tiere müsst und somit meist in die Fluchtdistanz geratet. Daher braucht ihr eine lange Brennweite von mind. 400mm, solltet ihr eine geringere Brennweite von 200mm oder 300mm haben, dann benötigt ihr eine Kamera mit entsprechend Megapixeln, um das Bild zuschneiden zu können ohne großartig Qualität zu verlieren.

Ich persönliche fotografiere Wildlife mit den beiden erwähnten Canon Kameras und drei SIGMA Objektiven.

Für kleine Insekten und Reptilien benutze ich meist mein 70mm F2,8 Macro. Für zutraulichere Tiere meist das 70-200mm F2,8 und für sehr scheue Tiere bzw. Tiere, bei denen ich Abstand halten möchte, das 150-600mm Sports.

Aber, was bringt uns eine sehr teure Ausrüstung, wenn man sie nicht beherrscht? Deshalb gilt auch hier, lerne dein Equipment kennen und gehe so oft wie nur möglich raus. Merke wo deine wichtigen Knöpfe und Einstellungen liegen und in welche Situation du welche Einstellungen brauchst, denn nur dann bekommst du wirklich gute Bilder.

Dennoch gibt uns SIGMA mit den beiden 150-600mm Varianten zwei sehr gute Möglichkeiten Wildtiere auch auf längere Distanzen zu fotografieren. Hierbei ist jedoch die große Anfangsblende von F5-6,3 zu beachten, dies führt dazu, dass wir mit recht hohen ISO-Werten arbeiten müssen.

Der Traum eines jeden Wildlife Fotografen ist aber sicherlich eine Festbrennweite im Bereich 500mm, 600mm oder gar 800mm mit einer Blende F2,8 oder F4.

Auch hier durfte ich schon das SIGMA 500mm F4 testen* und glaubt mir, ich war beeindruckt! Hätte ich das nötige Kleingeld, wäre dieses Objektiv in meinem Bestand gelandet. Hinsichtlich Verarbeitung, Bildqualität, Schärfe und Autofokus hat mich dieses Objektiv an der Canon R Serie mit Adapter komplett überzeugt. 

500mm F4 DG OS HSM | S – F4 – 1/1.000s – ISO 1.000

*Das Objektiv habe ich mir im Übrigen über den Leihservice von SIGMA ausgeliehen.

Der Weg zum Erfolg geht über die Tarnung und gutes Licht. 

Dies allein macht aber noch lange kein gutes Bild aus und sorgt erst recht nicht dafür, dass ihr überhaupt ein Bild bekommt. 
Je nachdem was Ihr fotografieren wollt, müsst ihr euch tarnen! Ja, richtig gelesen, tarnen.  Das bedeutet mind. ein Tarnnetz, um euch vor den Tieren zu verstecken. Viele Wildtiere sind sehr scheu und verschwinden, sobald sie euch gesehen, gehört oder gerochen haben. 

Daher müsst ihr hier viel beachten, z.B. die Windrichtung, sodass euch der Fuchs nicht riecht. Heißt, der Wind muss euch ins Gesicht blasen und nicht in den Nacken. 😉

Rehe fliehen aber auch wenn sie euch sehen, daher solltet ihr euch mit einem Tarnnetz oder Tarnanzug tarnen. 

Ich arbeite meist mit einem Tarnanzug und einem Tarnnetz. Mit dem Tarnanzug versuche ich meine Konturen vor den Tieren zu verschleiern, mit dem zusätzlichen Tarnnetz versuche ich das auch für mein Kameraequipment wie Kamerabody, Objektiv und Stativ. 
Trotzdem tarne ich zusätzlich auch noch mein Objektiv mit einem sogenannten LensCoat, also einen Linsenüberzug in Tarnmuster. Das Stativ beklebe ich mit einem Tarnband.

Aber natürlich kommt es nicht nur auf die Tarnung an, um ein gutes Bild zubekommen, sondern vor allem auf das richtige Licht. 

Wie in der Automotivefotografie empfehle ich auch hier die frühen Sonnenauf- bzw. Sonnenuntergangsstunden. Zu dieser Zeit sind die Tiere aktiv bzw. werden wieder aktiv. Besonders Reh, Fuchs, Hase oder Dachs werdet ihr zu diesen Zeiten sehen können. 

Leider habe ich bisher noch nicht Fuchs, Reh oder Dachs fotografieren können, da ich noch keines dieser Tiere gesehen habe bzw. keine Kamera dabei hatte. 

Aber auch bei dem besten Licht und der besten Tarnung müsst ihr noch einen Punkt beachten. Ihr müsst euch ruhig verhalten. Nicht viel bewegen. Keine Musik hören oder telefonieren. Jede Bewegung und jedes Geräusch verringern die Chance, dass ihr ein Tier seht. 

Das Tier sieht und hört euch meistens schon lange bevor ihr es seht. Daher versucht mind. 30 min. vor Sonnenaufgang am Platz zu sein und euch zu tarnen. Dann hat das Tier genügend Zeit sich zu beruhigen und euch zu vergessen. 

Hier ein paar grundsätzliche Regeln der Tarnung:

  1. Versuche immer etwas im Rücken zu haben, z.B. einen Baumstamm. So kannst du nicht von hinten überrascht werden.
  2. Wie oben bereits erwähnt, achte auf den Wind. Dieser sollte dir ins Gesicht pusten.
  3. Nutze natürliche Tarnung wie Äste, Blätter, etc. um deine künstliche Tarnung zu „verbessern“.
  4. Lege dich grundsätzlich, solange es möglich ist, auf den Boden. Damit verschleierst du deine Konturen noch mehr. Positiver Nebeneffekt, Bilder auf Augenhöhe der Tiere wirken noch intensiver und interessanter. 

Welchen Einfluss der Bildaufbau und die Bildbearbeitung vor allem in der Wildlife Fotografie hat, möchte ich euch in meinem zweiten Teil erklären. Fortsetzung folgt also.

Verwendete Objektive:

Der Autor

 
Sebastian Haberkorn
Automobilfotograf

Der passionierte Automobil- und People-Fotograf Sebastian Haberkorn aus München freut sich, wenn seine Bilder Emotionen im Betrachter wecken. Im besten Fall sogar so sehr, dass sie das abgelichtete Fahrzeug unbedingt selbst haben wollen. Er ist überwiegend im Bereich der Automotive Fotografie zuhause, in  der er seine Leidenschaft zum Automobil verwirklichen kann. Dabei versucht er in seinen Bildern die Emotionen eines Roadtrips mit Premium und Sportwagen dem Betrachter erlebbar zu machen. Seine Bilder sollen ein Gefühl von Begehrlichkeit für das abgelichtete Produkt wecken.

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