Grundlagen der Architekturfotografie © Magdalena Gruber

Grundlagen der Architekturfotografie

Ich durfte mal wieder Neues testen! Dieses Mal war es das neue SIGMA 16-28mm F2,8 DG DN in Kombination mit der SIGMA fp L. Das 16-28mm bewegt sich in einem weinwinkligen Brennweitenbereich, in dem ich in der Architektur- und Interiorfotografie recht häufig unterwegs bin. Da ist es natürlich praktisch, alles in einem Zoom vereint zu haben. Gespannt war ich hier auf die optische Leistung, gerade im sehr weitwinkligen Bereich. Mit der fp L hatte ich fantastische 61 MP zur Verfügung und das in einem handlichen Format.

Auf meiner Agenda stand dieses Mal, Objektiv und Kamera an den Grundlagen der Architekturfotografie auszutesten, um diese für euch veranschaulichen zu können. Los gehts:

Panoramafreiheit

Zunächst vorab ein kleiner Exkurs zur rechtlichen Lage:

Möchte man sich in der Architekturfotografie austoben, so ist man natürlich auf architektonisch interessante Gebäude angewiesen. Und genau hier gibt es einen kleinen Haken, von dem ihr bestimmt schon mal gehört habt: Auch Gebäude können einem Urheberrecht unterliegen, und zwar dem der Architekt*innen. Das ist besonders bei Gebäuden mit „schöpferischen Anspruch“ der Fall, also genau bei den Gebäuden, die architektonisch am außergewöhnlichsten und damit auch für uns am interessantesten sind. Nun gibt es zum Glück die sogenannte Panoramafreiheit, die uns ermöglicht, auch diese Gebäude zu fotografieren – solange wir es von öffentlichem Raum aus tun. Streng genommen darf hier auch kein Hilfsmittel wie Stativ oder Leiter zur Hilfe genommen werden. Diese Panoramafreiheit gilt nur für das Äußere eines Gebäudes, der Innenraum fällt nicht darunter. Wenn du die Bilder veröffentlichen möchtest, wird das Ganze noch komplizierter.

Dieser kleiner Exkurs war nur eine Kurzform des Ganzen und beschreibt nicht die ganze Rechtslage, sondern soll dir einen Denkanstoß zum Thema geben. Ich empfehle dir daher: Recherchiere und informiere dich ausreichen über die Panoramafreiheit. Gerade wenn du die Bilder veröffentlichen möchtest: frag im Zweifel immer einmal mehr nach, ob du eine besondere Genehmigung benötigst! Es gibt tatsächlich viele Gebäude, bei deinen das so ist. Rechne ordentliche Zeit für deine Anfrage ein, gerade bei öffentlichen Institutionen dauert es oft eine Weile, bis du eine Antwort erhältst. Auch ich hatte hier mit der Sommerpause zu kämpfen, in der es unheimlich schwierig war, überhaupt zuständige Personen zu erreichen.

Wetter und Licht

So weit so gut. Hast du ein Gebäude gefunden, das du gerne Fotografieren möchtest und die rechtliche Lage für dich geklärt, kommt das Wetter ins Spiel. Wie bei allen anderen Arten der Fotografie ist es auch in der Architekturfotografie bildbestimmend. Pauschal lässt sich nicht sagen, es gäbe ein bestes Wetter für die Architekturfotografie – unterschiedliche Lichtsituationen können je nach Gebäude unterschiedliche Reize haben.

Ich habe euch hier zwei Beispielbilder bei unterschiedlichen gängigen Lichtsituationen mitgebracht. Links sehen wir eine sehr minimalistische und organische Architektur bei bedecktem Himmel. Dadurch fällt weiches Licht auf das Gebäude, die geschwungenen Formen werden sehr sanft betont und es entsteht ein unheimlich ruhiges Bild. Im rechten Beispiel haben wir das andere Extrem: Wolkenloser, blauer Himmel und eine sehr verschachtelte Architektur. Durch das harte Sonnenlicht werden die Kanten des Gebäudes noch mehr betont, es entsteht viel Kontrast im Bild. Die zwei Bilder zeigen nur einen kleinen Ausschnitt von dem, was es an Lichtstimmungen und Gebäudeformen gibt. Insbesondere in den Morgen- oder Abendstunden und in der sogenannten Blauen Stunde lassen sich ebenfalls tolle Lichtsituationen einfangen. Gerade wenn ihr noch neu in der Architekturfotografie seid und euch ausprobieren möchtet:

Nehmt euch den Druck, die „perfekte“ Lichtsituation einzufangen. Alle Wetter- und Lichtstimmungen haben ihren eigenen Reiz – man muss nur damit umzugehen wissen.

Perspektive und Standort

Hast du ein schönes Motiv gefunden, dann versuche dich ganz bewusst mit der Perspektive zu beschäftigen. An den Beispielbildern hier ist zu sehen, wie viel dies ausmachen kann. Ich stand genau am gleichen Punkt. Beim linken Bild habe ich aus der Hocke heraus, der sogenannten Froschperspektiven fotografiert. Im rechten Bild dann stehend, auf Augenhöhe. Die Wahl der Perspektive ändert nicht nur die Fluchten und Gebäudeformen im Bild, sondern kann einen völlig anderen Bildeindruck erzeugen. So sieht man links nicht unbedingt, wo sich das Objekt befindet, die Gebäudelinien und der Himmel rücken stärker in den Fokus. Während rechts das Umfeld mit ins Bildmotiv einbezogen wird. Mit Standpunkt und Perspektive könnt ihr Bildmotiv und Bildaussage steuern: Ihr beginnt das Bild aktiv und bewusst zu gestalten und bestimmt, welche Informationen die Betrachter*innen daraus lesen.

Kontextualisierung des Objektes in der Landschaft 

Genau das könnt ihr auch in den nächsten Bildern sehen. Dasselbe Fotomotiv, in drei unterschiedlichen Perspektiven aufgenommen, die jeweils eine andere Kontextualisierung des Motivs in dessen Umfeld, bzw. der Landschaft schaffen. In der Architekturfotografie ist je nach Auftrag oder Ziel eurer Fotos auch das Umfeld der Objekte extrem wichtig. Architekt*innen planen und bauen spannende Gebäude immer im Kontext der umgebenden Landschaft, beziehen diese mit ein oder schaffen Kontraste. Achtet deshalb darauf und schafft Varianten. 

Größenverhältnisse

Grundlagen der Architekturfotografie © Magdalena Gruber

Oft sind auch die Größenverhältnisse von Gebäuden und Objekten auf einem Foto schwer einzuschätzen. Hier hilft es, mit Menschen im Bild zu arbeiten. Ob klassisch, mit einer längeren Belichtung, sodass vorbeigehen Menschen in ihrer Bewegungsunschärfe dargestellt werden, oder wie hier im Bild freier interpretiert mit einer Person aktiv im Bild. Durch Wahl des Bildformats und eurer Perspektive könnt ihr den Eindruck der Größenverhältnisse auch übersteigern: Das passiert vor allem dann, wenn ihr aus Froschperspektive heraus fotografiert.

27mm – F8 – 1/2.000s – ISO 500

Details

Grundlagen der Architekturfotografie © Magdalena Gruber

Besonders Spaß machen mir persönlich ja die Details an Gebäuden. Hier stören weder Straßenlaternen noch parkende Autos, und es können spannende Bildmotive entstehen. Gerade hier ist es sehr praktisch, mit einem Zoomobjektiv wie dem 16-28mm zu arbeiten, da man so einfach flexibler unterwegs ist. 

28mm – F8 – 1/250s – ISO 100

Wenn man mit einer Kamera mit hoher Auflösung unterwegs ist, so wie es bei der fp L der Fall ist, behält man zudem die Freiheit, auch im Nachhinein noch Details aus Bildern zu croppen, ohne dabei einen Qualitätsverlust zu erhalten. Ich persönlich finde das total angenehm, da ich mir so immer ein gewisses Backup bewahre für Situationen, in denen man vielleicht nicht die Zeit hat viele unterschiedliche Varianten zu fotografieren oder aber im Nachhinein eben nochmal intensiver in die Bildkomposition gehen möchte, z.B. für Serien.

Zusammengefasst:

  1. Panoramafreiheit: Informiere dich und hole dir ggf. eine Genehmigung ein!
  2. Das „perfekte“ Wetter: Spiele mit unterschiedlichem Licht und nutze es zur Bildgestaltung
  3. Perspektiven: Beschäftige dich aktiv mit Standort und Perspektive, probiere aus und achte auf die jeweilige Bildwirkung
  4. Kontextualisierung der Gebäude: In welcher Umgebung befindet sich das Objekt? Zeige die unterschiedlichen Varianten
  5. Größenverhältnisse: Menschen im Bild helfen dem Auge, die Größenverhältnisse zu verstehen
  6. Details, Details, Details: Spannende Bildmotive entstehen oft durch Gebäudedetails

Verwendete Produkte:

Die Autorin

 
Magdalena Gruber
Interieur Fotodesignerin

Magdalena ist freiberufliche Fotodesignerin in Dortmund. Während ihres Fotografiestudiums hat sie ihre Faszination für den Raum entdeckt und fotografiert seither am liebsten Innenräume. Ob Menschen im Bild sind spielt eine untergeordnete Rolle, denn auch der leere Raum zeichnet ein ausdrucksstarkes Bild seiner Bewohner:innen und deren Geschichte. Klare Linien, natürliches Licht und ein dokumentarisch minimalistischer Blick sind ihr Mittel durch Räume Geschichten zu erzählen. 

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