Reisen mit 24mm – Ein Bildwinkel der kaum Wünsche offenlässt
Eins reicht? Mit dem neuen SIGMA 24mm F1,4 DG DN | Art durch Slowenien
Der Bildwinkel eines Objektivs mit 24mm Brennweite hat für mich und meine Art der Fotografie etwas Ideales. Ich bekomme genügend „Story“ aufs Bild – kann den Betrachter in die Situation hineinversetzen – ohne dass der Hintergrund zu winzig und unbedeutend wirkt. Denn das Schlimmste, was man einem Weitwinkelfoto antun kann, ist ein Wimmelbild zu kreieren, in dem alles, gleichzeitig aber auch nichts, zu sehen ist. Selbst mit Weitwinkel-Zoom-Objektiven finde ich mich häufig unbewusst bei 24mm wieder. Meine Freude war deshalb groß, als ich für meine Fototour durch Slowenien den Nachfolger meines ehrwürdigen SIGMA 24mm F1,4 DG HSM | Art, nämlich das neue SIGMA 24mm F1,4 DG DN | Art mitnehmen durfte.
Kreativität durch Reduktion
Hinterher ist man immer schlauer und ich hätte mein Rucksackgewicht bei meiner Tour durch den Triglav Nationalpark deutlich reduzieren können, hätte ich nur das neue 24er mitgenommen. Denn tatsächlich, verwendete ich – bis auf ein paar Ausflüge in den Telebereich – ausschließlich das 24mm bei meiner Tour. Was ich beim Arbeiten mit Festbrennweiten mag: Ich suche gezielt nach Bildkompositionen für diesen Bildwinkel und verliere mich nicht in dem Gedanken, dass ich eigentlich für alle auftretenden Situationen und jede Bildidee, die mir so einfallen könnte, die passende Brennweite eingepackt habe.
Das Motto „Kreativität durch Reduktion“ funktioniert zumindest für mich in diesem Punkt meist sehr gut. Die Brennweite, der Blendenbereich und die sehr gute Verarbeitung und wertige Haptik kannte ich schon von dem Vorgängermodell der Art-Serie, welches mich viele Jahre durch die Welt begleitet hat. Neu und für mich persönlich relevant ist nun vor allem das reduzierte Gewicht, die etwas kompakteren Abmessungen mit integriertem Staub- und Spritzwasserschutz und die arretierbare Gegenlichtblende. An Kameras ohne separates Wählrad für die Blendeneinstellung punktet sicher auch der neue, manuelle Blendenring am Objektiv, welcher auf Wunsch rastend oder frei drehbar einzustellen ist. Und wer viel bei hellem Tageslicht mit der Offenblende von F1,4 arbeiten möchte, kann am integrierten, rückseitigen Filterhalter am Bajonett einen ND-Filter montieren, um sich nicht in allzu extremen Verschlusszeiten zu verlieren.
Sternenfotografie
Der Triglav-Nationalpark in den Julischen Alpen Sloweniens bietet für Natur- und Landschaftsfotografen Motive satt: Gipfelformationen, Bergseen, Almwiesen, Wasserfälle und Gebirgsbachläufe und im Sommer natürlich das in den ersten Nachtstunden gut sichtbare Milchstraßenzentrum am südlichen Nachthimmel. Gerade für die Sternenfotografie ist die Offenblende von F1,4 des 24mm -gepaart mit einem ISO-stabilen Kleinbildsensor und kaum Lichtverschmutzung- perfekt.
So zeigte sich mir die mit bloßem Auge nur erahnbare Milchstraße bei einer Belichtungszeit von 10 Sekunden und einem ISO-Wert von 3.200 deutlich leuchtend auf dem Kameradisplay. Aus Gründen der Bildschärfe macht es kaum Sinn, die Blende weiter zu schließen. Einzig sehr pingelige Pixelzähler können durch Abblenden auf F2,0 die ohnehin nur gering ausfallende Koma-Verzeichnung der Sterne in den äußersten Bildecken fast völlig eliminieren. Hier hat sich das Objektiv im Vergleich zum bereits hohen Niveau des Vorgängers nochmal spürbar verbessert. Was die Bildkomposition angeht, reichen auch 24mm aus, um etwas mehr von der Landschaft – wie die Wälder und Bergketten – mit ins Bild zu nehmen, sofern das Milchstraßenzentrum knapp über dem Horizont steht.
Wer hauptsächlich Nightscapes macht und freier in der Positionierung der Milchstraße sein möchte, dürfte mit dem größeren Bildwinkel des ebenfalls neuen Weitwinkels von SIGMA, dem 20mm F1,4 DG DN | Art, besser aufgestellt sein. Das 24mm ist für mich jedoch der flexiblere Allrounder.
Berge und Alpenglühen
Da die Sternenfotografie besonders kurz ausfiel, trieb mich der Wecker bereits eine knappe Stunde vor Sonnenaufgang wieder auf die Almwiese vor dieses Bergpanorama.
Am nord-östlichen Horizont schoben sich immer wieder Wolkenbänder vorbei, doch ich hatte Glück und genau zur Dämmerung fiel ein schmales, rötliches Streiflicht auf die Bergspitzen aus Kalkgestein.
Um eine möglichst durchgängige Schärfentiefe zu bekommen, schloss ich die Blende auf F16. Einzig der auffrischende, böige Wind zur Dämmerung machte meinem Vorhaben einen kleinen Strich durch die Rechnung und ließ die Schafgarben im Vordergrund während der Belichtungszeit immer wieder leicht erzittern.
Hoch- & Querformat
Gerade im alpinen Gelände ist es wichtig, seine Weitwinkelaufnahme nicht mit Bildinformation zu überladen. Um einen klaren Fixpunkt am Horizont zu isolieren und nicht in einem klassischen Panorama unterzugehen, verwende ich gerne das Hochformat. Hier spielen 24mm Brennweite ihre volle Stärke aus. Ich bekomme genügend Vordergrund ins Bild, um die Situation erlebbar zu machen und die Blickführung zu gestalten, und gleichzeitig erscheinen die Berge am Horizont greifbar und nicht zu winzig. Die Proportionen zwischen Vorder-, Mittel- und Hintergrund sind stimmig.
Im Querformat nutze ich hierfür eine deutlich flachere, bodennahe Perspektive und kann dem Blick im Vordergrund etwas mehr Freilauf lassen. Für diese klassische Landschaftsfotografie befindet sich meine Kamera immer auf einem Stativ und die Blende ist auf F16 geschlossen. So kann ich mich ganz auf die Bildgestaltung konzentrieren und muss mir über Belichtungszeiten, Bewegungs- und Beugungsunschärfe keine Gedanken machen. Dabei empfand ich es hilfreich, die Blende direkt am Blendenring fest einzustellen. Die Schärfe über den gesamten Bildbereich bis in die äußersten Bildecken ist überragend, ganz so, wie ich es von der Art-Serie gewohnt bin.
Einsatz von Filtersystemen
Zur ambitionierten Landschaftsfotografie gehört die Möglichkeit, Filtersysteme verwenden zu können. Das 72mm Filtergewinde des 24mm nimmt bequem Einschraubfilter als auch gängige Filtersysteme mit 100mm Rechteckfiltern auf. Auch mit einem dazwischen geschraubten Step-Up-Filteradapter von 72mm auf 77mm hatte ich bei der Verwendung von Pol- und Graufiltern, wie zu erwarten, keinerlei Vignettierung. Eine Besonderheit des 24mm ist die rückseitige Filteraufnahme im Bajonett.
Hier machen wegen der eingeschränkten Zugriffsmöglichkeit nur ND-Filter Sinn und der Einsatz wird für die meisten Landschaftsfotografen mit Filtersystemen eher zweitrangig sein. Für Portraitfotografen und Filmer jedoch handelt es sich hierbei sicher um ein sehr sinnvolles und praktisches Feature. An Bachläufen und Wasserfällen im Wald kann ich häufig auf den Einsatz eines ND-Filters zur Verlängerung der Belichtungszeit verzichten und montiere nur einen Polfilter am vorderen Filtergewinde, um die Reflexionen zu kontrollieren.
Das Spiel mit der Perspektive und sehr nahen Vordergrundmotiven lassen jede Bildkomposition einzigartig erscheinen und die Relationen verschwimmen. Gleichzeitig ermöglicht mir der nicht allzu große Bildwinkel des 24mm unerwünschte, ablenkende Details des Waldes und Bachbettes auszublenden und dem Betrachter gezielt vorzuenthalten.
Perfekte Perspektive
Da ich viel Zeit für die perfekte Perspektive und den optimalen Standpunkt der Kamera investiere, gebe ich diese Position auch nicht auf, wenn das Wetter kurz umschlägt. Ich schone meine Ausrüstung ohnehin nicht, aber gerade bei durchziehenden Schauern, im Nieselregen oder in der Gischt eines Wasserfalls ist es ein gutes Gefühl zu wissen, dass das Objektiv einen Staub- und Spritzwasserschutz integriert hat. Ich kann also ausharren und auf das perfekte Licht warten, was gerade kurz vor oder kurz nach Unwettern besonders eindrucksvoll sein kann.
An einem idyllischen Bergsee im Triglav war genau ein solcher Moment, als das goldene Licht der untergehenden Sonne sich in den Wolken über dem Gipfel verfing und die Bergsilhouette in perfektes Streiflicht hüllte.
In solchen Momenten möchte ich nicht wild meine komplette Objektivpalette durchwechseln und etliche Bildausschnitte testen, sondern mich ganz auf die Situation fokussieren und in den Möglichkeiten „meiner“ Brennweite denken. Denn meist ist es diese Reduktion, die mich wirklich bewusst und kreativ werden lässt.
Verwendetes Objektiv:
Der Autor
Daniel Spohn, Jahrgang 1981, ist als Fotograf und Biologe weltweit auf der Suche nach einzigartigen und spannenden Geschichten.
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