Tipps für Portraits in der Mittagssonne © Kim Pottkämper

Tipps für Portraits in der Mittagssonne

Viele Fotografen fotografieren ihre Models am liebsten im Sonnenuntergang oder -aufgang. Ich spiele allerdings sehr gerne mit Licht und Available-Light-Situationen und diese finden sich bei sehr hochstehender Sonne: in der Mittagssonne. Um kreative und außergewöhnliche Portraits zu schießen, muss man nur auf bestimmte Dinge achten. Was es zu beachten gibt, erkläre ich euch in diesem Blogartikel und zeige ich euch eine Bildserie mit Gerda, die in der Mittagssonne entstanden sind. Danach könnt ihr euch eure Kamera schnappen und ebenfalls kreative und spannende Portraits zaubern.

Erst mal zu der „Problematik“: Wenn die Sonne extrem hoch am Himmel steht, kommt das Licht logischerweise von sehr weit oben und das sorgt für unschöne Schatten im Gesicht. Besonders unter den Augen entstehen Schatten, die wie Augenringe aussehen und die Augen sehr dunkel aussehen lassen. Natürlich könnte man hier einfach mit einem Aufheller arbeiten und dem entgegenwirken, wenn Du allerdings mit einem Model arbeitest, dass noch nicht so erfahren ist oder vielleicht sogar noch nie vor der Kamera stand, wird soviel Licht dafür sorgen, dass sie oder er die Augen zusammenkneift.

Model richtig positionieren

Hier könntest Du das Model so positionieren, dass sie nicht mit dem Gesicht in Richtung Sonne schaut, sondern nach unten oder zur Seite. Du könntest Sie auch nur zur Hälfte im Schatten positionieren oder du suchst dir etwas, dass die Sonne nur punktuell durchscheinen lässt – wie z. B. ein Gitter.

Nutze die Funktionen deiner Kamera

Ein weiterer Punkt, der einen vor Probleme stellen könnte ist, dass helle oder weiße Bereiche im Bild schnell überstrahlen und somit überbelichtet sind und dunkle Bereiche kaum Zeichnung haben und oft „absumpfen“. Um trotzdem ein kontrastreiches, aber ausgewogenes und gut belichtetes Portrait zu schießen, musst du darauf schon beim Fotografieren achten. In der Nachbearbeitung kann man nur Bilder nutzen, die richtig belichtet sind. Tendenziell ist es immer besser, das Bild zu hell, als zu dunkel zu belichten. An deiner Kamera solltest Du die Überbelichtungswarnung aktivieren und die Tonwertkurve kontrollieren. Deine Kamera wird dich warnen, dass es Bereiche im Bild gibt, die zu hell sind – das bedeutet aber nicht, dass diese Bereiche überbelichtet und somit Pixel ohne Information sind. Wenn ich ohne Sun-Bouncer arbeite, achte ich darauf, dass mein Model in der Nähe von natürlichen Reflexion-Flächen steht – wie z. B. einer weißen oder sehr hellen Wand. Somit wird um mein Model herum Licht von der Sonne reflektiert und die dunklen Stellen werden somit automatisch aufgehellt und die Bilder sind nicht so hart im Kontrast.

Nachbearbeitung erlaubt

In der Nachbearbeitung schaue ich mir jedes der Bilder aus dem Shooting individuell an und helle oder dunkle bestimmte Bereiche im Bild auf bzw. ab. Ich achte immer darauf, dass ich noch Zeichnung in den dunklen Bereichen des Bildes habe und die weißen Bildpunkte nicht überstrahlen. Dafür male und modelliere ich nachträglich in Photoshop Licht und Schatten – das Feintuning sozusagen.

Locationwahl

Es kommt immer häufiger vor, dass ich in der Mittagssonne fotografiere und genauso interessante und außergewöhnliche Lichtsituationen haben möchte, wie bei einem Sonnenuntergang oder einer sehr tief stehenden Sonne – und die gibt es – man muss nur die Ausschau danach halten.
Wenn ich in der Mittagssonne unterwegs bin, suche ich mir ganz gezielt Orte, an denen die Sonne interessante Reflexionen zaubert – wie z. B. durch Glasscheiben, Gitter, Gebäude oder Wände.
Meiner Erfahrung nach, finden sich solche Lichtsituationen oftmals in Medienhäfen oder Orten, an denen außergewöhnliche und eher moderne Architektur steht. Wichtig ist, sich mit offenen Augen in der Location zu bewegen und das Licht zu beobachten. Wo steht die Sonne? Und welche Schatten und Reflexionen wirft sie auf den Boden oder an eine Fassade. Nimm Dir Zeit, die Location im Vorfeld mal zu besuchen, damit Du weißt, wie sich das Licht dort verhält oder geh direkt zusammen mit deinem Model auf Erkundungstour.
Du musst Dich auf die Suche nach interessanten Schatten, indirektem oder gestreutem Licht machen. 

Mit der Technik spielen

Je nach Situation arbeite ich dann am liebsten mit dem SIGMA 50mm F1,4 DG HSM | Art oder dem SIGMA 35mm F1,4 DG DN | Art. Wenn mir der Hintergrund zu unruhig ist, arbeite ich mit offener Blende und dem 50er, um durch die Unschärfe mehr Ruhe ins Bild zu bekommen.
Wenn im Hintergrund interessante Schatten sind, die ich gerne einfangen möchte, arbeite ich eher mit dem 35er und schließe die Blende etwas, um mehr Tiefe im Bild zu erhalten. So kann man mit der Technik spielen und ausprobieren, was für welche Lichtsituation gut passt.

Indirektes Licht ist beispielsweise, wenn Du dein Model nicht in die harte Sonne stellst, sondern neben einer hellen Wand platzierst, die von der Sonne bestrahlt wird. Die weiße Wand dient dir hier als natürlicher Aufheller. Gestreut wird das Licht, wenn es z. B. durch eine Fensterscheibe fällt und dabei die Lichtstrahlen gebrochen werden und in verschiedene Richtungen ausstreuen. Bei den interessanten Schatten sind deiner Kreativität und deinem persönlichen Empfinden von Ästhetik oder Besonderheit keine Grenzen gesetzt. Ich spiele total gerne mit Licht und Schatten und gebe meinem Model bis auf den Millimeter genaue Anweisungen, wie es den Kopf drehen muss, damit ein interessantes Lichtspiel auf ihrem Gesicht oder Körper entsteht. 

Viel Spaß beim Ausprobieren und vielen Dank an mein tolles Model Gerda!

Meine Top-Tipps für Portraits in der Mittagssonne: 

  • Lass dein Model nicht in die Sonne schauen: Gesicht nach unten oder zur Seite
  • Positioniere dein Model zur Hälfte, zu 3/4 im Schatten 
  • Suche Lichtsituationen, wo Licht gebrochen oder abgehalten wird: Scheiben, Gitter, Gebäude, Wände, Spiegel, Bäume uvm.
  • Überbelichtungswarnung in der Kamera aktivieren und auf die Tonwertkurve beim Fotografieren achten! Eher zu hell, als zu dunkel belichten 
  • In der Nachbearbeitung Licht & Schatten malen mit Dodge & Burn

Verwendete Produkte:

Die Autorin

 
Kim Pottkämper
Peoplefotografin

Ich bin freiberufliche Fotografin aus Köln und in der Welt zuhause. Die Fotografie ist meine Berufung und Leidenschaft. Egal ob für meine Klienten oder für freie Projekte, mit meinen Bildern transportiere ich etwas: Gefühle, Geschichten, Persönlichkeit. Ich liebe es, mich weiterzuentwickeln, über meinen Schatten zu springen, Neue und verrückte Dinge auszuprobieren, Tabus zu brechen, zu begeistern oder zum Nachdenken anzuregen. Die Zeit einzufrieren und einzigartige Momente zu kreieren."

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