Zerklüftetes Norwegen - How I got this picture? © Florian Wenzel

Zerklüftetes Norwegen oder ‚how I got this picture‘

Das perfekte Foto: Meist setzt es sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Von einer interessanten Location, über die richtige Lichtstimmung, bis hin zur richtigen Komposition. Zwar gibt es hin und wieder auch die glücklichen Momente, in denen einfach alles passt. Dann muss man sich hinter der Kamera nur wenige Gedanken über Dinge wie technische Details oder Linienführung machen. Dennoch sind die wenigsten meiner liebsten Fotos unbedachte Schnappschüsse. Ganz im Gegenteil. Hinter den meisten stecken viel mehr Gedanken, als man auf den ersten Blick erahnen mag.

Perspektive ist Alles

Zerklüftetes Norwegen - How do I get this picture? © Florian Wenzel

Die richtige Perspektive zu finden ist einer der elementaren Bausteine meiner Fotografie – wenn nicht sogar der Wichtigste. Deshalb versuche ich in der Regel, eine Location erstmal in Ruhe anzuschauen. Je nachdem, wie die Landschaft um mich herum beschaffen ist, fällt mir dieser Schritt manchmal sehr leicht. Dann sehe ich die fertigen Bilder förmlich vor meinem geistigen Auge. Jedoch gibt es da auch die Orte, bei denen ich mich für diese inneren Bilder etwas mehr anstrengen muss. Meist hilft es mir dann, mich auf die Suche nach einem besonderen Blickwinkel zu machen, um das Motiv dennoch in interessanter Weise festzuhalten. 

35mm F1,4 DG HSM – F2,5 – 1/640s – ISO 400

Oft gibt es störende Elemente wie Stromleitungen, unschöne Gebäude oder zu viele andere Menschen um einen herum. Während einer Wanderung in Norwegen war von all dem zwar nichts vorhanden, jedoch wirkte das Gestein durch die vielfältigen Beschaffenheiten und Farben zu unruhig. Das Finden neuer Blickwinkel gestaltete sich jedoch etwas schwierig – auch wenn ich es mit vollem Körpereinsatz anging.  

Zwischendurch fand ich entlang des steilen Abhangs zwar eine sehr interessante Perspektive, bei der die zackige Spitze als Hauptmotiv galt. Allerdings störte mich hier das fehlende Licht und der etwas langweilige Hintergrund.

Zerklüftetes Norwegen - How do I get this picture? © Florian Wenzel

Ich entschied mich also, den Fokus lieber auf die schroffe Felsenkante zu legen. 

Diese führte als natürliche Führungslinie direkt auf mein neu erkorenes Hauptmotiv hin – die markante Felsformation, eingebettet in die Landschaft aus den umliegenden Bergen. Die langsam untergehende Sonne lässt das Bild zusätzlich freundlicher wirken. Als Kirsche auf der Sahnetorte stellt die scharfe Kante der Wolkendecke eine zusätzliche Leitlinie dar. Sie lenkt den Blick des Betrachters direkt auf meine Freundin, die auf dem Felsvorsprung stand. 

24-70mm F2,8 DG OS HSM – 24mm – F5,6 – 1/200s – ISO 125

Technische Gestaltungsmöglichkeiten

Generell fotografiere ich immer im manuellen Modus, es gibt mir schlichtweg mehr kreative Freiheit während des Fotografierens. Ich kann direkt Einfluss darauf nehmen, wie viel Zeichnung ich im Himmel haben möchte, wie tief die Schatten sindAuch gewollte oder ungewollte Tiefenschärfe lassen sich damit hervorrufen oder eliminieren. Kurzum: Ich habe dadurch mehr Kontrolle darüber, wie das fertige Bild am Ende aussieht und wirkt.

Zerklüftetes Norwegen - How do I get this picture? © Florian Wenzel

Als weitere kreative Gestaltungsmöglichkeiten gilt das Hervorrufen von Blendensternen. Sie ermöglichen es, die Sonne als Leitmotiv noch etwas mehr in den Fokus des Betrachters zu rücken. Erreichen kann man diesen Effekt mit einer kleinen Blendenöffnung von F16 und einer oder mehreren punktuellen Lichtquellen – die Sonne eignet sich also sehr gut dafür. Ihr Licht bricht sich an den Blendenlamellen, sodass dieses als Lichtstrahlen auf dem Foto sichtbar werden. Die Anzahl der “Strahlen” hängt dabei von der Menge der Blendenlamellen ab, die im Objektiv verbaut sind. Bei dem Foto verwendete ich das 24-70mm F2,8 DG OS HSM | Art welches beispielsweise 9 Lamellen hat.

24-70mm F2,8 DG OS HSM – 24mm – F16 – 1/640s – ISO 1.600

Manchmal, wenn die Lichtverhältnisse schwierig sind, helfe ich mit dem Erstellen eines Hochkontrastbildes (HDR’s) aus. Wie auch beim Blendenstern sind die Geschmäcker hier sehr verschieden. Ich persönlich präferiere eher subtile Hochkontrastbilder, mit denen ich ausgebrannte oder zu dunkle Bildbereiche wie einen zu hellen Himmel oder sehr tiefe Schatten umgehe. Dafür versuche ich, eine kurze Belichtungszeit einzustellen. In Kombination mit einer möglichst ruhigen Hand lassen sich so auch ohne Stativ HDRs erstellen. 

Auf den ersten Blick erkennt man zwischen dem HDR und der einzelnen Belichtung keinen großen Unterschied aber in der 100% Ansicht entdeckt man das Bildrauschen.

Bearbeitungsprozess

Zerklüftetes Norwegen - How do I get this picture? © Florian Wenzel

Ich wollte die volle Kontrolle über die Belichtung haben und die von dem untergehenden Sonnenlicht angestrahlten Felsen mit abgebildet haben.

Deshalb habe ich mich für ein HDR-Panorama entschieden. Dieses besteht aus jeweils drei HDR-Bildern, die ich mit Hilfe von Lightroom zu einem Panorama zusammengefügt habe.

Danach ging es erstmal an die Tiefen und Lichter. Wie oben bereits erwähnt, bevorzuge ich eher subtile HDR’s. Meistens lasse ich die hellen Bereiche im Hintergrund ein wenig heller und die dunkleren im Vordergrund ein wenig dunkler. So entsteht nochmals ein schöner Kontrast zwischen den Bereichen und schafft mehr Tiefe.

Nachdem ich das gröbste in Lightroom erledigt hatte, ging es für mich zum Schluss an die Feinheiten. Diese erledige ich am liebsten in Photoshop, da ich hierbei viel präziser und genauer arbeiten kann. Dort werden dann störende Elemente wie z.B. Blendenflecke oder helle Gesteine mit Hilfe von lokalen Bearbeitungsfiltern (Radialfilter, Pinsel) minimiert oder gegebenenfalls entfernt. Dafür habe ich euch ein kleines Schaubild erstellt, welche Arbeiten ich in Photoshop erledigt habe.

Ich hoffe euch hat dieser kleine Einblick gefallen, bei Fragen oder Anregungen dürft ihr mir gerne ein DM oder Mail zukommen lassen 🙂

Verwendete Produkte:

Der Autor

 
Florian Wenzel
Landschaftsfotograf

Florian Wenzel ist Fotograf aus dem Süden Deutschlands. Die Freude an der Natur und das Kreieren von Bildern sind die Inspirationsquelle für seine Arbeit. Man findet ihn meistens irgendwo in der Natur, wo er den morgendlichen Nebel einfängt.

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