5 Tipps für bessere Interior Fotografie © Magdalena Gruber

5 Tipps für bessere Interior Fotografie

Neue Objektive zu testen ist immer wieder spannend und herausfordernd, macht aber unheimlich Spaß. Umso mehr natürlich, wenn man auch interessante Motive dafür hat. Dieses Mal ging es für mich mit dem 12-24mm Weitwinkel Zoom in das brandneue Düsseldorfer Office von Urselmann Interior. Der besondere Clou am Büro: es wurde nach dem Cradle-to-Cradle Prinzip saniert. Cradle-to-Cradle bedeutet, beim kompletten Kreislauf der Materialien entsteht kein Müll. Es wird im Bürodesign mit biologisch abbaubaren, recycelten und upgecycleten Material gearbeitet. Solche Projekte find ich besonders spannend, da man immer wieder den eigenen Horizont erweitern kann und dazulernt.

Zurück zum Equipment. Wie immer hatte ich natürlich mein 20mm, 35mm und 50mm dabei, und eben das 12-14mm. Ehrlich gesagt hatte ich ein so weitwinkliges Objektiv bisher nie genutzt, das 20mm war sonst immer mein GoTo, wenn’s um wenig Platz und weite Winkel ging. Da diesmal die Küche ziemlich eng war, war das die perfekte Gelegenheit, mich mal an die 12-24mm ranzutrauen. Besonders gespannt war ich hier auch darauf, die 12mm auszureizen. Gesagt getan, die Küche einmal leergeräumt und siehe da: Obwohl ich weniger als 2m von der Küchenzeile entfernt mein Stativ samt Kamera aufgebaut hatte, habe ich durch das extreme Weitwinkel die komplette Zeile draufbekommen. Auch die quasi nicht sichtbare Verzeichnung trotz extremen Winkels hat mich wirklich positiv überrascht. Durch das Zoom kann man das Objektiv natürlich vielfach einsetzen in der Interior Fotografie, insbesondere für Gesamtraumansichten.

Vielleicht möchtet auch ihr euch an die Interior Fotografie heranwagen? Egal ob neue Instagram-Bilder für deinen Interior Blog, Fotografien von Cafés, Restaurant oder auch inszenierte Räume: Ich habe euch 5 Tipps direkt aus der Praxis mitgebracht, die auch für mich ein echter Game-Changer waren und sich universell anwenden lassen.

Los gehts mit dem ersten Tipp:

Aufräumen, aufräumen, aufräumen!

Klingt erst mal nicht wirklich nach einem Tipp, sondern einer Selbstverständlichkeit, oder? Aber aufräumen ist nicht gleich aufräumen, wenn es ums Fotografieren geht. Die Kamera nimmt den Raum anders wahr als unser Auge. Das liegt einerseits an der Perspektive, die unser Auge bzw. die Kamera einnimmt, andererseits natürlich auch an der Brennweite und folglich dem Bildwinkel. Gerade die weitwinkligere Brennweite entsprechen nicht dem „Bildwinkel“ unseres Auges. Was also auf den ersten Blick total ordentlich und stimmig wirkt, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung auf dem Rechner als doch nicht optimal. Schaut euch die beiden Bilder genau an. Achtet beim Vorher-Bild auf die Verteilung der Pflanzen und Objekte im Regal. Diese wurden für das finale Bild noch mal neu verteilt, sodass eine proportional stimmigere Verteilung entsteht. Auch die Tische wurden verschoben, am Regal ausgerichtet und die zwei Stühle dahinter entfernt. Diese waren für die Bildaussage nicht wichtig, hätten aber mehr Unruhe reingebracht. Auch die beiden Stühle im Vordergrund wurden noch mal genau positioniert. Achtet direkt vor Ort darauf, dass ihr wirklich bis ins kleinste Detail störende Objekte wegräumt und Elemente, die im Bild bleiben sollen, sinnvoll verteilt.
Das bringt mich direkt zum zweiten Tipp:

Schieße deine Bilder direkt in den Rechner

Dieser Tipp war für mich wohl der größte Game-Changer. Wie oft habe ich mich bei der Bildbearbeitung im Nachhinein über kleine Details geärgert, die on Location mit wenigen Handgriffen korrigiert gewesen wären. Als Beispiel: Kleine Flusen auf einem Teppich siehst du nicht durch den Sucher oder das Display deiner Kamera auf dem Rechner aber schon. Egal ob mit Tablet oder Laptop, es hilft ungemein, dein Bild zu komponieren. Es gibt heute zahlreiche Möglichkeiten, je nach Programm, das du verwendest und auch kabellose Optionen. Dafür lohnt es sich auf jeden Fall auf ein bisschen Flexibilität zu verzichten.
Auch Tipp drei schließt direkt daran an.

Wann immer möglich: such dir Hilfe beim Einrichten des Bildes

Optimal ist es, wenn du das Bild am Rechner im Auge behältst und eine*n Assistent*in oder Freund*in bittest, bestimmte Gegenstände und Möbel für dich einzurichten. Du bleibst hinter der Kamera und gibst die Änderungsanweisungen weiter. So sparst du dir ein Hin und Her zwischen Umräumen und Kontrollieren und sorgst damit für ein entspannteres und effektiveres Arbeiten.
Beim vierten Tipp gilt besonders Detail-Shots, aber auch für Gesamtansichten eines Raumes.

Stichwort: Gruppen und Überschneidungen.

Sicher ist dir schon aufgefallen, dass manche Bilder harmonischer wirken als andere. Das liegt unter anderem daran, dass einzelne Objekte speziell angeordnet werden. Bilde Grüppchen aus mehreren Gegenständen, das wirkt stimmiger als Paare. Innerhalb dieser Grüppchen könnte ihr die Objekte so anordnen, dass schöne Überschneidungen entstehen. Kleine oder niedrigere Objekte nach vorne, sodass sie die hinteren Objekte leicht überschneiden. Experimentiere ruhig mit der Bildwirkung, wenn du die Überlappung größer oder kleiner machst. Ihr werdet feststellen: Es gilt, das richtige Mittelmaß zu finden. Zu knapp wirkt beiläufig, zu viel stiehlt dem anderen Objekt die Show. Ihr könnt an den zwei Beispielbildern wieder ein vorher und nachher sehen. Die Kaktee stand zunächst seitlich zur Kamera und bildete ein Paar mit dem Laptop. Ich habe die Kaktee zunächst gedreht, sodass sie mehr Bildraum einnimmt und ein Wasserglas in die Komposition eingefügt: also eine Gruppe gebildet, die von Überschneidungen lebt.

Den fünften und letzten Tipp kannst du den beiden Küchenbildern entnehmen, die mit dem 12-24mm entstanden sind: So sehr ich cleane und minimalistisch Interior-Bilder mag, es bringt noch mal eine ganz andere Stimmung ins Bild, wenn sie mit Leben gefüllt werden. Räume sind für Menschen gemacht, deshalb ist es als Betrachter*in wichtig, ein Gefühl für den Raum zu bekommen. Auch Proportionen im Raum können so schneller erfasst werden, wenn sich eine Person mit im Bild befindet.

Schnapp dir eine Person, die für dich durch das Bild gehen kann

Bestenfalls in eher hellen, neutralen Farbtönen gekleidet, sodass es nicht zu dominant wird. Hier im Beispielbild, habe ich 1,6s Belichtungszeit genutzt. Teste zunächst unterschiedliche Bewegungen und Positionen. Je nach Geschwindigkeit der Bewegungen passt natürlich eine andere Belichtungszeit besser. Zu verschwommen sollte die Person am Ende auch nicht sein. Ich empfehle dir, erst mal eine optimale Blenden-/Belichtungszeit-Kombi für die Interior-Aufnahme zu finden und dann die Bewegungen darauf anzupassen. So reiht sich das Bild später auch nahtlos in weitere Interior-Aufnahmen ohne Menschen ein.

Hier gibt es die 5 Tipps nochmal zusammengefasst:

5 Dinge, auf die ihr in der Interior Fotografie achten solltet:

  1. Aufräumen, umsortieren, neu positionieren! Plane dein Bild bis ins kleinste Detail.
  2. Bilder direkt in den Laptop schießen! Nutze ein größeres Display, um Fehler direkt zu erkennen.
  3. Such dir Hilfe beim Umbauen! Zu zweit gehts einfacher, schneller und genauer. Du bleibst an der Kamera und gibst die Anweisungen.
  4. Objekte gruppieren und Überschneidungen einbringen. 3er Gruppen wirken harmonischer als Paare, durchdachte Überschneidungen bringen natürlichen Look.
  5. Bringt Leben ins Bild! Lass eine Person bei langer Belichtungszeit durchs Bild gehen, bestenfalls in neutralen Tönen gekleidet.

Ich freue mich, wenn ihr direkt einige davon umsetzt und sie euch weiterhelfen.

Verwendete Produkte:

Die Autorin

 
Magdalena Gruber
Interieur Fotodesignerin

Magdalena ist freiberufliche Fotodesignerin in Dortmund. Während ihres Fotografiestudiums hat sie ihre Faszination für den Raum entdeckt und fotografiert seither am liebsten Innenräume. Ob Menschen im Bild sind spielt eine untergeordnete Rolle, denn auch der leere Raum zeichnet ein ausdrucksstarkes Bild seiner Bewohner:innen und deren Geschichte. Klare Linien, natürliches Licht und ein dokumentarisch minimalistischer Blick sind ihr Mittel durch Räume Geschichten zu erzählen. 

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