Der „Bokeh-Meister“ in der Portraitfotografie
SIGMA 105mm F1,4 DG HSM | Art, eine Dimension für sich.
Was schreibt man über ein Objektiv, welches bereits so oft getestet und hochgelobt wurde? Schwierig, dachte ich mir. Vielleicht erzähle ich, wie mein Weg zu einem dieser wunderbaren Exemplare führte. Wer sich auf die Suche nach guten Objektiven begibt, wird zwangsläufig über das SIGMA 105mm F1,4 DG HSM | Art stolpern. Ich hatte dieses Objektiv aber lange Zeit gar nicht auf dem Schirm. Das hatte wohl den Grund, dass mein bevorzugter Brennweitenbereich zwischen 35 und 85mm liegt, und ich mit entsprechenden Objektiven eingedeckt und sehr zufrieden war.
Der besagte Brennweitenbereich bietet einen natürlichen, perspektivisch nicht verzerrten Eindruck einer Person. Grade ein 50mm, oder dessen APS-C Pendant, bietet mir genau diesen natürlichen Eindruck. Auch wenn ich in meinen Studioarbeiten gerne und oft zu meinen „Komfortzone“ Festbrennweiten greife, schaue ich immer nach neuen Einflüssen, die meiner Fotografie Abwechslung bringen. Das kann auch ein neues Objektiv sein, welches mich zu neuen Perspektiven zwingt und alte Strukturen durchbricht.
Erstmals kam ich mit der Brennweite 105mm bei meinem Test zum SIGMA 105mm F2,8 DG DN MACRO | Art in Kontakt. Auch wenn der Fokus hier bei Nahaufnahmen liegt, bekommt man ein gutes Gefühl für den Bildeindruck, der damit entsteht. Wirklich in der Hand hatte ich das SIGMA 105mm F1,4 DG HSM | Art dann bei einem Workshop, den ich für SIGMA auf der SCHAU!2019 von FotoMeyer in Berlin geben durfte. Schlussendlich waren es 3 Testbilder, die mir nicht aus dem Kopf gingen. Als Referent des Workshops war ich in einer Dynamik aus Kommunikation mit Teilnehmern, Lichtlehre und halt eben auch zeigen, wie ich fotografiere und was dabei herauskommt.
Da ein großer Teil meines Schaffens daraus besteht, etwas anders zu machen als man erwarten würde, bot es sich an, das größte Objektiv mit der kleinsten Kamera zu kombinieren. So kombinierte ich das SIGMA 105mm F1,4 DG HSM | Art mit einer Sony Alpha a6400, bat einen Teilnehmer eine Schablone in den Lichtweg zu halten und machte 3 Fotos. Das Model wechselten nach jedem Auslösen die Pose, ich den Abstand und Winkel. So entstanden 3 unterschiedliche Fotos, die allesamt Knackscharf waren und heute noch in meinem Portfolio zu finden sind.
Ein Objektiv, welches zu faszinieren weis.
Da war es nun um mich geschehen. Die Fotos des SIGMA Workshop hallten mir im Gedächtnis nach. Mir ist sehr bewusst, dass ich für meine Studioarbeiten diese Brennweite nicht zwingend benötige. Und auch wenn das SIGMA 85mm F1,4 DG DN | Art vom Blickwinkel in ähnliche Richtung schlägt, ist der Bildeindruck grade in der Ruhe des Bokeh ein anderer. Dies macht sich dann sehr deutlich, fotografiert man eine Person Ganzkörper, Outdoor. Die Freistellung wirkt wie ein Kunstwerk. Der Eindruck ist so ungewohnt, dass von ihm eine enorme Faszination ausgeht. Das Objektiv weis aber auch durch seine schiere Größe und Verarbeitung zu faszinieren. Hier wird eine ganz deutliche Sprache gesprochen. Kompromisslose Qualität. Die Größe und Menge der verbauten Linsen spricht für Perfektion in der Abbildungsleistung. Und so ist es auch. Verzeichnungen und Bildfehler sucht man vergebens. Auch das Gehäuse ist äußerst hochwertig gefertigt und besteht zum großen Teil aus Metall.
Technikecke:
Natürlich komme ich nicht darum herum, auf technische Details einzugehen.
Das SIGMA 105mm F1,4 DG HSM | Art gehört durch die hohe Lichtstärke zu den größeren Objektiven. Der Fokus wurde hier ganz deutlich auf maximale Abbildungsleistung gelegt. Der Durchmesser der Frontlinse ist mit 105mm schon gewaltig. 17 Linsen, die in 12 Gruppen agieren. Das Objektiv erreicht damit ein Gewicht zwischen 1625 und 1720g (je nach Mount) und ist damit in Größe und Gewicht vergleichbar mit einem 70-200mm F2,8. Der Fokus ist ausreichend schnell, treffsicher und leise. Der gesamte Fokusbereich ist in ca. 0,8Sek. durchfahren. Natürlich gibt es Spezialisten, die dies noch schneller schaffen. Bedenkt man die Menge an Glas, ist das schon eine beachtliche Leistung. Eine Stativschelle mit Arca-Swiss kompatiblen Anschluss ist im Lieferumfang enthalten und dürfte viele Käufer erfreuen. Findet die Stativschelle keine Verwendung, liegt ein Montagering dem Lieferumfang bei, der einen sauberen Abschluss bildet.
Das SIGMA 105mm F1,4 DG HSM | Art harmoniert sehr gut mit modernen spiegellosen Kameras. Grade die Gesicht- und Augenerkennung bringt den Fokus auf den Punkt. Die hohe Lichtstärke, und die sich daraus ergebene geringe Schärfentiefe ist nicht zu unterschätzen. Nutzer von Spiegelreflexkameras sollten hier auf jeden Fall im Hinterkopf halten, dass der Schärfepunkt bei offener Blende schnell mal auf der Nase landen kann. Insbesondere wenn man von der Naheinstellgrenze von 100cm gebrauch macht. Das Abblenden schafft dabei natürlich Abhilfe.
Ich kann natürlich jeden Fotografen verstehen, der nicht gerne abblendet. Die Entscheidung für ein Lichtstarkes Objektiv ist in der Regel ja eine Bewusste. Die Schärfe und das cremig weiche Bokeh bei offener Blende möchten viele nicht missen. Dennoch kann ich berichten, dass auch abgeblendet die Unschärfen niemals unruhig wirken. Auch wenn die optischen Eigenschaften überragend ausfallen, sind mir 2 Dinge aufgefallen die Nennenswert sind.
Das Objektiv hat bei offener Blende eine minimale Vignette. Ich mag das ja als Stilmittel. Hier ist sie so subtil weich verlaufend, dass man sie in der Regel gar nicht sieht. Bei eingeschalteter Korrektur in der Kamera oder im Bildentwickler wird sie einfach rausgerechnet. Des Weiteren reagiert das Objektiv durch die großen Linsen empfindlicher auf Gegenlicht im direkten Sichtbereich. Was bei der Porträtfotografie bewusst als Stilmittel genutzt wird, kann in anderen Aufnahmebereichen als störend empfunden werden. Das Objektiv ist erhältlich für das Canon EF-Mount, Nikon F-Mount, SA-Mount, Sony E-Mount, L-Mount.
Feel it:
Die Haptik ist natürlich ein subjektiver Eindruck. Ich selber scheue keine große und schwere Objektive. Die Stativschelle nutze ich als solche nicht, finde sie aber als Haltepunkt sehr angenehm. Der sich am Objektiv befindliche AF/M Schalter für den Autofokus ist gut erreichbar und gehört zum Standard der Art-Serie Objektive. Die Frontlinse wird von einer Steulichtblende geschützt, die sich sehr einfach aufsetzten und mit einer Rändelschraube fixieren lässt. Der im Lieferumfang enthaltene Köcher ist innenseitig gummiert und rundet den gesamten hochwertigen Eindruck ab.
Fazit:
Ich mag das SIGMA 105mm F1,4 DG HSM | Art sehr. Extreme Freistellung gepaart mit hoher Bildschärfe machen das Objektiv zu einem der Besten am Markt. Betrachtet man das traumhaft weiche und cremige Bokeh ist es sicher einzigartig. Spannend wird sein, ob es irgendwann eine Neuentwicklung für spiegellose Systeme geben wird. Ähnlich wie bei der Neuentwicklung des SIGMA 85mm F1,4 DG DN | Art könnten hier das Abmaß noch einmal deutlich schrumpfen. Das SIGMA 105mm F1,4 DG HSM | Art, der „Bokeh-Meister“ ,wie es so schön genannt wird….ist jeden Euro wert.
Model: Anny www.instagram.com/_annyxle/
Erwähnte Produkte:
Frank Jurisch ist ein Studiofotograf und Workshopleiter aus Oberhausen. In seinem Studio arbeitet er ausschließlich mit LED Dauerlichtern und hat den Fokus auf Lichtsprache gesetzt. Zudem hat er eine Leidenschaft für die Beautyretusche und kann sich darin stundenlang verlieren.