Urbane Automobil Fotografie mit einer Festbrennweite
Im August letzten Jahres bekam ich die Chance für den Elektroauto-Hersteller Polestar das neueste Modell, den Polestar 2 zu fotografieren. Im Rahmen der Vorproduktion starte ich zunächst immer erstmal mit der Recherche zum Hersteller, dem Konzern, den Designern der Fahrzeuge und vor allem den bisherigen Fotos. Mir geht es dabei darum, ein Gefühl für die Bildsprache zu entwickeln, die Linienführung des Designs zu verstehen und heraus zu finden, für welchen Markt und welche Zielgruppe meine Arbeit später funktionieren muss.
Bei Polestar handelt es sich um eine junge Marke mit frischer und moderner Bildsprache, entsprechend habe ich mich dafür auch nach passenden Locations umgesehen. Von Anfang an war eines bereits klar: Wie immer würde ich versuchen, das gesamte Projekt mit dem SIGMA 35mm F1,4 DG HSM | Art zu fotografieren. Es bietet für mich den perfekten Kompromiss aus Weitwinkel- und Portrait-Objektiv sowie einer perfekten Schärfe über den gesamten Bildbereich selbst bei Offenblende. Auf diese Punkte ausgelegt, habe ich auch die Suche nach den Locations begonnen. Sie mussten weitwinklig funktionieren, durch Design, Symmetrie oder Architektur überzeugen, gleichzeitig aber auch zur richtigen Tageszeit den richtigen Lichteinfall bieten. Dafür arbeite ich gern mit der 3D Funktion von Google Maps in Verbindung mit der App „Sun Seeker“. So kann ich ohne großen Aufwand ganze Stadtteile überfliegen, mir interessante Orte räumlich anschauen und ebenso einen Überblick bekommen, wann dort die Sonne wo stehen wird.
Letztendlich habe ich mich größtenteils für urbane Locations entschieden. Wichtig war mir, dass ich mit dem SIGMA 35mm F1,4 DG HSM | Art unterschiedliche Perspektiven und Blickrichtungen wählen kann, ohne dass mir die Location im Hintergrund ausgeht oder ich bestimmte Bereiche „verstecken muss“. Ebenso wollte ich flexibel bleiben, verschiedene Blickwinkel ausprobieren und effizient arbeiten können, da ich an einigen Locations nur sehr kurze Zeitfenster hatte, in denen das Licht nach meinen Vorstellungen war.
Grundsätzlich versuche ich möglichst zeitnah nach Sonnenaufgang oder vor Sonnuntergang zu fotografieren und die Mittags-Sonne zu meiden. Das flache Licht rund um den Mittag nimmt vielen Bildern die Tiefe und Plastizität, sorgt aber vor Allem auch für sehr starke Kontraste auf, neben und unter dem Auto. Als Stilmittel kann dies sinnvoll sein, im Regelfall versuche ich es jedoch zu vermeiden. Beim Fotografieren habe ich für einige Motive einen Pol-Filter (Polarisations-Filter) eingesetzt, bei manchen nicht. Dies entscheide ich in der Regel vor Ort spontan, je nachdem ob mir bestimmte Spiegelungen im Lack oder auf den Scheiben gefallen.
Als hilfreich bietet sich in nahezu allen Situationen ein Assistent oder ein guter Freund. Dieser kann das Auto um parken und fahren, ebenso aber auch ein Auge auf die Zündung/das Tagfahrlicht haben und das Bremslicht aktivieren. Um das Auto ideal zu positionieren ist es ebenfalls unumgänglich den Vorgang von außen zu steuern und nicht stetig aussteigen zu müssen um zu schauen, ob das Auto nun aus der richtigen Perspektive am richtigen Ort steht.
Anschließend arbeite ich mich von weitwinkligen Perspektiven hin zu Detailaufnahmen, so entdecke ich immer wieder von selbst neue Blickwinkel, Linien des Designs oder besondere Details am Auto. Auch Symmetrien und Eigenschaften im Hinter- und Vordergrund können Anhaltspunkte für Perspektiven sein und das Design des Fahrzeugs hervorheben.
Oft arbeite ich zusätzlich mit der Blende, je nachdem ob ich bestimmte Bereiche des Bildes durch Unschärfe ausblenden oder alle Bereiche scharf abbilden möchte. Hier empfiehlt es sich manchmal einfach mehrere Motive zu probieren und die finale Auswahl später am großen Monitor zu treffen. Manche Fotos funktionieren zunächst nicht auf dem Vorschau-Display der Kamera, stellen sich später auf dem großen Monitor jedoch deutlich besser heraus als erwartet.
Für manche Fotos habe ich zusätzlich einen Schraub-Filter genutzt, der eine Weichzeichnung der Highlights erzeugt. Der Filter nimmt dem Bild ein wenig die digitale Schärfe und lässt es organischer wirken. Der Einsatz sollte gut bedacht sein, da der Effekt in der Nachbearbeitung nur schwer rückgängig gemacht werden kann und nicht zwangsweise jedem Kunden gefällt.
Am Ende entsteht so eine große Auswahl an unterschiedlichen Bildern mit frischen Perspektiven sowie den wichtigsten Merkmalen des Autos – eine Harmonie aus Architektur und Produktdesign. Nicht jedes Bild, was es nicht in die finale Auswahl geschafft hat, ist „nichts geworden“.
Ich versuche für jedes Projekt ein Gleichgewicht aus klassischen Motiven und innovativen Blickwinkeln zu schaffen. So kommt es nicht selten vor, dass manche Perspektiven es nicht in die aktuelle Auswahl schaffen, dafür aber im Moodboard für das nächste Projekt landen. So schafft man selbst direkt einen Start für das nächste Projekt, kann gegebenenfalls Locations nochmals mit anderen Perspektiven verwenden und bleibt motiviert, seine Kreativität stetig neu zu fordern.
Erwähnte Objektive:
Fabian Stoffers lebt und arbeitet als Fotograf in München. Seine Fotografie ist Ausdruck seiner Begeisterung für Sport und Musik. Sie steht für außergewöhnliche Perspektiven, kraftvolles Licht, modernes Design und grafische Kadrierungen. Er liebt kurze Augenblicke großer Emotionen und gewinnt Menschen schnell mit seiner lockeren Art.