Eine Hymne an die Möhre – Foodfotografie unter Zeitdruck
Gibt das Leben dir Zitronen, mach Limonade draus. Gibt das Leben dir Möhren, mach 20 Gerichte draus und fotografiere sie.
Ich mag ja solche Aufträge. Tasche packen. Morgens um vier Uhr in die Bahn steigen. Ab nach Frankfurt. Das Ziel: Heute werden Möhren fotografiert.
Das Konzept war fantastisch. Im Rahmen des ersten CookTank von Transgourmet Deutschland versammelten sich zehn Spitzenköche in einer Offenbacher Küche und bereiteten jeweils zwei Gerichte mit der Möhre als Star auf dem Teller zu. Fleisch ist auch erlaubt, aber der Möhre gehört die Bühne. Die Idee dahinter: Gemüse ist der neue Star auf unseren Tellern. Dabei geht es nicht um Veganismus oder sonstiges, sondern rein um die Neugierde, die kulinarischen Potenziale von Gemüse neu zu entdecken. Aus einem Stück Fleisch kann man dutzende Gerichte zubereiten. Man kann es braten, im Ofen garen, auf dem Grill smoken, im warmen Wasser auf den Punkt ziehen lassen, es kochen oder roh genießen. Doch wie schaut es mit einer Möhre aus? Kann man auch hier so vielseitig kochen, dass das Stück Fleisch auf dem Teller zum Nebendarsteller wird? Die Antwort ist: Ja! …Aber das soll nicht der Fokus dieser Geschichte sein. Hier geht es um Fotografie! Konzentrieren wir uns wieder auf die Offenbacher Hinterhofküche…
Ziel war es, das Event fotografisch zu begleiten. Das bedeutet: Alle Gerichte und Protagonisten sollten fotografiert und für die spätere Verwendung auf der Webseite und den Social Media Kanälen aufbereitet werden. Die Location befand sich in einem charmanten Hinterhof eines alten Backsteingebäudes. Große Fenster erstreckten sich über eine Seite des Raums – indirektes Tageslicht war so gegeben. So weit, so gut. Da ich aus Berlin angereist bin, hatte ich nur leichtes Gepäck dabei. Eben nur meine Canon 6D (mittlerweile bin ich auf die Mark IV umgestiegen), mein SIGMA 24-70mm F2,8 DG OS HSM | Art und eine 50mm Festbrennweite F1,2 von Canon, die ich den Tag aber nur einmal kurz montiert hatte, um dann wieder auf mein verlässliches SIGMA Objektiv umzusteigen. Aber nicht, weil das Canon-Objektiv schlecht wäre… Den Grund erkläre ich an späterer Stelle. Was im kleinen Gepäck ebenfalls nicht vorhanden war: jegliche Art von Deko. Keine Untergründe, keine Teller, kein nix. Ich konnte nur mit dem arbeiten, was ich in der mir bis dahin unbekannten Location vorfinden konnte. Also, erstmal auf Trüffelsuche gehen. Untergründe… Teller… Besteck. Mit großer Freude erspähte ich dann eine alte, hölzerne und ordentlich in Mitleidenschaft gezogene, verölte und zerkratzte Werkbank. Ein Traum. Schnell alles runter geräumt, Platz gesichert – auf ins Getümmel!
Im Hintergrund begannen die Helden und Heldinnen am Herd bereits mit der Zubereitung der ersten Gerichte. Mittlerweile war es Mittag. Noch vier Stunden Sonnenlicht. 20 Gerichte to go. Jedes Gericht wurde noch erklärt, verkostet und analysiert. Dann musste alles ganz schnell gehen. Teller für Teller kam geflogen. Zwischendurch ein paar Stimmungsbilder vom regen Treiben. Dann wieder ran an die Werkbank. Deko verschieben. Koch drapieren. Auslösen. Next. Es gibt sicherlich dutzende Regeln, wie man richtige Food Fotografie macht. Die kann ich euch aber nicht nennen. Am Ende ist es ein Gefühl. Es muss dem Auge gefallen. Es muss interessant sein. Die richtige Bildaufteilung ist wichtig. Man muss sich in seine Umgebung einfühlen und Möglichkeiten erkennen. Man muss auf dem Bild immer was entdecken können und klar erkennen, worum es geht. Ob da mal die Serviette zwei Zentimeter weiter links liegt oder ein Fingerabdruck am Teller pappt, war mir hier egal, passte dieses Unperfekte doch zum wilden Treiben dieses Tages. Ich hatte Glück, dass die Werkbank da war und dass ich so fantastische Köche und Köchinnen vor mir hatte, die aus jeder Möhre ihre wahre Schönheit hervorbrachten. Und – ich hatte Glück, dass die Technik mich nicht im Stich gelassen hat.
Lebensretter war hier – wie so oft – das Objektiv von SIGMA. Das 24-70mm ist mein Held in allen Lagen. An einen Objektivwechsel konnte ich in dem Moment gar nicht denken, da es nur noch Schlag auf Schlag ging und ich mit dem Objektiv einfach am flexibelsten arbeiten konnte. Zwei voluminöse Schweißperlen glitten mir von der Stirn. Man stelle sich einen leicht füllig gebauten Mann, einbeinig auf einem wackligen Stuhl über einer Möhre stehend vor, der mit angespannter Pose das Möhrengrün stupst. Anmutig und filigran und zugleich doch zerbrechlich… Und dem Sturz nahe. Doch ich spürte die Sicherheit in der Hand. Das Objektiv hat das Licht optimal eingefangen, war verlässlich scharf und gab mir genügend Spielraum aus anderen Blickwinkeln und mit unterschiedlichen Brennweiten zu fotografieren. Selbst als zum Ende hin die Sonne nicht mehr recht den Hinterhof erhellen wollte, gelang noch jedes Bild.
Mit Einbruch der Nacht war alles geschafft. Jede Möhre wurde fotografiert. Jeder Koch und jede Köchin wurde ins richtige Licht gerückt – nun hatte ich Hunger. Es gab Möhre. Und ein Glas Wein. Und dann noch eins. Auf einem Bein kann man halt nicht stehen. Noch etwas vom Möhrenmarzipan… ein guter Tag ging zu Ende.
Eingesetzte Objektive:
Ich bin Genussmensch an allen Ecken und fotografiere seit mehreren Jahren für verschiedenste Unternehmen alles rund um Food, Produzenten und Menschen. Als pragmatischer Autodidakt fotografiere ich viel nach Gefühl und als Geschäftsführer einer Social Media Agentur habe ich beim fotografieren auch immer gleich die Marketingbrille mit auf. Der Fotografie verdanke ich alles! Sie ist Türöffner, Begeisterungsstifter und Glücksspender. Ich bin sehr froh, mich hier beruflich kreativ betätigen- und die Geschichten meiner Motive erzählen zu dürfen.