Im Gespräch mit Charlene Förster

Charlene Förster ist eine Geburtsfotografin im schönen Saarland und Mama von einem kleinen Jungen. Die Fotografie nutzt sie wie ihre Leinwand, um ihre Emotionalität und Vulnerabilität künstlerisch ausleben zu können. Sie schafft es die Geschichten der Frauen fotografisch einzufangen und in unvergessliche Erinnerungen zu wandeln. Ihre Leidenschaft gilt vor allem der Geburtsfotografie, bei der sie die werdende Mutter während diesem Lebensabschnitt begleitet und dabei diese besondere und facettenreiche Transformation einer Frau festhält.

Wir möchten vorweg nehmen, dass dieses Interview mit intimen Bildern, die den Moment einer Geburt, den Schmerz und das neue Leben unzensiert zeigen, untermalt wird.

Hallo Charlene, wie geht es dir? Erzähl uns doch ein wenig von dir! 

Hallo, mir geht es gut danke. Ich lebe mit meinem Mann und unserem Sohn im Saarland und werde im April 30 Jahre alt. Zum Jahresende 2018 habe ich mich mit meiner Fotografie selbständig gemacht und zum Beginn des Jahres 2020 mich dann auf die Geburtsfotografie spezialisiert.
Ich begleite und zelebriere mit den Familien ihre Reise von der Schwangerschaft, über die Geburt bis hin zum Wochenbett.

Eigentlich bist du gefühlt rund um die Uhr in Foto-Bereitschaft und wartest darauf, dass deine Kundinnen anrufen und sagen „Das Baby kommt!“.

Ja das stimmt, durch die Geburten habe ich eine Rufbereitschaft von 5 Wochen und bin somit 24/7 in meiner Foto-Bereitschaft. Es gibt Zeiten in denen sich die Rufbereitschaft mit einer anderen Familie überschneidet, was aber nicht gleich zur Folge hat, dass die Babys am selben Tag geboren werden, bisher hatte ich das Glück und die Babys haben sich dafür entschieden, dass ich die Geburt mit begleiten durfte. In seltenen Fällen ist mal eine Woche oder mehr eine Rufbereitschaftspause, das letzte halbe Jahr war ich z. B. Non-Stopp in der Rufbereitschaft.

Wie meisterst du dabei Privat- und Berufsleben?

Puh das ist eine gute Frage. Also ohne die Unterstützung meiner Familie wäre das alles nicht möglich. Da muss ich wirklich immer wieder ein riesen Danke an meine Familie sagen!
Mein Mann übernimmt sozusagen mit mir die „Nachtschicht“ und Omas und Opas sind auch jeder Zeit rufbereit. Das verlangt der ganzen Familie natürlich viel ab.
Wir haben eine Messenger Gruppe, in der ich die ganze Familie auf dem laufenden halte, womit jeder den Überblick behält. Für den Fall der Fälle habe ich meine wundervollen Kolleginnen die für mich als Backup einspringen können, falls das nötig wäre.

Im Alltag kann es schon auch mal etwas schwieriger werden, da ich nie weiß wann genau ein Baby geboren werden möchte. So sind in der Zeit der Rufbereitschaft größere Ausflüge gestrichen, wie auch weitere Fahrten die mehr als 30 Minuten beinhalten. Oft sind die Geburten bis zu einer Stunde / eineinhalb Stunden von mir entfernt, da können 30 Minuten zusätzliche Anfahrt schon zu viel sein, weshalb ich dann die Geburt verpassen könnte. Ich bin ehrlich, es kann dadurch ein dauerhaftes Stresslevel entstehen, denn es muss immer alles griffbereit und am aller wichtigsten das Handy laut und voll geladen sein.
Egal ob als Hebamme, Doula oder Geburtsfotografin, die Rufbereitschaft kann viel von einem abverlangen und hat im Alltag ihren Preis.

Wie bist du eigentlich zur Fotografie gekommen? Hast du eine klassische Ausbildung absolviert oder hast du deine Leidenschaft zum Beruf gemacht?

Im Jahr 2011 habe ich mich dazu entschieden eine Fachoberschule mit dem Schwerpunkt Gestaltung zu besuchen. Das Kreative lag mir schon immer und so wusste ich, ich möchte diese Richtung einschlagen. Ich begann also meine letzte schulische Ausbildung auf der FOS Eugen-Kaiserschule in Hanau und somit auch das erste Jahr im Praktikum bei dem Fotografen Patrik Liste. Dort durfte ich ihm bei Hochzeiten und verschiedenen Werbeshootings assistieren, wie auch bei der Bildbearbeitung; was definitiv der Grundstein meiner fotografischen Laufbahn war.

Nach meinem Fachabitur wollte ich vor meinem geplanten Studium eine „Auszeit“ machen, so verfiel ich dem Westernreitsport und der Sportfotografie.
Aus dem schulischen Start wurde so eine Leidenschaft zum Beruf.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben? Und wie hat sich dieser Stil mit der Zeit entwickelt?

Ich würde meinen Stil als roh, moody und bold beschreiben. Ich möchte, dass der außenstehende Betrachter alles nachempfinden kann. Gerade bei der Geburtsreportage kann man nichts planen, ich sehe was ich fühle und möchte dadurch den Blick auf das große Ganze geben können, aber auch auf die Details, wie auch die Blickwinkel der Familie. Ich möchte die natürlichen Hautfarben in meiner Bildbearbeitung unterstreichen, um gerade für die Dokumentation die Echtheit zu behalten. Für mich ist ein wichtiger Begleiter das Licht, das natürliche Licht, wie auch durch den Blitz erzeugte Licht. Es ist für mich ein Verstärker für die starken Emotionen.

Um die Emotionen noch einmal zu verstärken, bin ich von dem matten Look mehr zu den stärkeren Kontrasten gewechselt, wobei ich auf den matten Look nicht ganz verzichten kann. Gerade bei der Geburt, verliert man oft als Mutter die Erinnerungen, so sind also die kleinen Fältchen der Babys, wie auch die noch etwas zerknautschten Ohren etwas was unvergessen bleiben sollte.

Was genau fasziniert dich am meisten an der Geburtsfotografie? Was beinhaltet sie alles für dich?

Was mich am meisten an der Geburtsfotografie fasziniert, das ist wohl das große Ganze. Für mich gebärt eine Frau nicht nur ihr Kind, sondern auch sich selbst als Mutter. Es ist die ursprünglichste Transformation des Lebens. Seit Anbeginn dieser Erde, der Säugetiere und der Menschen wird geboren. Es ist somit größer als wir selbst.

Es ist die Stärke und der Mut der Frau, die Vorfreude, manchmal auch die Ängste, die Schmerzen und der Zusammenhalt als Familie, was mich immer wieder aufs Neue fasziniert.

Die Geburt ist ein so vielschichtiges, emotionales und starkes Erlebnis, das man kaum in Worte fassen kann. Für mich hat es auch politische Aspekte, jede Frau hat das Recht auf eine selbstbestimmte Geburt und das ist nicht immer der Fall. Bis zu der Geburt meines Sohnes wusste ich selbst nicht genau was mich erwartet und in meinen Gedanken hatte ich mir vieles anders vorgestellt. Ich möchte zukünftigen Eltern zeigen, dass es selbstbestimmte Geburten gibt, wir in der Zusammenarbeit mit der Geburtshilfe die Familien vorbereiten können und somit verzerrte Bilder der Geburt lösen und für eine Enttabuisierung laut werden können / sollten.

Die Geburt ist so facettenreich und jede von ihr einmalig, es ist für mich ein einschneidendes und sehr prägendes Erlebnis. Es schenkt mir eine unglaubliche fülle, das Vertrauen der Familien entgegen gebracht zu bekommen und zu ihren Geburten eingeladen zu werden, um ihnen diese einzigartige Reise fotografisch für immer festzuhalten.

Wenn du dich entscheiden müsstest: welches ist dein selbstgeschossenes absolutes Lieblingsfoto und was ist die Geschichte dahinter?

Wenn ich ehrlich bin habe ich nicht das eine Lieblingsfoto, da jede Geburt für mich etwas ganz besonders ist. Welches aber für mich in meiner Laufbahn der Geburtsfotografie mein bisher größter Erfolg war, ist das Bild „The Origin of Life“ womit ich den ersten Platz in der Kategorie Birth Details im Members Choice und der Jury des internationalen Wettbewerbs der International Association of Professional Birth Photographer gewonnen habe. Das Bild zeigt sehr detailliert den Übergang der Welten, den Ursprung unseres Lebens. Schön zu sehen ist dabei, wie die Hebamme das Kind empfängt und die Besonderheit der Glückshaube des Kindes (wenn das Kind mit der Fruchtblase über dem Kopf oder das Gesicht geboren wird).

SIGMA 105mm F1,4 DG HSM | Art – 1/200s – F3,5 – ISO: 500
Wenn Zeit, Geld und andere Faktoren keine Rolle spielen würden: Wie würde dein absolutes Traumprojekt aussehen?

Da gibst wohl zwei Projekte, einmal bin ich ein riesen Fan von der Editorial Fotografie und würde gerne meine Ideen umsetzten, natürlich zum Thema der Mutterschaft. Mein anderes Projekt wäre es zu reisen, um mehr von den verschiedenen Kulturen zeigen zu können und vor allem aber auch wichtige Themen dadurch mehr Aufmerksamkeit zu geben. Die rohen Momente im Leben, die nicht immer in dem Moment mit Freude und einer Illusion von Perfektion einhergehen, sondern auch dem Schmerz, oder die Überforderung, all das was uns in unserer Reise in der Elternschaft vielleicht einmal verzweifeln lässt, uns aber auch unendlich viel Wachstum schenkt. So wie das Leben ist, mit allen Höhen und Tiefen, mit der Freude, dem Lachen aber auch mit den Tränen.

Mit welchem Objektiv fotografierst du derzeit am liebsten? 

Am liebsten Fotografiere ich mit dem SIGMA 35mm F1,4 DG HSM | Art und dem SIGMA 105mm F1,4 DG HSM | Art.

Was darf für dich auf keinen Fall in der Fototasche fehlen?

Welches auch immer dabei sein muss, ist mein geliebtes SIGMA 24-70mm F2,8 DG HSM | Art. Das 85mm F1,4 DG HSM | Art ist bei mir auch zu Hause aber das 105mm gibt mir gerade bei der Geburtsreportage die Möglichkeit mit Abstand doch ganz nah zu sein.

Sonst habe ich im Wochenbett immer noch die Makro Linse SIGMA 70 mm F2,8 DG MACRO | Art im Gepäck, welches mich die ganzen wundervollen Makro Aufnahmen zaubern lässt. Last but not Least meine zwei Aufsteckblitze, die ich für die Geburten immer mit dabeihabe.

Wir wissen z. B., dass du für deine Shootings, ob im Kreissaal, zuhause oder Outdoor, verschiedene Objektive einsetzt. Wann kommen welche Objektive zum Einsatz und warum? Was ist dir bei den einzelnen Aspekten wichtig?

Wenn es mal schnell gehen muss, dann nutze ich das 24-70mm. Durch das Zoom bin ich maximal flexibel und kann so die Geburten oder auch das Wochenbett in jeder Situation mit nur einem Body und der Linse begleiten.
So entstehen viele verschiedene Aufnahmen aus einem Winkel, die ein schönes Storytelling ergeben, gerade wenn eine Geburt schnell verläuft, ist das für mich ein musthave wenn man nur einen Body bevorzugt.

Ansonsten sind die lichtstarken Festbrennweiten meine Favoriten, natürlich ist es leichter zwei gleiche Kamera Bodys zu haben, das spart in der Dokumentation Zeit, da man nicht ständig die Linse wechseln muss. Es gibt Geburten, die sehr liebevoll mit Lichterketten geschmückt sind und auch wenn es selten ist, da die Familien den Blitz während der Geburt meist nicht mitbekommen, entscheide ich mich dafür keinen Blitz zu nutzen. Da sind die Festbrennweiten einfach unersetzbar. Gerade in den hohen ISO zahlen macht es einen riesen Unterschied mit welcher Blende ich fotografiere, es lässt mich so ganz spielerisch das Licht nutzen und auch wenn es nicht so clean ist wie sonst die meisten Geburtsfotografien von mir, hat es einen ganz eigenen und besonderen Charme.

Deine 3 Tipps für ein wirklich gelungenes Foto?

Für mich ist es sehr wichtig die Emotionen einzufangen, aber auch die Details. Ich kann daher als ersten Tipp geben, seine Kamera wirklich bedienen zu können, lerne sie kennen, experimentiere und probiere dich aus.

Tipp 2: Bildschulung, schaue dir Kunstwerke, Fotografien an, lerne das Licht zu verstehen und lasse dich davon inspirieren. Das war und ist für mich ein ganz großer Bestandteil gewesen auch in meiner Bildbearbeitung.

Tipp 3: Ansonsten sollte man nicht aufgeben und seine Ideen immer versuchen umzusetzen, manchmal braucht es Zeit und Rückschläge um sein Ziel zu erreichen.

Wie wird es jetzt bei dir weitergehen? Was möchtest du als Fotografin in naher Zukunft erreichen?

Mein Wunsch ist es mich stetig zu verbessern, aber auch mich wieder mehr meiner Kreativität zu widmen. Zu den anstehenden Geburten möchte ich auch noch mein neues Projekt „die Wilde Frau“ umsetzten. Egal ob Mutter oder nicht, ich möchte in einem vertrauten Raum den Frauen ein Spiegel ihrer selbst sein. Oft verlieren wir im Alltag den Zugang zu uns selbst, es soll eine Hommage an die Frauen sein, so sein zu dürfen wie sie sind und dafür sich zu zelebrieren. Denn wir sind alle so individuell und wunderschön, das möchte ich mit allen teilen.

Ansonsten möchte ich mich in Sachen Workshops und Coachings herantasten und bin schon ganz gespannt was das Jahr alles noch mit sich bringt. Ich freue mich darauf!

Welchen Rat möchtest du unseren Lesern hier noch mit auf den Weg geben?

Wenn ich einen Rat geben kann, dann seid mutig, folgt eurem Herzen und gebt nie auf. Das Leben hält so vieles für uns alle bereit. Ich habe es noch nie bereut meine Leidenschaft zum Beruf gemacht zu haben.

Ich bin sehr glücklich wie es läuft und mache etwas was ich liebe und dafür bin ich unglaublich dankbar.

Eingesetzte Objektive:
 
Charlene Förster
Geburtsfotografin

Charlene Förster ist Mama von einem wunderbaren Sohn und arbeitet als Geburtenfotografin im Saarland.

Als intuitiver und emotionaler Mensch, ist die Fotografie ihre Leinwand um ihre Emotionalität und Vulnerabiliotät künstlerisch auszuleben. Ihr liegt es sehr am Herzen, den Frauen zu zeigen, dass sie fähig, unglaublich stark und wunderschön sind. Sie möchte mit ihren Bildern zeigen, dass man keine Angst vor der Geburt und der Mutterschaft haben braucht, sie möchte Frauen und zukünftige Mütter darin bestärken selbstbestimmt und selbstbewusst ihren Weg zu gehen.

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