Testbericht über das SIGMA 100-400mm F5-6,3 DG DN OS | Contemporary © Robert Sommer

Tierfotografie mit dem SIGMA 100-400mm F5-6,3 DG DN OS | Contemporary

Hallo zusammen,

vor einer Weile hatte ich die Möglichkeit SIGMAs neueste Kamera unter die Lupe zu nehmen, die SIGMA fp L. Um mir ein genaues Bild machen zu können, habe ich natürlich eine ganze Reihe verschiedener Objektive verwendet. Dabei kamen dank eines Adapters zum Teil meine eigenen Objektive mit EF-Anschluss zum Einsatz. Für den Test der Kamera hatte ich aber auch das SIGMA 100-400mm F5-6,3 DG DN OS | Contemporary, sowie das SIGMA 105mm F2,8 DG DN MACRO | Art bekommen, welche ich direkt an die Kamera anschließen konnte.

Bei dem Test hatte mich das 100-400er besonders neugierig gemacht. Ich entschied mich also dazu das Objektiv noch mal gesondert zu leihen, um mich nur darauf zu konzentrieren. Da ich derzeit eine spiegellose Canon besitze, für dessen Anschluss das Objektiv nicht verfügbar ist, habe ich mir zu dem Objektiv direkt noch eine Sony geliehen. Was dabei rausgekommen ist, möchte ich heute in diesem Blog zeigen.

Auch wenn Corona und die damit verbundenen Beschränkungen glücklicherweise langsam zurückgehen, so habe ich mich doch daran gewöhnt verstärkt in der näheren Umgebung zu fotografieren. Und so war ich auch jetzt wieder an meinem Lieblingssee unterwegs, zu dem ich nur zehn Minuten brauche. Die Location ist ideal um das Tele zu testen, da es dort eine ganze Menge verschiedener Vogelarten gibt. Besonders interessant ist es immer wieder die Graugänse zu fotografieren. Diese sind in der Regel ziemlich scheu, hier in der Stadt sieht das jedoch anders aus. Man kommt generell sehr nah heran und hat so allerlei Möglichkeiten für schöne Fotos. Gerade zu der Zeit, wenn die kleinen Gössel schlüpfen, macht das Fotografieren so richtig Spaß. Denn das bedeutet, dass dann endlich so richtig Frühling und um einen herum alles wieder voller Leben ist.

Als ich das 100-400er das erste Mal in der Hand hielt, fiel mir etwas sofort auf – das Gewicht. Das Objektiv ist unglaublich leicht und wirklich klein. Ich bin normalerweise mit dem SIGMA 500mm F4 DG OS HSM | Sports (3310g) oder dem SIGMA 60-600mm F4,4-6,3 DG OS HSM | Sports (2700g) unterwegs und da hat man durchaus was zu schleppen, aber das 100-400er wiegt gerade einmal 1140g. Zudem ist es wirklich handlich und es war eine wahre Freude sich einfach die Kamera mit dem Objektiv umzuschnallen und auf Entdeckungstour zu gehen.

Meistens bin ich früh morgens unterwegs. Alles ist noch still und unaufgeregt. Die ersten Graugänse sind wach und machen einen kleinen Familienausflug auf dem See, auf dem noch etwas Nebel liegt. Und auch der Graureiher, der hier jeden Morgen seine Fische fängt, dreht schon seine Runden. Wenn dann langsam die Sonne aufgeht, entsteht ein ums andere Mal eine mystische Stimmung. Der Nebel scheint zu brennen und alles leuchtet in orangefarbenen Tönen.

Wenn ich mit einem Telezoom Vögel im Flug fotografiere, dann zoome ich meistens recht weit raus, um den Vogel zunächst einfacher im Sucher finden zu können, da bei 100mm Brennweite der Bildausschnitt wesentlich größer ist, als mit 400mm. Sobald ich ihn habe, zoome ich voll rein und verfolge ihn dabei. Der Zoomring hat Dank der Gummierung eine gute Haptik und lässt sich angenehm leichtgängig bewegen.

Gerade bei der Tierfotografie spielt auch der Autofokus eine entscheidende Rolle und auch hier macht das 100-400er einen wirklich guten Eindruck. Selbst kleine Blaumeisen im Flug waren kein Problem.

Eines meiner liebsten stilistischen Mittel bei der Fotografie ist das Bokeh. Aus diesem Grund ist es für mich auch wichtig, wie ein Objektiv genau dieses darstellt. Bokeh kann durch verschiedene Arten und Weisen erzeugt werden. Eine einfache Möglichkeit ist es, wenn man durch einen Busch hindurch fotografiert. Die Blüten und Blätter sind dann unscharf und geben dem ganzen Bild einen Rahmen. Bei der Graugans, die mit den Flügeln schlägt, erzeugt das Bokeh der unscharfen Blüten insgesamt mehr Spannung im Bild. Von einer Graugans auf dem Wasser hatte ich an dem Morgen schon einige Fotos im Kasten. Durch das Bokeh hat man dann aber noch viele kreative Möglichkeiten ein und dasselbe Motiv auf verschiedenste Weisen abzulichten. So wird es auf jeden Fall nicht langweilig.

Bokeh entsteht nicht nur durch unscharfe Objekte im Vorder- bzw. Hintergrund, sondern vor allem auch wenn sich die Sonne z. B. in kleinen Wassertropfen auf der Wiese spiegelt und dann das Licht der Spiegelung direkt auf den Sensor trifft. Man kann diesen Effekt oft am besten erreichen, wenn die Sonne recht tief steht und sich die Kamera ebenfalls dicht über dem Boden befindet. Befindet sich die Kamera beispielsweise direkt über der Wasseroberfläche, dann reichen oft schon kleine Staubpartikel auf der Wasseroberfläche aus, um ein schönes Bokeh zu erzeugen.

Oder man hat früh morgens noch etwas Tau auf dem Gras. Auch hier bietet sich dann eine tiefe Kameraposition an, um den Effekt am besten hervorheben zu können.

Bei dem Graureiher habe ich eine Kombination aus beidem verwendet. Der Reiher stand genau an der Wasserkante und wartete darauf endlich einen Fisch zu erbeuten. Da die Reiher dabei eine gefühlte Ewigkeit bewegungslos verharren können, verschwimmen sie fast mit ihrer Umwelt.

Ich habe von etwas weiter weg genau im Gegenlicht durch einen Busch fotografiert, der noch über und über mit Tautropfen bedeckt war. Vom Graureiher war damit nur noch die Silhouette erkennbar, wodurch ich die Verschmelzung des Vogels mit seiner Umgebung darstellen wollte.

Ich hatte mich bei meinem Test prinzipiell auf Vögel konzentriert, aber als ich eine Wiese mit Wiesenschaumkraut entdeckte, hoffte ich auch noch einen Aurorafalter zu finden. Die Falter nutzen die Pflanze als Schlafplatz für die Nacht. Das einzige was schlafend an einer der Blüten hing, war jedoch eine kleine runde Hummel. Aber ich war froh überhaupt etwas gefunden zu haben. Bei einer Naheinstellgrenze von 1,60m eignet sich das 100-400er durchaus auch dazu Blumen und Insekten zu fotografieren. Und auch hier erzeugte der Morgentau wieder ein wunderschönes Bokeh.

Was mich bei dem Objektiv dabei auch beeindruckt hat, war wie knackscharf die Fotos geworden sind. Seien es die kleinen Härchen bei der Hummel, oder jede einzelne Feder bei einem Schwan oder einem Specht. Die Abbildungsleistung ist bei dem Fliegengewicht wirklich richtig gut!

Fazit: Das Objektiv gehört mit einem Anfangsblendenbereich von F5-6,3 natürlich nicht zu den lichtstärksten Kandidaten. Da man bei der Tierfotografie überwiegend sehr kurze Belichtungszeiten benötigt, bedeutet das im Umkehrschluss, dass man zwangsläufig mit dem ISO nach oben muss. Heutzutage ist das Rauschverhalten der Kameras allerdings schon so gut geworden, dass das im Prinzip keine Rolle mehr spielt. Und das, was die Kameras ggf. nicht schaffen, lässt sich problemlos im Nachhinein am Computer lösen. Alle hier im Blog gezeigten Fotos sind mit einem ISO von 320 bis hin zu 12800 entstanden und letztendlich ist nirgends großartig ein Bildrauschen zu erkennen.

Wenn die Blende zu stark geschlossen ist, hat man meistens noch das Problem, dass man das Motiv nicht mehr allzu stark freistellen kann. Doch auch hier hat mich das 100-400er definitiv überzeugt. Ich bin sowohl mit der Freistellung, als auch mit dem erzeugten Bokeh mehr als zufrieden. Insgesamt ist dieses Fliegengewicht wirklich eine grandiose Linse. Wer gerne mit der Kamera durch die Gegend zieht und noch nicht so genau weiß was ihm vor die Linse springt, für den ist das Objektiv absolut geeignet. Aber ich bin sicher, dass es auch ansonsten ein guter Allrounder ist und bei dem Packmaß und dem Gewicht muss man eigentlich nicht mehr überlegen, ob man ein Tele mitnimmt. Sowohl die Haptik, als auch die optischen Fähigkeiten haben mich echt beeindruckt.

Wer also eine Kamera mit Sony E-Mount oder mit L-Mount hat, sollte sich das Objektiv wirklich mal genauer ansehen.

 
Robert Sommer
Landschafts- und Tierfotograf

Robert Sommer ist geboren und aufgewachsen in Röbel / Müritz, ist ein Softwareentwickler aus Hamburg und ein international ausgezeichneter Naturfotograf. Fotografiert hat er schon immer gerne, doch erst mit dem Kauf der ersten Spiegelreflexkamera ging die Leidenschaft so richtig los. Während die ersten Jahre alles geknipst wurde, was vor die Linse kam, konzentriert sich Robert Sommer mittlerweile ausschließlich die Naturfotografie. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um Landschaften, Pflanzen oder Tiere handelt. Doch es gibt ganz klar einen Favoriten – die Vogelfotografie.

Portfolio | Webseite | Instagram | Mail: robert@sommerblende.de

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