Projekt Anemonen von Ines Mondon-Ford
Heute gibt es von mir einen Artikel über eine ganz bestimmte Blume, eine Frühlingsblume. Wer schon einmal einen meiner Workshops besucht hat, der weiß, dass ich ein großer Fan von Projekten bei der Fotografie bin. Grundsätzlich ist das selbstverständlich in allen Genres der Fotografie möglich, aber ich beziehe das hier speziell auf die Naturfotografie. Dabei ist es egal, ob es sich um einen Anfänger in der Fotografie handelt, um einen fortgeschrittenen, ambitionierten Hobbyfotografen oder um jemanden der die Fotografie professionell betreibt, von solchen Projekten profitiert wohl fast jeder und wird am Ende mit unterschiedlichen und variationsreichen Bildern wegkommen.
Ein bisschen verdeutlichen möchte ich das am Beispiel der Anemonen, speziell der landläufig als Buschwindröschen bezeichneten Frühlingsblumen. Das Buschwindröschen (Anemone nemorosa) ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Windröschen (Anemonen) in der Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae), welche im Frühling vielerorts den Waldboden in großen Teppichen bedecken.
Verbreitet in nahezu allen Teilen Deutschlands und im westlichen und mittleren Europa, mit Ausnahme waldfreier Gebiete und Teilen der Küstenlandschaft gehört das Buschwindröschen zu den Blumen, die quasi jeder vor der Haustür hat. Ein großer Vorteil, denn dadurch ist es möglich die Standorte häufiger aufzusuchen ohne lange Fahrtstrecken zurückzulegen. Ein Kriterium für derartige Projekte in der Fotografie mit großer Bedeutung. Um sich umfassend einem Motiv zu widmen, muss dieses schnell, unkompliziert und häufig erreichbar sein.
Viele der Dinge, über die ich hier schreibe, sind selbstverständlich auch zutreffend für andere Motive und können entsprechend übertragen werden.
Welchen Vorteil bringt es, sich speziell mit einem bestimmten Motiv über längere Zeit zu beschäftigen? Nun, viele Vorteile liegen natürlich auf der Hand und sind offensichtlich. Da wäre als erstes der Standort und die Erreichbarkeit, da wäre die Fokussierung auf ein bestimmtes Motiv und die damit einhergehende intensive Beschäftigung mit dem Motiv und ein nicht unerheblicher Spaß- und Lernfaktor. Hinzu kommt, dass diese intensive Beschäftigung oftmals auch ein Schlüssel zur Kreativität ist. Wenn man sich einem Objekt immer wieder mit der Kamera nähert, kommt man zwangsläufig an den Punkt, wo man neue Ideen entwickelt, andere Perspektiven oder Techniken sucht und auch „mutiger“ wird Dinge auszuprobieren und altbewährtes zu vertiefen.
Die Anemonen eignen sich in vielerlei Hinsicht für ein solches Projekt. Durch ihre weite Verbreitung und ihr zahlreiches Vorkommen sind sie für jeden erreichbar. Einer ihrer häufigsten Standorte sind Laubwälder, welche gerade im Frühling durch die am Boden liegenden Blätter des letzten Herbstes und die noch karge Vegetation schöne Lichtverhältnisse und gute Bedingungen bieten. Ihre Blütezeit zieht sich über mehrere Wochen hin, so gibt es auch genügend Zeit, um sich intensiv damit zu beschäftigen.
Ich habe mich jetzt die letzten Wochen noch einmal gezielt mit diesen Blumen beschäftigt, ein Vorhaben, welches mich in diesem so kalten und unbeständigen Frühling ganz schön ins Schwitzen gebracht hat, allerdings nicht im wörtlichen Sinne, dafür war es eben leider zu kalt, zu windig und zu nass.
Aber auch wenn ich hunderte Fotos der Buschwindröschen habe, kann ich kaum ein Jahr widerstehen sie zu fotografieren. Außerdem wollte ich das neue Makroobjektiv von SIGMA das SIGMA 105mm F2,8 DG DN Macro | Art gern für diese Blumen testen und nutzen. Mit Ausnahme von vier älteren Bildern aus dem Makrobereich dieses Artikels sind auch alle mit diesem Objektiv in den letzten Wochen entstanden.
Wie nahezu immer bei der Fotografie von Naturmotiven stelle ich mir stets zu Beginn die Frage: „Was verkörpert das Motiv für mich, was will ich darstellen, welche Eigenschaften möchte ich besonders betonen?
Die Buschwindröschen erinnern mich stets an kleine Tänzerinnen, welche im Frühling über den Waldboden zu tanzen scheinen. Ihre filigranen, weißen Blüten verkörpern für mich Zartheit und Zerbrechlichkeit, aber gleichzeitig haben diese Blumen auch viel Kraft für mich, trotzen sie doch dem launischen Aprilwetter und müssen sogar ab und zu eine Mütze Schnee ertragen. Das schadet ihnen übrigens nicht, sie stehen ein paar Tage später wieder unbeindruckt und stolz da.
Ich liebe im Makrobereich die Offenblendefotografie, sanfte Schärfeverläufe um den Blick gezielt auf kleine scharfe Bereiche lenken, sowie weiche, helle Darstellungen. Wie stets bei Blüten muss man sich im Offenblendebereich natürlich stets die Frage stellen welchen Teil man in den Fokusbereich nimmt. Bei den Anemonen werden das häufig die gelben Staubgefäße sein, bilden sie doch den Mittelpunkt und farblichen Akzent in der Blüte. Aber auch einzelne Blütenblätter können das sein. Das SIGMA 105mm F2,8 DG DN Macro | Art macht es einem da einfach, die Fokussierung ist komfortabel und sehr präzise, ob man sich für die manuelle Fokussierung entscheidet, oder den schnellen und präzisen Autofokus nutzt, das bleibt den eigenen Vorlieben überlassen.
Die Anemonenblüten sind hauchdünn und entsprechend windanfällig, deshalb sollte man Tage wählen, die relativ windstill sind, oder bei denen man mittels ISO Einstellung noch relativ kurze Verschlusszeiten erreicht. Ansonsten ist es eher frustrierend und es gehört leider zu den Erfahrungen, die man bei diesem Projekt machen wird, dass der kleinste Windhauch schon reicht, um die sensiblen Blümchen wackeln zu lassen. Aber gerade diese Zartheit, die weißen Blüten und das filigrane macht dieses Motiv geeignet für eine High Key Darstellung. Nicht ganz einfach, neigen die weißen Blütenblätter leicht zur Überstrahlung. Deshalb wähle ich für eine solche Darstellung auch stets Blumen aus, welche sich gerade im Schatten befinden. Im Wald findet man ja immer auch schattige Bereiche, oder aber man schattet die gewählte Blume selbst mit der Hand oder einem kleinen Diffusor ab. Ein möglichst „sauberer“ Hintergrund, das heißt keine Vegetation unmittelbar hinter der gewählten Pflanze, das ETTR Prinzip („Expose To The Right“) und die Voraussetzungen für schöne High Key Darstellungen sind geschaffen. Das Histogramm sollte dabei immer im Auge behalten werden und es empfiehlt sich mehrere Aufnahmen mit unterschiedlichen Belichtungen zu machen, dann kann man später am Rechner entscheiden, welche sich am besten eignet. Kombinieren kann man diese Darstellungsart auch mit ungewöhnlichen oder eher gewagten Bildkompositionen, dadurch kann ein solches Foto auch einen eher abstrakten oder künstlerischen Eindruck erhalten ohne, dass die Natürlichkeit des Subjektes verloren geht. Ich plädiere da für Mut und Kreativität, gerade eben im Rahmen eines solchen Projektes sind eher ungewöhnliche Darstellungsarten oft ein Ergebnis der längeren Beschäftigung mit einem Motiv.
Aber auch die unmittelbare Umgebung, der Waldboden, die Vegetation dort können sehr schön in Bilder eingebunden werden. Ich mag es sehr gern, wenn der Betrachter auch noch ein bisschen das Habitat, die Umgebung erkennt. Mittels Schärfeverlauf, einer gezielt gewählten Perspektive und gut gewähltem Motiv ist das mit Offenblende sehr schön möglich. DieUmgebung verschwindet zwar in der Unschärfe, aber ist trotzdem noch erkennbar. Wenn es im Hintergrund dann noch ein paar Lichtreflexe gibt, oder die Sonne auf den meist braunen Waldboden mit den Blättern des Vorjahres scheint hat man schöne orange Farbtöne.
Eine Eigenschaft dieser Blumen ist das satt grüne und dichte Blattwerk, was ein bisschen ambivalent zu dem zarten und filigranen Weiß der Blüten steht. Dieses intensive grün kann möglicherweise manchmal etwas „schwer“ und dominant wirken und der Blüte sozusagen ein bisschen die Show stehlen. Um dieses grün ein bisschen auszublenden ist es von Vorteil, wenn vor der Kamera, bzw. vor dem Objektiv einige helle Blätter, oder andere Blüten in der Unschärfe liegen, dadurch wird der Blick wieder eher auf die Blüte gelenkt. Ich finde, beide Darstellungen schön, sowohl die ganze Blume mit Blättern als auch die „verdeckten“ Blätter. Ein Motiv, zwei Bilder mit unterschiedlicher Wirkung.
Die Naheinstellgrenze des SIGMA 105mm F2,8 DG DN Macro | Art von knapp 30cm ist perfekt geeignet, um dem Motiv nah genug zu kommen, um es in großem Abbildungsmaßstab darzustellen, aber gleichzeitig ein phantastisches Bokeh und einen sanften Schärfeverlauf zu erhalten.
Die Perspektive zur Fotografie der Anemonen wird von mir nahezu immer ganz tief gewählt, sozusagen in Augenhöhe mit den Subjekten. Ich nutze dazu einen Beanbag, manchmal lege ich die Kamera auch direkt auf den Boden, wie bereits gesagt, liegen ja meist sehr viele Blätter da, auch daraus kann man sich einen „festen“ und „verwacklungssicheren“ Untergrund vor Ort gestalten. Da das SIGMA 105mm F2,8 DG DN Macro | Art Schmutz- und Spritzwassergeschützt ist, musste ich mir da auch keine Gedanken um das Objektiv machen, wenn der Waldboden feucht und matschig war. Auch wenn das diesen Frühling eher die Ausnahme war, so kann das wirklich schön und entspannend sein, an einem milden Frühlingstag im Wald zu liegen, die Vögel zwitschern, es ist angenehm warm, ein bisschen spürt man schon den Duft des Frühlings und durch den Sucher der Kamera eröffnen sich wunderschöne kleine Welten. Aber wer im Frühling am Waldboden liegt, muss damit rechnen, dass er da nicht allein ist. Die Zeit der Anemonenblüte ist auch noch Paarungszeit der Amphibien und Frösche und Kröten sind unterwegs zu ihren Laichgewässern. Also nicht wundern, oder erschrecken, wenn man durch den Sucher möglicherweise ein, oder sogar zwei Augenpaare sieht.
Ein kreatives Mittel in der Fotografie welches ich für Pflanzen immer wieder gern nutze, sind kamerainterne Doppel- oder Mehrfachbelichtungen, viele Kamerasysteme haben diese Funktion mittlerweile integriert, manchmal kann man solche Funktionen als App herunterladen und installieren. Anemonen sind gute Subjekte dafür und der Kreativität sind da keine Grenzen gesetzt. Ob man eine Blume zweimal ein bisschen versetzt fotografiert, ob man eine Gruppe von Blumen mehrfach aus leicht veränderter Perspektive fotografiert, oder einfach nur die Fokussierung auf eine Einzelblüte bei unterschiedlichen Aufnahmen verändert, alles ist möglich und jedes Bild ist ein Unikat. Natürlich wären solche Kreationen auch am Computer möglich, aber ich persönlich bevorzuge diese Art der Darstellung kameraintern und vor Ort, es macht auch viel Spaß solche Bilder zu erzeugen.
Nun sind diese Blumen wunderbare Makromotive, aber das heißt nicht, dass man sich ihnen nicht auch mit anderen Brennweiten und Darstellungsarten nähern kann. Das leichte und kompakte SIGMA 45mm F2,8 DG DN | Contemporary hatte ich stets mit im Gepäck und auch damit konnte ich die Anemonen fotografieren. Ein bisschen anders als die Makrofotografie, aber Bilder, welche die Umgebung mit einbinden und mit einer eher kleineren Brennweite aufgenommen werden, komplettieren ein solches Projekt. Das SIGMA 45mm F2,8 DG DN | Contemporary ist so klein und leicht, das passt locker noch mit ins Gepäck und erhöht die Flexibilität und die Möglichkeiten, ohne noch eine lichtstarke und schwere Festbrennweite zusätzlich mit zu tragen. Selbstverständlich können da auch andere Objektive und Brennweiten genutzt werden, auch ein Zoomobjektiv wäre da geeignet.
Eine besonders schöne Motivkombination stellt es für mich dar, wenn die Buschwindrösschen an einem kleinen Waldbach stehen. Wenn die Sonne auf das fließende Wasser scheint ergibt das reizvolle Reflexe. Durch die Fließgeschwindigkeit und die dadurch bedingte rasche Änderung der Stellen wo die Reflexe entstehen, ergeben sich quasi fortlaufend andere und neue Motive und es macht unheimlich viel Spaß genau das auszunutzen, um unterschiedliche Bilder zu kreieren. Belichtungstechnisch gestaltet sich das manchmal etwas schwierig, die Reflexe durch helles Sonnenlicht neigen schnell zur Überstrahlung, natürlich kann das auch ein Stilmittel sein, aber grundsätzlich ist es ja eher erstrebenswert Fotos zu haben die eben keine großen Bereiche ohne jede Zeichnung haben. Ich empfehle da zum einen, das Histogramm im Auge zu behalten und die Bilder entsprechend am Display zu kontrollieren, um sich der idealen Belichtung zu nähern und zum anderen Tageszeiten zu nutzen an denen die Sonne nicht ganz so hoch steht.Die sehr frühen Morgenstunden sind übrigens für Anemonenfotografie nicht so geeignet, da die Blumen ihre Köpfe bei Dunkelheit schließen. Abends an einem lauen Frühlingstag hat man länger die Chance geöffnete Blüten zu finden, möglicherweise zaubert das Abendlicht eine schöne Stimmung und schöne Farben auf den Hintergrund, aber in Bereichen, die schon lange vor Sonnenuntergang im Schatten liegen, wird man da auch nicht so viel Glück haben. Das Gleiche gilt für dunkle und sehr bewölkte Tage. Gründe, weshalb die Anemonen zu den Blumen gehören, die man tatsächlich tagsüber bei Sonnenlicht fotografieren kann. Wie bereits vorher geschrieben bieten ja insbesondere Wälder immer auch schattige Bereich und diese können dann gezielt genutzt werden, oder man übernimmt selbst das Lichtmanagement mittels eines kleinen Diffusors.
Auf jeden Fall lohnt es aber Ausschau zu halten ob man Anemonen an einem kleinen Bach findet, je nach Umgebung entstehen dabei auch manchmal ganz tolle Farben, durch die Reflektion des Himmels oder Vegetation.
Ein Blick in mein Fotogepäck soll noch verdeutlichen welches Equipment zum Einsatz kam. Wie man sieht braucht es nicht viel. Neben der Kamera war es eben das SIGMA 105mm F2,8 DG DN Macro | Art und das SIGMA 45mm F2,8 DG DN | Contemporary als Objektive, ein kleiner Diffusor / Reflektor der zusammengefaltet in die Jackentasche passt, ein kleiner Erdspieß um ihn zu befestigen, sowie ein Beanbag als Unterlage für die Kamera. Alles sehr überschaubar und vor allem leicht. Auf ein Stativ habe ich diesmal, mit Ausnahme einiger Bilder mit dem SIGMA 45mm F2,8 DG DN | Contemporary verzichtet, eben weil es fast alles recht bodennahe Aufnahmen sind. Möglich wären natürlich auch Makroaufnahmen mittels Stativs, insofern dieses eine sehr tiefe Perspektive erlaubt (eventuell mit umgedrehter Mittelsäule).
Als Fazit in Bezug auf das SIGMA 105mm F2,8 DG DN Macro | Art muss ich sagen, dass ich sehr begeistert und ja, ehrlich gesagt auch ein bisschen überrascht war, wie easy, komfortabel und mit wieviel Freude ich damit genau die Fotos machen konnte, die ich im Kopf hatte. In Bezug auf die Anemonen habe ich mal wieder gemerkt, wie gern ich diese Blumen fotografiere und wie variationsreich sie sich darstellen lassen. Es gibt auch noch andere Pflanzen, denen ich genau diese Eigenschaft auch zuspreche und eigentlich gibt es solche Möglichkeiten in der Naturfotografie zu jeder Jahreszeit. Das kann auch eine Farbe sein, die man sich als „Projekt“ nimmt, eine Tierart oder etwas völlig anderes. Ich hoffe, dass sich der Ein oder Andere inspiriert fühlt, vielerorts blühen die Anemonen noch, aber wie gesagt, das lässt sich auch auf andere Motive übertragen, oder es ist ein Ziel für das nächste Jahr. Falls jemand Fragen hat, können diese gern mittels der Kommentarfunktion gestellt werden, ich schaue immer wieder rein und werde diese gern beantworten.
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Ines Mondon ist SIGMA Referenzfotografin, Buchautorin, gibt Workshops und hält Vorträge. Sie ist außerdem ehrenamtliche Fotografin für die Organisation „Dein Sternenkind“. Ihre Schwerpunkte sind die Makrofotografie und ein Stück weit die Landschaftsfotografie, sowie die abstrakte und Detailfotografie. Ihre Stilmittel sind häufig gefühlvolle und pastellige Bilder, welche die Grenze zur Malerei berühren.