Winter in Albanien – Teil 1: Eingeschlossen zwischen Hochwasser und Schneelawinen
Johannes Hulsch nimmt uns in insgesamt drei Teilen mit durch den Balkan. Auf seiner Reise durchquert er den Norden von Albanien, Normazedonien und den südlichen Teil von Albanien.
Es war sicher für uns alle kein normaler Start ins Jahr 2021, auch wenn wir auf dem Weg in die Normalität sicher wieder ein paar Schritte vorwärts machen können. Um euch trotz der aktuellen Bestimmungen ein Gefühl der Freiheit wiederzugeben und die Reiselust etwas zu befriedigen, möchte ich euch heute virtuell mit meinen Bildern in ein Land mitnehmen, welches für viele sicher etwas unter dem Radar schwimmt: Albanien
Nachdem mein Flieger in Tirana gelandet und ich den Mietwagen am Flughafen abgeholt hatte, beschloss ich mich direkt auf den Weg in den Norden des Landes zu machen, da dort die höchsten Berge des Landes zu finden sind und somit auch die Chancen auf Schnee am besten standen. Bereits nach den ersten Kilometern stellte ich fest, dass ich mir wohl nicht die optimale Reisezeit für das Balkanland ausgesucht hatte. In den letzten Tagen musste es ununterbrochen geregnet haben. Ein Großteil der Felder und Nebenstraßen waren komplett überflutet und erschwerten das vorankommen erheblich. Nachdem ich die knapp zweistündige Fahrt von der Hauptstadt Tirana nach Shkodra, der letzten größeren Stadt im Norden, hinter mich gebracht hatte verschwanden auch zunehmend die Zeichen von Zivilisation und ich fuhr nur noch durch vereinzelte Bergdörfer.
Da ich plante in dem Ort Lepushe, welches das erste Ziel meiner Reise sein sollte, eine Nacht zu verbringen deckte ich mich in einem kleinen Tante-Emma-Laden mit genug Verpflegung für zwei Tage ein. Dies sollte sich zum späteren Zeitpunkt noch als gute Vorsichtsmaßname herausstellen.
Um in das Tal zu gelangen, welches die einzige Zufahrt zum Dorf darstellt, fährt man nach einem kurzen Anstieg über einen beeindruckenden Serpentinenabschnitt hinab. Um das ganze Bergpanorama einfangen zu können hatte ich natürlich das SIGMA 14-24mm F2,8 DG DN | Art Superweitwinkel eingepackt, was dank seiner kompakten Größe auch einfach in meinen Fotorucksack passte. Die Aussicht von oben war wirklich beeindruckend, jedoch fing es nach kurzer Zeit auch wieder an zu regnen anstatt wie erhofft zu schneien.
Durch das Tal windet sich ein circa ein Meter breiter Flusslauf, welcher immer wieder von Seitenausläufern gespeist wird. Dank des starken Regens der letzten Tage war dieser jedoch zu einem reißenden Strom herangewachsen. Da auch der Boden sehr aufgeweicht war kam es immer wieder zu Stein- und Erdrutschen, welche das Fahren enorm erschwerten. Mit zunehmender Höhe wurde auch die Umgebung zunehmend winterlicher. Zwar blieben die Temperaturen nur um den Gefrierpunkt, jedoch hielt sich so eine leichte Schneedecke auf den umliegenden Bäumen. Der Schneematsch auf der Straße und teilweise bis zu zehn Prozent Steigung führten dazu, dass plötzlich vor mir zwei liegengebliebene Autos auftauchten und da die Fahrbahn kein Überholen zuließ kam auch ich zum Stillstand. Somit hieß es warten bis vom Dorf oberhalb ein Geländewagen zum abschleppen kam. Nach gut zwei Stunden hin und her ging es endlich im Schneckentempo weiter bis in das zwei Kilometer entfernte Ziel Lepushe.
Oben angekommen war es gar nicht so einfach einen Parkplatz zu finden, da durch die starken Regenfälle große Teile der Straße unter Wasser standen. Da es schon langsam zu dämmern anfing, machte ich mich auf den Weg zur Unterkunft, welche ich vorher nicht gebucht hatte, in der Hoffnung, dass dank des Wetters kaum Gäste zu erwarten waren. Meine Vermutung war richtig und mit einer Gruppe von Jungs in meinem Alter war ich der einzige Gast. Generell kann ich die Gastfreundlichkeit der Menschen in Albanien nur Loben. Selbst in dem kleinen Bergdorf und trotz mangelnder albanisch Kenntnisse konnte ich mich mit Englisch gut verständigen. Jedoch musste man auf Mobilfunk Empfang verzichten und die Stromversorgung lief nur sporadisch über einen Dieselgenerator. Ich hatte also endlich ein Ort gefunden wo ich erstmal eine Pause von Social Media nehmen konnte. Der einzige warme Raum im Haus stellte das große Wohnzimmer mit dem Kamin in der Mitte dar, wo man auch fast alle Hausbewohner immer antraf.
Am nächsten Morgen machte ich mich auf einen kurzen Streifzug durch das eher matschige als verschneite Dorf. Leider war es sehr bedeckt und ich konnte wenig von den umliegenden Bergen sehen, lediglich die vereinzelten rustikalen Häuser gaben ein Motiv her. Um einem unnötig schweren Rucksack zu entgehen hatte ich lediglich meine Kamera mit dem Immer-Drauf-SIGMA 24-70mm F2,8 DG OS HSM | Art Objektiv dabei. Damit hatte ich genügend Flexibilität, um sowohl das Schneepanorama einzufangen als auch einzelne Häuser freizustellen. Nach dem Frühstück wollte ich mich deshalb wieder zurück auf den Weg nach Shkodra machen, denn das Wetter versprach sich in den nächsten Tagen nicht zu verbessern, eher im Gegenteil. Beim Auto angekommen wurde mir von den ersten Dorfbewohnern bereits mit Händen und Füßen erklärt, dass ich mich gar nicht ins Auto zu setzen brauche, da die Zufahrtsstraße durch eine Lawine blockiert sei. Ich wollte mich davon selbst überzeugen und lief durch knietiefen Schneematsch zwei Kilometer bergab, bis ich schließlich auf die erste Lawine traf. Durch den schweren Schnee wurden allerdings auch größere Bäume Sträucher und Baume mitgerissen und mir dämmerte es langsam, dass ich hier ohne schweres Gerät nicht wieder rauskommen würde. Nachdem ich meine Situation realisiert hatte beschloss ich der Straße noch weiter abwärts zu folgen und stieß auf noch zwei weitere Schneelawinen, die den Weg blockierten und alles mit sich gerissen hatten was lose genug war. Zum Glück sah ich keine Autos oder Menschen, die am Abend zuvor noch das Dorf erreichen wollten. Wieder oben angekommen berichtete ich von meinen Entdeckungen und die Einheimischen entgegneten, dass das öfters im Winter hier passierte und man schon Hilfe aus dem nächsten Dorf unten angefordert habe. Die nächsten drei Tage würde es dennoch dauern bis die Straße von dem Bulldozer vom Schnee geräumt befreit würde. Zum Glück musste ich dieses Schicksal nicht alleine ertragen, neben der Straße standen noch mehr ortsfremde Autos, teilweise aus Italien oder Montenegro. So machte ich mich auf den Weg zurück in meine Unterkunft und beschloss den Rest des Tages am warmen Kamin zu verbringen, denn es fing auch wieder an in Strömen zu regnen.
Am nächsten Morgen wurde ich beim Blick aus dem Fenster von einer winterlichen Schneepracht überrascht und mit neuer Hoffnung machte ich mich wieder auf die Suche nach Fotomotiven wo es mir am Tag zuvor noch schwer fiel kreativ zu werden. Diesmal entschied ich mich für die Telelinse 70-200mm F2,8 DG OS HSM | Sports von SIGMA, um mich mehr auf die Details fokussieren zu können. Auch wenn ich wieder die umliegenden Berge immer noch nicht sehen konnte, fiel es mir diesmal leichter neue Kompositionen zu finden und schnell war die Hälfte des Tages schon wieder um. Nach dem Mittagessen ging ich noch einmal zu der Stelle wo die Lawinen den Weg versperrten. Es waren schon gut ein Drittel der Schneemassen beseitig und viele Dorfbewohner arbeiteten fleißig daran die Straße zu räumen. Ich bot ebenfalls meine Hilfe an und so verging der Rest des Tages wie im Flug.
Am nächsten Tag ging es leider mit dem Schmuddelwetter wieder los und ich beschloss mich am Kamin zusammen mit den anderen Hüttengästen einzuschließen und wir verbrachten den Tag mit Gesellschaftsspielen, Filme schauen und Gesprächen über Gott und die Welt. So lernte ich auf jeden Fall mehr über das Land und die Menschen, als wenn ich als normaler Tourist hier wäre. Man kam sich vor als gehöre man quasi zur Familie.
Der nächste Tag brachte endlich positive Meldungen von den Arbeitern, welche die Zufahrtsstraße räumten. Kurz nach Mittag sollte die Zufahrt endlich frei sein und wir könnten die Fahrt in die nächste größere Stadt antreten. Tatsächlich war die Straße um zwei Uhr frei und in Schrittgeschwindigkeit ging es in Kolonne den Berg hinab, der Freiheit entgegen. Nach fünf Kilometern erreichte ich auch das nächste Dorf und der Schnee verschwand mit schwindender Höhe. Ich war wieder frei.
Um mich von den vergangenen Tagen etwas zu erholen beschloss ich erst einmal nicht zu viel Strecke zurückzulegen. Bei meinen Recherchen bezüglich außergewöhnlicher Orte und Aktivitäten in Albanien stieß ich öfters auf den Namen Mrizi i Zanave. Dabei handelt es sich um eine Art Bio-Bauernhof mit eigenem Hotel und Restaurant, der sich spezialisiert hat auf die Verarbeitung von lokalen Produkten und traditioneller albanischer Küche.
Der Hof liegt eine halbe Stunde südlich von Shkodra nahe dem kleinen Ort Fishta. Da ich mich schon vorher angekündigt hatte, wurde ich auch in der gewohnt albanisch-herzlichen Art empfangen. Bei einem Rundgang wurden mir die verschiedenen Verarbeitungsstationen der Milch von den umliegenden Bauerhöfen gezeigt, sowie die Lagerung von dem immer frischen Gemüse und Obst. Sogar eine eigene Winzerei hatte im Jahr zuvor eröffnet. Das Restaurant stellt ausschließlich aus diesen lokalen und saisonalen Produkten die Speisekarte zusammen und entwickelt kreative Rezepte daraus. Das besondere an dem Hotel sind definitiv die beiden Zimmer des alten Stallgebäudes. Dort wurde bei der Renovierung statt einer normalen Zementwand eine offene Stelle gelassen und durch eine Panorama Glaswand ersetzt. Diese lässt nicht nur viel mehr Tageslicht in die Zimmer, sondern verleiht dem Gebäude auch eine einzigartige Designsprache.
Da es sicher viele interessiert, wie ich bei meinen Ausflügen an Kameraequipment so ausgerüstet bin, möchte ich euch kurz den Inhalt meines Reiserucksacks vorstellen. Da ich meistens bei Reisen ohne größere Produktionen und geplanten Tageswanderungen meistens nur mit Handgepäck reise, ist auch die Equipmentauswahl sehr überschaubar. So spart man zum einen Kosten beim Flug, als auch Zeit beim Check-in-Schalter. Mein Hauptkamerabody ist die Sony A7Riii gepaart mit 3 Linsen, die ich immer dabeihabe. Zum einen das Superweitwinkel 14-24mm F2,8 DG DN | Art von SIGMA, welches ich vor allem bei Motiven benutze, wo man nicht weit weg stehen kann, wie zum Beispiel: Gebäuden, Felsformationen oder wo man die gesamte Szenerie einfangen will und ein Mensch als Scaling dafür ins Bild stellt. Die nächste Brennweite, welche ich bei fast 70% aller meiner Fotos verwende, ist das SIGMA 24-70mm F2,8 DG OS HSM | Art adaptiert mit dem SIGMA MC-11 Adapter. Mit diesem Bereich kann man sowohl weitwinklige Reportage Bilder, Portraits, als auch im Telebereich Gegenstände, wie beispielsweise ein Auto sehr gut freistellen. Die Linse habe ich aus meinem früheren Canon Bestand übernommen und sie erfüllt im Zusammenspiel mit dem MC-11 Adapter für mich genau die gleichen Kriterien wie die native Linse, da ich mir für eine Bildkomposition fast immer Zeit lassen kann und sich meine Objekte nicht zu schnell bewegen. Die letzte Linse ist wenig überraschend das SIGMA 70-200mm F2,8 DG OS HSM | Sports auch aus meinem alten Canon Bestand adaptiert. Damit hole ich ferne Objekte, meistens wenn ich in den Bergen unterwegs bin, näher ran und wenn 200mm nicht reichen kann ich dank der vielen Megapixel der Sony auch noch genug reincropen. Mit nur drei Linsen habe ich damit von 14 bis 200mm eine sehr breite Bandbreite abgedeckt, welche auch zu 99% aller Fälle ausreicht. Damit bleibt meine Packvolumen sehr klein und auch das Wandern ist mit weniger Gewicht deutlich angenehmer.
Nach einer erholsamen Nacht und ausgezeichnetem Frühstück hieß es Abschied nehmen. Als nächste Station hatte ich mir Kruja vorgenommen, eine etwas größere Stadt, die an einen Steilhang der Skanderbeg-Berge gebaut wurde. Die Stadt ist vor allem für die Festung von Kruja bekannt, welche im 12. Jahrhundert errichtet wurde und Schauplatz vieler Belagerungen und Schlachten war, begünstigt durch dessen strategisch gute Lage. Ein weiteres kulturelles Highlight ist die restaurierte Basarstraße, deren Gebäude aus dem 19. Jahrhundert stammen und die typische Architektur der Berggegend wiederspiegeln. Da die Gassen und auch die Burg bei einsetzender Dämmerung beleuchtet wurden brauchte ich auch ein lichtstarkes Objektiv. Dabei fiel die Wahl wieder auf den Allrounder 24-70mm F2,8 DG OS HSM | Art von SIGMA. Nach dem Sonnenuntergang fuhr ich zurück nach Tirana, denn am nächsten Tag sollte es wieder früh in die Berge gehen.
Um halb Sechs klingelte der Wecker und ich fuhr zusammen mit einem Tourguide von DriveAlbania los Richtung Bovilla Reservoir. Dieses Staubecken ist für Touristen noch ein Geheimtipp, jedoch für Einwohner von Tirana mittlerweile ein gut besuchtes Tagesziel. Die Straßen waren nichts desto trotz in typisch albanischem Zustand und wir brauchten für die 20 Kilometer gut eine Stunde. Nachdem wir die Staumauer überquert hatten, einer kurzen Offroad-Strecke und den letzten Metern Klettern, konnten wir endlich die Aussicht über das Skanderberggebirge genießen. Nach kurzem Warten zeigte sich auch endlich die Sonne. Der 4,6 Quadratkilometer große Stausee dient als Hauptquelle für die Trinkwasserversorgung von Tirana.
Nach dem wir uns in der Sonne etwas aufgewärmt hatten wollten wir die Offroad Nebenstrecke Richtung Kruja nehmen, jedoch war nach gut 45 Minuten Schluss. Ein durch die starken Regenfälle der letzten Tage ausgelöster Erdrutsch hatte Teile des Weges mitgerissen und machte ein Weiterkommen unmöglich. Dies ist nichts Ungewöhnliches in der Winterzeit, deshalb müssen die Touranbieter jeden Frühling alle Nebenstraßen abfahren, um zu kontrollieren, welche davon noch für Ausflüge befahrbar sind. Um das Risiko stecken zu bleiben zu vermeiden hieß es umdrehen und den gleichen Weg zurück. Da ich am Tag zuvor schon in Kruja war, beschloss ich den Plan für den nächsten Tag vorzuziehen und mich auf die Reise in ein neues Land zu begeben. Welches das war und was ich dort alles erlebt habe erfahrt ihr im nächsten Blogbeitrag also bleibt gespannt!
Alle Bilder dieses Beitrags in der Übersicht
Aufgewachsen in einer ländlichen Gegend entdeckte Johannes Hulsch bereits früh die Schönheit der Natur für sich. Mit der alten Kamera seines Vaters begann er seine ersten Schritte im Bereich der Landschaftsfotografie. Dabei beschränkte er sicher vorerst auf das Gebiet des Erzgebirges. Mit zunehmendem Erfolg seiner Bildern in den sozialen Medien begannen sich auch die Reisen auf Deutschland und Europa auszuweiten. Mittlerweile ist er selbständig als Landschaft- und Reisefotograf in Leipzig ansässig und nimmt seine Follower mit auf seine Abenteuer rund um den Globus. Jedoch gilt für ihn nach wie vor das Motto: „Für ein gutes Foto muss man seinen Blick nicht in die Ferne schweifen lassen, die schönsten Dinge findet man meistens direkt vor der Haustür, da man sich dort auskennt wie kein zweiter.“