Trans Schnitzel – Mit dem Gravelbike quer durch Österreich © Maximilian Draeger

Trans Schnitzel – Mit dem Gravelbike quer durch Österreich

Es ist bitterkalt, die Brille ist komplett verschmiert und unter den schmalen Reifen meines Gravelbikes bahnt sich eine kleine Sturzflut ihren Weg über den Asphalt der Großglockner Hochalpenstaße. Die Frage was und vor allem warum ich das hier mache, versuche ich konsequent auszublenden. Aufgeben ist sowieso keine Option, sonst kommen wir ja nie in Wien an und sonst gibt es auch keine Reportage….

Im vergangenen Frühsommer war Kreativität bei der Projekt- und Reiseplanung gefragt – der Lockdown und die damit einhergehenden Reisebeschränkungen ließen viele Ideen und mögliche Projekte erstmal in weite Ferne rücken. Warum also nicht direkt vor der Haustüre starten und am besten auch direkt mal ein „neues“ Sportgerät ausprobieren? Gut, das Fahrrad an sich hat vielleicht während der Pandemie enorm an Anhängern gewonnen, als passionierte Mountainbiker ist das für uns aber nichts wirklich neues. Ein Rennrad mit Rennradlenker, stabilerem Rahmen und Reifen die sich irgendwo zwischen einem Straßen Pneu und einem MTB Reifen bewegen, dann aber irgendwie schon. Gravelbike… Der letzte Schrei der Bike Industrie – kann man ja mal ausprobieren.

Und wo geht das besser als auf einer fünftägigen Bikepacking Reise von unserer Tiroler Heimat ins rund 730 km entfernte Wien?…

Schnell war außerdem klar, dass wir sowohl einen Film als auch eine Fotostory zu unserem Unterfangen produzieren wollen. Neben Wechselklamotten, Regenjacke, Ersatzteilen, einer Palette Müsliriegel, Biwakausrüstung (die wir nur ein einziges Mal benutzen konnten, aber dazu später mehr) verstaute ich also auch noch ein SIGMA 70-200mm F2,8 DG OS HSM | Sports, ein SIGMA 24-70mm F2,8 DG OS HSM | Art und eine Canon 5D in meinen Packtaschen und in meinem kleinen Rucksack.

Mehr ist aufgrund der beschränkten Packmöglichkeiten und aus Gewichtsgründen einfach nicht drin. Macht aber nix, denn mit dieser Kombination bin ich für die verschiedensten Szenarien gerüstet und beide Zoomlinsen geben mir genug Flexibilität um unser Abenteuer zu dokumentieren ohne ständig das Objektiv wechseln zu müssen.

Von Innsbruck aus treten wir am Inn entlang, durchfahren die Klamm von Kundl und erreichen gegen Nachmittag die Kitzbüheler Alpen. Ein Schotterweg führt uns auf die knapp 2000m hohe Filzenscharte, wo sich die Regenschauer und der Niesel in handfesten Dauerregen verwandeln. Doch die Stimmung ist gut, auf der anderen Seite wartet im Tal schließlich unsere Pension auf uns. Als wir dort ankommen, sind wir bis auf die Unterhose durchweicht, aus den Schuhen läuft das Wasser und auch in dem ein oder anderen Packsack bzw. Kameratasche steht das kühle Nass. Egal.. erstmal Pizza.

Am zweiten Tag legt das Wetter nochmal einen drauf und die landschaftlich wohl eindrucksvollste Etappe über die Großglockner Hochalpenstraße wird zu einer Tortour aus kräftigem Niederschlag und eisigen Temperaturen. Nicht einmal drei Grad Celsius zeigt das Thermometer als wir die höchste Stelle auf rund 2400m überqueren. Erst gegen Nachmittag, unzähligen Müsliriegel, Gels, Nüsse später und rund 100km von unserem Etappenstart entfernt, bessert sich das Wetter. Das Fotografieren und Filmen gestaltet sich schwierig – durch die enorme Luftfeuchtigkeit, den wasserdichten Sack in dem wir die Kamera verstauen und die starken Temperaturunterschiede beschlägt das Glas ständig, sodass wir nach wenigen Aufnahmen die Linsen abnehmen müssen, damit die Feuchtigkeit aus dem Gehäuse geht.

Völlig erleichtert über den Umstand den dritten Tag im Trockenen zu starten, ahnen wir noch nicht was uns gegen Abend noch für eine Überraschung erwarten würde. Über weite Landschaften, Wiesen und durch Wälder geht es für uns Richtung Osten. Mal auf dem Aspahlt, mal auf Schotter nehmen wir uns viel Zeit fürs Fotografieren und Drehen und verlieren dabei ein bisschen die Zeit aus den Augen. An einem Supermarkt füllen wir schließlich gegen 19:00Uhr unsere Vorräte auf und suchen eine Unterkunft. Da der Wetterbericht wieder wenig stabil ist und wir endlich unsere Klamotten trocken legen wollen, probieren wir, wie die Tage zuvor, über eine der diversen Buchungsportale ein Apartment zu finden. Mission impossible! Auf unsere telefonische Anfrage bei einem Gasthaus mit der Antwort „Ihr wollt hier in der Region heute übernachten…? Das wird schwierig!“ sehen wir uns gezwungen den eigentlichen Plan A – „Biwak“ jetzt zu unserem Plan B zu machen. Hilft ja nix… Also noch schnell ein paar Nudeln kaufen und hoffen dass es nicht regnet. Die Suche nach einem geeigneten Schlafplatz gestaltet sich dann wiederum schwierig, aber gegen 22:00 ist es geschafft.

Unser vorletzter Tag startet angesichts der müden Beine und des schlechten Schlafs dann eher gemütlich, in Orten mit skurrilen Ortsnamen räumen wir ganze Bäckereien aus, ein Trail im Wald und eine steile und schlecht erhaltene Forststraße verlangt uns und unserem Material dann nochmal alles ab und nach 170 Kilometern und 2600 Höhenmetern treten wir unseren Schlusssprint zum abendlichen Schnitzel an.

Der letzte Tag und endlich wieder Regen! Herrlich, gerade war die Hose trocken und schon ist sie wieder nass. Ist jetzt aber eigentlich auch schon egal… Die Steiermark durchqueren wir ohne weitere besondere Vorkommnisse und erst der Gegenwind auf der langen Zielgeraden nach Wien lässt den Puls nochmal nach oben schnellen. Auf den allerletzten Kilometern schaffen wir es schließlich noch den ersten Platten der Tour einzufahren und auch meine alte Knieverletzung macht sich so langsam bemerkbar – wird Zeit dass wir die Hauptstadt erreichen…

Dann stehen wir plötzlich schon mittendrin in der Parkanlage vom Schloss Belvedere – finito. Aus. Vorbei. Es ist geschafft und zur Abwechslung regnet es nicht…

 
Maximilian Draeger
Sportfotograf

Maximilian Draeger entdeckte mit 14 Jahren seine Leidenschaft für die Berge, als ihn sein Freund Jakov in die bayerischen Voralpen mitnahm. Egal ob Wandern, Mountainbiken, Trailrunning, Klettern, Bouldern, Hochtouren oder Skifahren - Die Leidenschaft für die Berge ist seitdem ungebrochen und bestimmt sein Leben seit Jahren maßgeblich. Sich im alpinen Terrain zu bewegen ist dabei für den jungen Münchner mehr als nur Sport: "In den Bergen lebt man im hier und jetzt. An keinem anderen Ort erlebe ich dieses Gefühl der Freiheit und Zufriedenheit."

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