Selbstportraits - Tipps und Tricks von Désirée Gehringer © Désirée Gehringer

Selbstportraits – Tipps und Tricks von Désirée Gehringer

Die Vorgeschichte

Mein Plan war es, regelmäßig meine Social-Media-Kanäle mit aktuellen Fotos zu füttern. Doch wie sagt man so schön? „Du planst und das Schicksal lacht darüber.“ Oder wohl eher „Corona“ lacht darüber. Wer mich und meine Arbeit verfolgt weiß, dass ich nicht nur hinter, sondern auch vor der Kamera stehe. Die Liebe zur Fotografie entwickelte sich bei mir schon, als ich noch ein kleines Kind war. Und auch in meiner Jugend war die Fotografie ein wichtiger Teil meines Lebens. Jedes Treffen, jedes Event und jeder Urlaub wurde fotografisch festgehalten. Wenn ich vor die Kamera sollte, drückte ich einfach einer Freundin die Kamera in die Hand.

Als ich mich vor einigen Jahren auf Instagram registrierte, fotografierte ich noch nicht beruflich. Mein Account diente ausschließlich für private Zwecke. Nachdem ich mich 2013 selbstständig machte, wurde ich auf Facebook immer präsenter und somit stieg auch meine Followerzahl auf Instagram. Ich postete ab diesem Zeitpunkt nicht mehr nur private Fotos, sondern auch Fotos aus Kunden-Shootings. Leider war ich lange Zeit sehr unzufrieden mit meinem Instagram-Feed. Ich mochte meine Fotos, allerdings passten die privaten Fotos und die Fotos meiner Kunden nicht zusammen. Es kam häufig Verwirrung bei meinen Followern auf. Meine Follower konnten meine Arbeit nicht richtig ordnen.

Das war der Zeitpunkt an dem ich für mich entschied, meine Arbeiten voneinander zu trennen. Somit bekamen meine aufwändig retuschierten Fotos, meine „Liebesgeschichten“ und auch ich (als Person hinter der Kamera) jeweils eine eigene Plattform. Falls ihr euch also fragt, wieso ich drei Instagram-Accounts habe: Nun wisst ihr Bescheid 😄

Nachdem ich begann meine Fotos strikt voneinander zu trennen, wurde mein eigener Feed farblich immer einheitlicher und somit ansprechender für Brands. Es flatterten immer mehr Kooperationsanfragen in mein Postfach. Natürlich freute mich das sehr, denn ich bekam nicht nur die Möglichkeit tolle Produkte für ansprechende Werbefotos zu testen, ich verdiente damit auch das ein oder andere „Taschengeld“.

Meine Freundinnen und ich veranstalteten in regelmäßigen Abständen Treffen, um Fotos für Kooperationen zu produzieren. Jedenfalls bis 2020. Dann kam nämlich das böse Virus und plötzlich war ich auf mich alleine gestellt.

Natürlich machte ich 2020 nicht zum ersten mal Fotos ohne fremde Hilfe. Diesmal war der Ansporn allerdings größer, nicht einfach nur ein Produkt in die Kamera zu halten und zu grinsen. Mein letztes freies Portrait-Shooting hatte ich vor dem Lockdown, also musste ich mich kreativ etwas ausleben.

FotografIn vor der Kamera

Doch was macht eigentlich ein/e FotografIn vor der Kamera? Macht das überhaupt Sinn? Mir war es von Anfang an immer wichtig, dass ich beide Seiten kenne. Wer sich immer nur hinter der Kamera versteckt wird nie herausfinden, wie es Kunden oder Models vor der Kamera geht. Man muss die andere Seite kennenlernen um zu verstehen, worauf es ankommt. Hand auf’s Herz: Jeder kennt das Gefühl der Unzufriedenheit, nachdem man einen Fremden im Urlaub darum gebeten hat, ein Foto von sich und zu schießen. Euch fallen extrem viele Kleinigkeiten auf, die euch stören. Das könnten die Haare sein, die nicht richtig liegen, es könnte aber auch der Bildschnitt sein, der euch total stört. Wenn euch die Person hinter der Kamera nicht darauf aufmerksam macht, ärgert ihr euch, denn ihr könnt euch selber nicht sehen. Wagt also den Schritt vor die Kamera und lernt dazu!

Planung

Bevor es ans Fotografieren geht, sollte man sich zuallererst ein Konzept überlegen. Das erspart einem vor Ort nämlich viel Zeit und vor allem viele Nerven. Gerade bei kalten Temperaturen verliert man sehr schnell die Motivation, wenn man sich vorher keine Gedanken gemacht hat und friert.

Solltet ihr vorher noch nicht vor der Kamera gestanden haben, empfiehlt es sich, das Posen vor dem Spiegel zu üben. So bekommt ihr ein besseres Körpergefühl und könnt außerdem besser abschätzen, was vor der Kamera gut aussieht.

Das hört sich im ersten Augenblick bestimmt etwas seltsam an. Bedenkt aber bitte immer, dass ihr beim Fotografieren keine helfende Person dabei habt, die euch darauf hinweisen könnte, dass die Pose gut oder schlecht aussieht. Außerdem solltet ihr euch vor dem Shooting Outfit-Inspirationen heraussuchen. Dafür eignen sich Plattformen wie Pinterest hervorragend. Anschließend solltet ihr euch Gedanken darüber machen, zu welchen Locations die ausgewählten Outfits passen könnten.

Kleiner Tipp am Rande: Ich bin ein riesiger Fan von Struktur und Ordnung! Wenn ihr mehrere Fotos umsetzen wollt und mit einer großzügig bepackten Tasche loszieht, dann macht es Sinn, die einzelnen Outfits vorher abzufotografieren. So kommt ihr nicht durcheinander und außerdem vergesst ihr keines eurer geplanten Fotos!

Equipment und Fokus setzen

Für ein tolles Selbstportrait braucht ihr übrigens gar nicht viel. Ich arbeite ausschließlich mit meiner Kamera und hochwertigen Objektiven wie z.B. dem SIGMA 50mm F1,4 DG HSM | Art. Natürlich darf das Stativ und das Smartphone nicht fehlen.

Vor ein paar Monaten wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass es eine App gibt (bei Canon nennt sich diese „Camera Connect“), mit welcher ich meine Kamera fernsteuern kann. Das funktioniert natürlich nur mit Kameras, die die Wlan-Funktion haben. Sollte eure Kamera diese Funktion nicht haben, könnt ihr alternativ einen Fernauslöser verwenden (oder natürlich den guten alten 10-Sekunden-Selbstauslöser!). Vor einigen Monaten habe ich noch genauso gearbeitet.

Viele Personen klagen über Probleme beim Fokussieren. Mit dem Smartphone kann man den Fokus direkt auf den gewünschten Punkt setzen, da man das Display der Kamera auf dem Smartphone-Display sehen kann. Wenn die Kamera keine Wlan-Funktion hat, muss man sich natürlich etwas anderes einfallen lassen und das ist oft nicht so einfach.

Platzhalter (z.B. ein weiteres Stativ mit Mütze, oder ein Ast (die Not macht erfinderisch)) eignen sich super, um den Fokus richtig zu setzen. Falls euer Autofokus öfter mal verwirrt ist, solltet ihr nach dem Fokussieren in den manuellen Fokus wechseln. So könnt ihr verhindern, dass die Kamera gegen euren Willen den Fokuspunkt ändert.

Es ist außerdem sinnvoll, die Blende etwas zu schließen. Den Punkt zu treffen, den man vorher ausgewählt hat (bei F 1.4!!!), ist eine große Herausforderung. Tut euch also selber einen Gefallen und wählt lieber eine geschlossenere Blende. Es gibt keinen Richtwert spielt einfach ein bisschen mit den Einstellungen und findet heraus, womit ihr euch am wohlsten fühlt. Beim Arbeiten mit dem Smartphone sollte das Fokussieren allerdings kein Problem sein. Ich arbeite sehr gerne offenblendig und treffe immer den Fokus, wenn ich meine Pose nicht verändere.

Licht

Natürlich sollte man den wichtigsten Punkt nicht außer Acht lassen: das Licht! Ich wurde häufig gefragt, welche Beleuchtung sich am besten eignet. Darauf gibt es keine richtige Antwort, denn jeder hat eigene Vorlieben. Ich arbeite zu 95% mit vorhandenem Licht, weil ich viel Wert auf Natürlichkeit lege. Ein Blitz oder Ringlicht würden für mich also nicht in Frage kommen. Ich achte immer genau auf den Sonnenstand und wähle meine Locations mit Bedacht. Bei Indoor-Shootigs greife ich, sollte es mal zu dunkel sein, gerne auch mal zu einer Softbox. Ansonsten reicht der Reflektor vollkommen aus, wenn ich mal nicht genügend Augenlicht haben sollte.

Nun habe ich euch meine persönlichen Tipps gegeben und freue mich, wenn ich den einen oder anderen dazu ermutigen konnte, in dieser tristen Zeit kreativ zu werden!

 
Désirée Gehringer
Paar- und Portraitfotografin

„Collect moments, not things!“ ist schon seit vielen Jahren ihr Lebensmotto. Die Paar- und Portraitfotografin liebt echte Emotionen und Authentizität, deswegen hat sie 2013 ihr Hobby zum Beruf gemacht und sich schon kurze Zeit danach auf die Hochzeitsfotografie spezialisiert.

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