Mit SIGMA in der Polarnacht
Die Polarnacht in der Zentralarktis ist eine der lebensfeindlichsten Umgebungen, die wir auf unserem Planeten haben. Zumindest oberhalb der Wasseroberfläche, die während der Polarnacht in der Zentralarktis größtenteils gefroren sein sollte. Während der MOSAIC Expedition, der größten Polarexpedition der Geschichte, erwarte ich also nicht gerade ein Showlaufen der Tierwelt. Allerdings ist auch bekannt, dass Eisbären, Polarfüchse und hin und wieder mal Walrosse und Robben in Nordpolnähe auftauchen und vorbeiziehen.
Sichtungen und erst recht Bilder sind extrem selten. Schlichtweg deswegen, weil es logistisch kaum möglich ist während der Polarnacht in Nordpolnähe zu kommen. So waren im Winter 2019/2020 außer der MOSAIC Expedition gerade mal zwei weitere Menschen, die Abenteuer Mike Horn und Børge Ousland, am Nordpol unterwegs.
Da die Wahrscheinlichkeit ein Tier vor die Linse zu bekommen so gering ist, ist es essentiell Risiken auf Seiten des Equipments zu minimieren. Bei Temperaturen bis zu -38°C und Windgeschwindigkeiten von bis zu 80 km/h bei absoluter Dunkelheit eine ziemliche Herausforderung.
Für mich heißt das in erster Linie:
- Ich nutze klassische DSLRs und keine Spiegellosen
Das liegt daran, dass spiegellose Kameras einen deutlich höheren Stromverbrauch haben. Aber das größte Problem, ist der fehlende optische Sucher. Displays, seien es der digitale Sucher oder das Backscreen, fangen bei Temperaturen unter -25°C sehr oft an zu verzögern oder sich gar „aufzuhängen“. Das hieße in dem Moment „Blindflug“ für mich. Bei so schwierigen Lichtverhältnissen der Supergau. - Es kommen ausschließlich Objektive mit Innenfokusierung und Zoom zum Einsatz. Bei einem ausfahrbaren Objektiv treten Vereisungen, Kondensation und Schäden viel häufiger auf. Ein Klassiker ist das gefrieren der Blendenlamellen durch überfrierende Kondensationsfeuchtigkeit.
Für meine Nikon D850 habe ich mich daher für drei meiner Lieblingsobjektive entschieden. Das SIGMA 120-300mm F2,8 DG OS HSM | Sports mit den dazugehörigen 1.4 und 2.0 Konvertern, das SIGMA 20mm F1,4 DG HSM | Art und das SIGMA 24-35mm F2 DG HSM | Art. Objektive, deren Fokus vor Abfahrt auf meine D850 feinjustiert wurde.
Der erste Polarfuchs wurde bereits zwei Wochen nach Ankunft an der Driftstation gesichtet. Leider ohne Möglichkeit ihn zu fotografieren. Weitere Füchse ließen sich blicken oder machten zumindest auf sich aufmerksam. So löste ein Polarfuchs den Eisbärenstolperdraht aus und versetzte das Team in Alarm.
Ein anderer Fuchs verweilte sogar länger in der Umgebung. Auf der Suche nach Nahrung nagte er so manches Equipment an. So fiel ihm zum Beispiel ein Glasfaserkabel zum Opfer und unterbrach die Datenübertragung einer Messstation. Zu dem Zeitpunkt dachten wir noch es sei ein Kabelbruch auf Grund der Temperatur und des starken Windes. Dann, zwei Tage später, tauchte der Fuchs plötzlich direkt am Schiff auf und ruhte sich in einem Presseisrücken aus. Die Chance nutzte ich und robbte mich durch den Schnee, nah genug für ein formatfüllendes Portrait. Da ich aus der Hand fotografieren musste und das bei den niedrigen Temperaturen, starkem Wind und durch die Dunkelheit bedingten langen Verschlusszeiten Schärfe kostet, leuchtet mir das Schiff mit zwei Suchscheinwerfern die Szene aus, damit ich mit 1/1600s fotografieren konnte.
Der Fuchs spielte mit und posierte für einige Minuten bevor er sich zum Schlafen zurückzog. In seinem Fell, waren sogar einige Reste der Kabelisolierung zu sehen, die er abgeknabbert hatte.
Einen Polarfuchs mitten im Winter und das nördlich des 87°N Breitengrades zu sehen und zu fotografieren ist ein absolutes Highlight. Mein nördlichster Polarfuchs!
Mit den Eisbären hatte ich zumindest fotografisch Pech. Nur ein einziger Eisbär lief durch unser Camp, allerdings als alle schliefen. Er löste keine Alarme aus und wurde nur durch einen aufmerksamen Wissenschaftler, der etwas in den Daten bemerkte und daraufhin eine automatische Überwachungskamera überprüfte, festgestellt. Auf zwei Fotos konnten wir sehen, wie der Bär die Messapparaturen inspiziert.
Dafür hatten wir auf dem Rückweg nach Norwegen mehr Glück. Nördlich von Franz Josef Land näherte sich ein großes Männchen unserem Schiff. So hatte ich die Gelegenheit vom sehr niedrigen Achterdeck einige gelungene Fotos des Bären zu machen, bevor er wieder seines Weges zog.
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Michael Ginzburg ist Fotograf, Entdecker und Filmemacher. Auf seinen Reisen verschlägt es ihn häufig in die Weiten der Arktis.