Im Gespräch mit Chris Martin Scholl © Chris Martin Scholl

Im Gespräch mit Chris Martin Scholl

Der Berliner Freelance-Fotograf Chris Martin Scholl ist auf Architektur und abgelegene urbane Umgebungen spezialisiert, aber auch im Bereich der Lifestyle-Fotografie tätig. In den vergangenen Jahren reiste er um die Welt und besuchte internationale Metropolen, die er in beeindruckenden Bildern festhalten konnte. Besonders faszinierend findet er das Unbekannte und Orte, die im Verborgenen der Öffentlichkeit liegen. Wir haben uns mit ihm darüber unterhalten wie er zur Fotografie gekommen ist, welche Rolle Nebel bei seinem Lieblingsbild spielt und was er in naher Zukunft als Fotograf erreichen möchte.

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Hallo Chris! Normalerweise bist du als Fotograf ganz schön beschäftigt. Doch vermutlich wurden während der Corona-Krise auch bei dir viele Jobs abgesagt und Pläne verworfen. Wie ist es dir in den vergangenen Wochen ergangen und wie bist du mit dieser Krise umgegangen?

Hi! Ja das stimmt, leider wurden tatsächlich alle ursprünglich geplanten Aufträge bis Ende September komplett abgesagt bzw. langfristig auf Eis gelegt. Auch meine persönlichen Reisepläne sind alle bis auf Weiteres verworfen. Das war natürlich erstmal ein herber Schlag für mich und insbesondere die schlechte Auftragslage und das damit verlorene Einkommen haben mir so manch schlaflose Nacht beschert. Mit der Zeit habe ich die aktuelle Lage jedoch akzeptiert und mich einigen persönlichen Projekten, wie der Archivierung meiner Fotos als Fine Art Prints und der analogen Filmentwicklung gewidmet. Durch die Krise haben sich für mich jedoch auch einige neue Möglichkeiten ergeben. So konnte ich z.B. bereits einige Webinare halten und auf diese tolle Weise mit der Community in Kontakt bleiben. Weiterhin habe ich auch erste Anfragen für neue Projekte in Form von Blog-Beiträgen und lokalen Aufträgen hier in Berlin erhalten und bin daher ganz zuversichtlich was die nächsten Monate angeht.

Wie bist du eigentlich zur Fotografie bekommen? Hast du eine klassische Ausbildung absolviert oder hast du deine Leidenschaft zum Beruf gemacht?

Ich habe tatsächlich keine klassische Ausbildung als Fotograf genossen, sondern bin über mehrere Umwege zur Fotografie gekommen. Ich bin viele Jahre in der Musikindustrie als DJ und Producer unterwegs gewesen, jedoch haben einige persönliche Umstände dazu geführt, dass ich dieser ursprünglichen Begeisterung nicht mehr nachgehen konnte. Da das Reisen in ferne Länder aber ebenfalls schon immer zu meinen Leidenschaften gehörte, begleitete mich auch das Fotografieren in gewisser Weise schon immer. Damals natürlich nur weil ich gewisse Momente für mich und Freunde festhalten wollte. Nach und nach jedoch habe ich das volle Potential der Fotografie begriffen und mich der Sache ganz hingegeben. Man kann also sagen, dass ich meine Leidenschaft einige Jahre später somit tatsächlich zum Beruf gemacht habe.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben? Und wie hat sich dieser Stil mit der Zeit entwickelt?

Ich denke ich würde meinen Stil in erster Linie als futuristisch und manchmal auch ein wenig düster beschreiben. Ich selbst bin ein sehr strukturierter und eher perfektionistisch veranlagter Mensch, der ein großes Interesse an neuen Technologien sowie Science-Fiction hat. Solche Charakterzüge findet man häufig in den Fotos bestimmter Fotografen wieder und ich denke das trifft auch weitestgehend auf meine Fotos zu. Am Anfang meiner Fotografie habe ich natürlich fast alles festgehalten, was in irgendeiner Weise meine Aufmerksamkeit geweckt hat. Diese Tatsache hat natürlich extrem geholfen, mein eigenes Equipment und mein Verständnis von Licht in unterschiedlichen Situationen immer besser einschätzen zu können. Mein Interesse an fremden Kulturen und Großstadtmetropolen hat schließlich ebenfalls einen großen Einfluss auf meinen heutigen Stil gehabt. So findet der Großteil meiner heutigen Fotografie in urbanen Umgebungen statt, immer auf der Suche nach unbekannten Orten, welche sich der Allgemeinheit weitestgehend entziehen.

Was zeichnet deiner Meinung nach einen guten Fotografen aus?

Das ist tatsächlich keine einfach zu beantwortende Frage. Persönlich finde ich, dass ein guter Fotograf eine eigene Vision und Vorstellung davon haben sollte, welche Message er für den Betrachter seiner Fotos rüberbringen möchte. Was also ist der Mehrwert der eigenen Fotografie und was möchte man damit aussagen? Weiterhin sollte man als guter Fotograf natürlich in mehreren Genres sein Talent unter Beweis stellen können und sich nicht auf den Erfolgen vergangener Tage ausruhen. Viele Fotografen widmen sich irgendwann einem bestimmten Gebiet der Fotografie und glauben dann, dass sie nichts anderes machen dürfen, um weiterhin erfolgreich zu bleiben. Die Fotografie hat aber extrem viele Facetten zu bieten. Als guter Fotograf sollte man sich diesen Möglichkeiten nicht verschließen sowie die stetige Herausforderung des Unbekannten lieben.

Welches SIGMA Objektiv darf deiner Meinung nach in keiner Fototasche fehlen und warum?

Generell kommt das natürlich drauf an, was man gerade so geplant hat. Persönlich darf bei mir aber niemals das SIGMA14-24mm F2,8 DG HSM | Art im Rucksack fehlen. Gerade auf den Reisen in ferne Länder tendiere ich eher zu Zoom-Objektiven, eben einfach wegen der Flexibilität. Das 14-24 von SIGMA hat mich auf dutzenden Reisen nie im Stich gelassen und auch die Abbildungsleistung ist wirklich durchgehend überragend. Das SIGMA14-24mm F2,8 DG HSM | Art  kann mühelos mit Festbrennweiten im gleichen professionellen Segment mithalten.

Hast du ein selbstgeschossenes Lieblingsbild in deinem Archiv? Möchtest du uns die Geschichte dahinter verraten?

Ich habe einige Fotos, welche mir persönlich sehr am Herzen liegen. Die Wahl für ein bestimmtes Lieblingsbild fällt mir daher nicht leicht. Wenn ich aber jetzt spontan eines wählen müsste, wäre es wohl mein Foto der Ponte 25 de Abril, eine ca. 2,3km lange Hängeseilbrücke in Lissabon, als es dort gerade sehr neblig war. Ich bin damals eigentlich für ein Projekt in Lissabon gewesen und im Auftrag der Stadt tatsächlich mit Sicherheitspersonal oben auf der Brücke selbst gewesen, um dort in ca. 200m Höhe Fotos für den Touristenverband zu machen. Eine einmalige und atemberaubende Chance, da man dort normalerweise keinerlei Zutritt bekommt. Nun möchte man meinen, eines der Fotos von dort oben sollte mein Lieblingsbild sein. An diesem Tag war es jedoch extrem sonnig und als der Job zu Ende war bin ich zurück ins Hotel gefahren, um mich ein wenig zu erholen. Als ich nach einiger Zeit aus dem Fenster gesehen hatte, konnte ich meinen Augen nicht trauen: Die Bucht mitsamt der Brücke war komplett von einer dichten Nebelwand umhüllt. Ich habe mir also umgehend ein Taxi gerufen und bin dorthin zurückgefahren, um diese Spektakel festhalten zu können. Wie man sieht hatte ich Glück und es ist sogar noch eine Möwe ins Bild geflogen, welche die sonst sehr symmetrische Bildsprache zusätzlich aufwertet. Keine zehn Minuten nach meiner Ankunft war der Nebel verschwunden, fast so als sei nie etwas passiert. Ich bin bisher einige Male in Lissabon gewesen und konnte dieses Phänomen kein zweites Mal beobachten. Daher bin ich extrem glücklich über das Foto sowie die Erfahrung insgesamt.

Gibt es ein Bild, von dem du schon ewig träumst, aber noch nie in den Kasten bekommen hast? Oder eine bestimmte Shootingidee, die du auf jeden Fall umsetzen möchtest?

Ideen habe ich viele und einige davon wollte ich dieses Jahr eigentlich auch umsetzen, wäre die Corona-Krise mir nicht zuvorgekommen. Eine von diesen Ideen, welche ich auf jeden Fall realisieren möchte, ist eine Reise nach Festlandchina. Es war bereits alles gebucht und geplant, jedoch musste ich aufgrund von Corona natürlich das komplette Vorhaben stornieren. Mein Ziel war es dort einige der für uns eher unbekannteren Großstadtmetropolen zu besuchen, um den Wandel zwischen Tradition und Moderne zu dokumentieren. Viele dieser Städte waren von einigen Jahren noch kleine, unbedeutende Fischerdörfer und der stetige Wandel, insbesondere das Aufeinandertreffen von Architektur der alten und neuen Zeit, ist eine sehr faszinierende Sache für mich. Ein Vorhaben, welches ich hoffentlich nach dieser Krise bald in Angriff nehmen kann.

Wie wird es jetzt bei dir weitergehen? Was möchtest du als Fotograf in naher Zukunft erreichen?

Als Fotograf bin ich mittlerweile an einem Punkt, wo ich mir über die letzten Jahre ein recht ansehnliches Portfolio sowie einen gesunden Kundenstamm erarbeiten konnte. Zusätzlich kann ich einige des bekanntesten Marken zu meinen offiziellen Partnern zählen. Hätte mir das vor einigen Jahren, als ich angefangen hatte, jemand erzählen wollen, hätte ich ihn wohl für komplett verrückt erklärt. Ich erzähle das, weil es den Lesern zeigen soll, dass einfach alles möglich ist solange man selbst fest daran glaubt und unermüdlich darauf hinarbeitet. Die aktuelle Krise hat mir außerdem gezeigt, dass ich auch in Zukunft gerne noch enger mit der Foto-Community zusammenarbeiten möchte, sei es über Webinare oder auch Workshops. Es ist immer toll, wenn man etwas an Erfahrung an jene weitergeben kann, die vielleicht erst angefangen haben und sich mit dem ein oder anderen Schritt schwertun. Ansonsten freue ich mich bereits auf einige der anstehenden Projekte und kann es kaum erwarten wieder auf Reisen gehen zu können. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass ich ebenfalls an einer eigenen Publikation arbeite, allerdings wird es bis zur Fertigstellung sicher noch einige Monate dauern.

Welchen Rat möchtest du unseren Lesern hier noch mit auf den Weg geben?

Wichtig wäre es mir zu erwähnen, dass das Fotografieren in erster Linie Spaß machen soll und daher möchte ich den Lesern mit auf den Weg geben, dass sie sich dieser Freude und der Vielfältigkeit, welche die Fotografie zu bieten hat, nicht verschließen sollten. Ich sehe immer wieder, und das mag auch die Schuld der sozialen Medien und unserer heutigen digitalisierten Welt sein, dass gerade angehende Fotografen zu verbissen auf den messbaren Erfolg, wie beispielsweise Likes oder Kommentare fokussiert sind. Der Druck ständig präsent sein zu müssen und abzuliefern wirkt sich bei den meisten leider sehr negativ auf die persönliche Entwicklung aus. Die Fotografie kann viel mehr als dieser vermeintliche Wettbewerb sein und wenn man sich richtig darauf einlässt, kann man sogar sein eigenes Ich in Bezug auf seine Umwelt besser verstehen. Jeder sieht die Welt schließlich mit anderen Augen und daher hat auch jeder Fotograf das Recht Momente nach seinen eigenen Vorstellungen festzuhalten. Man sollte also auf sein persönliches Bauchgefühl hören und sich nicht zu sehr von aktuellen Trends oder dem Drang Erfolg haben zu wollen beeinflussen lassen. Tut man etwas aus vollster Zufriedenheit und bleibt am Ball, wird auch der Rest nicht auf sich warten lassen.

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Vielen Dank für das Interview, Chris! Wer noch mehr über Chris Martin Scholl erfahren will, sollte sich auf jeden Fall seine Website www.chrismartinscholl.com oder seinen Instagram-Account @chrismartinscholl ansehen!

Alle Bilder dieses Beitrags in der Übersicht

 
Chris Martin Scholl
Architekturfotograf

Der Berliner Freelance-Fotograf Chris Martin Scholl spezialisiert sich hauptsächlich auf Architektur und abgelegene urbane Umgebungen. Zusätzlich ist er im Bereich der Lifestyle-Fotografie tätig. Chris bereiste in den letzten Jahren viele internationale Großstadtmetropolen und konnte sich so ein umfangreiches Portfolio von einigen der architektonisch eindrucksvollsten Schauplätze dieser Erde erarbeiten. Seine Fotografie vermittelt häufig das Gefühl des Unbekannten und nimmt seine Betrachter mit auf eine Reise zu Orten, welche meist im Verborgenen der Öffentlichkeit liegen.

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