Das SIGMA 70-200mm F2,8 DG OS HSM | Sports – ein Allroundtalent
Zugegeben, es klingt etwas merkwürdig, wenn man einen Artikel über ein Zoom-Objektiv damit beginnt, dass man betont, dass man grundsätzlich am liebsten mit Festbrennweiten arbeitet. Aber sowohl ich, als auch mein Partner Mark James Ford, sind überzeugte Nutzer von lichtstarken Festbrennweiten und betrachten Zoom-Objektive immer so ein wenig als Kompromiss. Letztendlich ist es das natürlich auch, schließlich ist die überragende Bildqualität einer hochwertigen Festbrennweite nur schwer zu erreichen.
Landläufig gelten ja Zoom-Objektive oft so ein wenig als „Reise-Objektiv“, oder „Immer drauf“-Objektiv wo man halt die Möglichkeit hat einen großen Brennweitenbereich abzudecken, ohne große Schlepperei und ständigen Objektivwechsel.
Ich besaß schon die Vorgängerversion, das SIGMA 70-200mm F2,8 DG EX HSM, leider seit einiger Zeit mit einem großen Kratzer versehen, was mir leidtat, denn ich mochte das Objektiv doch sehr. Bei unseren Touren nach Island, aber insbesondere die letzten zwei Jahre nach Hawaii war es dann auch immer dabei und am Ende waren wir beide auch froh darüber, weil wir es genutzt haben. Für Landschaftsfotografie im Telebereich, für Landschaftsdetails, für Wellen und Wasser und vor allem für die fließende Lava auf Big Island Hawaii. Wir nutzen es auch mit dem SIGMA Tele-Konverter TC-2001 2x Konverter und hatten dadurch mit dem Cropfaktor der SIGMA sd Quattro 520mm Brennweite mit vergleichsweise „kleinem Gepäck“, bzw. an der Sony Alpha 7RII eben dann 400mm. Trotzdem wäre ich nie auf die Idee gekommen, das Makro-Objektiv, oder andere Festbrennweiten zu Hause zu lassen. Als nun das neue 70-200mm F2,8 DG OS HSM Sports kam, das Flaggschiff der lichtstarken Tele-Zoom-Objektive von SIGMA waren auch wir gespannt, was es denn tatsächlich kann.
Nun habe ich das Glück ab und zu unter dem Weihnachtsbaum, oder auf dem Geburtstagstisch ein bisschen Fotoequipment liegen zu haben und Ende April, zu meinem Geburtstag schenkte Mark mir zu meiner großen Freude das neue SIGMA 70-200mm F2, 8 DG OS HSM | Sports. Wir hatten eine Tour nach Südfrankreich geplant, abschließend mit einem Abstecher in die Schweiz ins Valle Verzasca zu den faszinierenden Steinformationen. Eine gute Gelegenheit das neue Objektiv ganz entspannt in mehreren Bereichen zu testen.
In Südfrankreich sollten es besonders die Schmetterlinge und Orchideen sein, welche wir anvisierten. Klassische Makromotive also. Da aber insbesondere ich, die Schlepperei auf unseren Touren manchmal recht mühselig finde und gerade bei Reisen, die eher auf Landschaft, oder Landschaftsdetails angelegt sind, oft überlege das Makroobjektiv zu Hause zu lassen, es aber schlussendlich doch jedes Mal mitnehme (es könnte ja sein, ich vermisse es ;-)), beschloss ich, mich zumindest den Orchideen mal mit dem Tele-Zoom zu nähern. Ich hatte auch in der Vergangenheit hin und wieder Blumen mit Zoom-Objektiven fotografiert und fand die Ergebnisse an sich sehr schön.
Gesagt getan. Das Makro blieb für die Schmetterlinge, das 70-200 wurde zu den Orchideen mitgenommen. Zum einen muss ich sagen, dass es viel Spaß macht, mit einer flexiblen Brennweite zu fotografieren, zum anderen haben mich die Ergebnisse auch tatsächlich überzeugt.
Die Naheinstellgrenze von 120cm kommen meiner gewohnt luftigen Darstellung entgegen und stellen insbesondere bei nicht ganz so winzig kleinen Pflanzen überhaupt kein Problem dar. Die durchgängige maximale Blendenöffnung von F2,8 ermöglicht es die Motive wunderbar freizustellen und sehr harmonische Hintergründe zu erzielen, sowie wunderbare Schärfeverläufe. Gerade bei den Orchideen habe ich aber sogar häufig weiter abgeblendet, um eine etwas größere Schärfentiefe zu erzielen. Das Bokeh blieb trotzdem sehr schön, im Abendlicht gesellten sich ein paar Reflexe dazu und die Bildqualität und Schärfeleistung ist ausgezeichnet. Zum Bokeh des Objektives muss ich an der Stelle noch ein paar Worte loswerden. Ich bin ein großer Fan von Objektiven, welche ein weiches, harmonisches Bokeh erzeugen und sanfte Farb- und Strukturübergänge ermöglichen. Dahingehend war ich schon etwas skeptisch was das Objektiv kann. Aber meine Skepsis wurde widerlegt, die Bilder haben mich voll überzeugt.
In Südfrankreich gibt es sehr viele Mohnblumenwiesen, ein absoluter Traum für Fans dieser herrlichen Sommerblumen. Mark und ich konnten uns noch erinnern an die wunderschönen Wiesen, weil wir vor drei Jahren schon einmal einige Tage in der Region verbrachten. Deshalb standen die „Poppys“ wieder auf unserer Motivwunschliste. Auch hier erwies sich das 70-200 wieder als ein geeignetes Werkzeug. Mit Offenblende entstanden einige Mohnimpressionen bei denen ich mit dem Objektiv sehr komfortabel arbeiten konnte und mit den Ergebnissen sehr glücklich war. Auch da habe ich das Makroobjektiv nicht vermisst und mich auch wieder über die Flexibilität der Brennweite gefreut.
Aber nun ging es in die Schweiz, an den Fluss Verzasca, ein Motivtraum für jeden, der Formen und Farben mag. Ein smaragdgrüner Fluss mit Steinformationen die einzigartig und faszinierend sind. Über dieser ohnehin schönen Szenerie thront ein uraltes Schweizer Bergdorf mit alten Natursteinhäusern, sowie die markante Kirche von Lavertezzo.
Obwohl wir schon in den Jahren vorher dort waren und das Areal was gut erreichbar und fotogen ist, nicht besonders groß ist, gibt es immer wieder neue Motive zu entdecken. Bedingt durch den unterschiedlichen Wasserstand sind vertraute Motive dann doch jedes Mal ein wenig anders.
Während Mark die Gelegenheit nutzte das neue SIGMA 40mm F1,4 DG | Art Objektiv zu testen, blieb ich beim 70-200 und freute mich über die Flexibilität bei Bildkompositionen und Entfernungen zum Motiv. Häufig balanciert man auf den Steinen und hat nur wenig Bewegungsspielraum, das heißt, es ist schwierig mal eben einen Schritt in eine beliebige Richtung zu machen. Da ist es natürlich komfortabel mit einem Zoomobjektiv zu arbeiten. Auch hier überzeugten mich die Ergebnisse wieder. Die meisten Bilder entstanden relativ weit abgeblendet und bei einigen Bildern nutzte ich einen Polfilter. Die Farbwiedergabe, die Bildqualität und Schärfe sowie Detailwiedergabe ließen keine Wünsche offen.
Nun entstanden alle bisherigen Bilder fast ausnahmslos vom Stativ, bzw. bei bodennahen Bildern von einem Beanbag und es handelte sich, abgesehen von windbedingten Bewegungen, um eher statische Motive.
Und auch wenn das Objektiv den Beinamen „Sports“ hat, gehören Sportaufnahmen überhaupt nicht zu meinen Schwerpunkten. Aber wie wäre es denn mit Tieren die etwas größer als Schmetterlinge sind? Gefiedertes und Säugetiere fotografiere ich nicht so oft und dokumentarische Artenportraits wollte ich auch nicht machen. Die Nutrias allerdings, die mag ich total gern, die kleinen putzigen Nager haben für mich einen erheblichen Niedlichkeitsfaktor. Also stattete ich ihnen einen Besuch, bewaffnet mit dem 70-200mm ab. Die Bilder entstanden Wildlife an einem kleinen See, allerdings sind die Tiere dort an Menschen gewöhnt und werden auch immer wieder von Spaziergängern gefüttert. Das heißt, man braucht keine Tarnung und kann sich den Tieren auch vorsichtig so weit nähern, dass 200mm völlig ausreichend sind.
Ein Heidenspaß im Matsch am Seeufer zu liegen und sich langsam an die Tierchen heran zu robben. Viel zu unflexibel für Stativaufnahmen, also habe ich die Kamera nur hin und wieder auf dem Boden, oder einen kleinen Beanbag aufgelegt und Freihand fotografiert. Das heißt, der Stabilisator musste auch seinen Test bestehen. Nebenbei habe ich noch ein paar Stimmungsaufnahmen von den Stockenten auf dem wunderbar vom Abendlicht beleuchteten See gemacht. Das frische Frühlingsgrün, das warme Abendlicht und das harmonische Bokeh des 70-200mm sorgten für weiche und zauberhafte Impressionen.
Fazit: Das, was ich zu Beginn des Artikels geschrieben habe, nämlich, dass wir lichtstarke Festbrennweiten als unsere favorisierten Objektive bezeichnen würden, das gilt auch jetzt noch, allerdings mit dem Zusatz, dass das SIGMA 70-200mm F2, 8 DG OS HSM | Sports eine wunderbare Ergänzung dazu ist. Eine Ergänzung, welche Flexibilität und überragende Bildqualität vereint und zukünftig wohl oft im Fotogepäck sein wird. Manche Festbrennweite darf in Zukunft öfter zu Hause bleiben, ich werde sie nicht vermissen, denn ich habe jetzt ein Objektiv, welches eben nicht nur „ein Kompromiss“ ist, sondern ein Werkzeug, welches es mir ermöglicht genau die Bilder zu machen, welche ich im Kopf habe.