Forever Eighty – ein freies Shooting in Kapstadt
In meinem letzten Gastbeitrag für den SIGMA Blog habe ich von meiner Reise nach Kapstadt erzählt. Heute möchte ich auf eins der dort entstandenen freien Projekte genauer eingehen und die Hintergrundstory dazu erzählen. Es geht um die Serie „Forever Eighty“. Eine Gruppe von 5 älteren Damen und Herren feiert Geburtstag. Was auf den ersten Blick echt aus sieht, ist in Wirklichkeit diesmal komplett inszeniert.
Ich wollte in Kapstadt mindestens ein Testshooting mit höherem Aufwand umsetzen, frei von festen Kunden oder Agenturbriefings. Aber was ist überhaupt ein Testshooting? Sinn und Zweck von freien Projekten, den sogenannten Testshootings ist es, eigene Ideen umsetzen zu können und andere Kreative (zum Beispiel Stylisten, Hair und Make Up Artisten) und ihre Arbeit kennen zu lernen und zu schauen, ob es „passt“.
In der Regel bekommt keiner von den Beteiligten dafür Geld, da jeder von jedem profitiert und jeder die entstandenen Fotos für ein Portfolio nutzen darf. Durch den hohen Aufwand war ich mir darüber im Klaren, dass das Projekt dennoch etwas Geld kosten würde, ich finde jedoch dass freie Arbeiten immer eine gute Investition sind, die sich früher oder später auszahlen.
Normalerweise würde ich einfach 1-2 Personen ansprechen, mich mit ihnen irgendwo treffen, und losfotografieren – komplett improvisiert also. Dieses Mal habe ich mir vorher genaue Gedanken dazu gemacht, was ich gerne hätte. Die meiste Zeit arbeite ich mit relativ jungen Models, jetzt hatte ich Lust etwas mit älteren Menschen umzusetzen. Mindestens 5.
Mit aufwändigeren Shoots und mehreren Modellen, beweist du den Agenturen, (die sich hinterher deine Bilder ansehen) dass du dazu in der Lage bist ein größeres Set zu handeln. Meiner Meinung nach ist der Umgang mit den Modellen viel wichtiger, als das Fotografieren als solches. Du musst es schaffen den Menschen vor der Kamera ein gutes Gefühl zu geben, sie die Kamera vergessen lassen und dennoch präzise Anweisungen geben. Im Film sind das zwei getrennte Berufe: Kameramann/Kamerafrau & Regisseur*in – als Fotograf*in bist du beides in einem.
Als wäre das nicht schon genug Herausforderung, kommt in Südafrika natürlich noch die Sprachbarriere hinzu, da da die Kommunikation auf Englisch stattfinden würde. Und genau das machte mich etwas nervös. Natürlich kann ich mich auf Englisch verständigen, aber mein Schulenglisch ist echt lang her und ich war nicht, wie die meisten von euch, nach dem Abi in Australien.
Es musste also gecastet werden, wir brauchten eine Location, jemand für Haare & Make Up, das Styling und Requisiten. – eine Menge Requisiten in dem Fall. Generell unterschätzt man den Aufwand für so ein Projekt leider jedes mal, was der Grund dafür ist, warum es Produktionsfirmen gibt, die sich professionell um die Koordination und Organisation kümmern. Natürlich wollen auch diese Menschen für ihren Job bezahlt werden, aber ab und zu sind auch sie, bei einem guten Konzept, offen dafür, jungen Fotografen*innen bei Testshootings unter die Arme zu greifen. Sozusagen als Invest in die Zukunft, denn wenn die Zusammenarbeit gut läuft und ich eines Tages einen Job in Kapstadt bekommen würde, würde ich sie natürlich mit ins Boot holen. Von einer befreundeten Fotografin wurde mir die Produktionsfirma North South Productions empfohlen.
Ich fing also an mein Konzept auszuarbeiten. Es wurde eine vielseitige PDF, mit vielen Moods, der gewünschten Atmosphäre, Locationwünsche und Farben, die ich mir dafür vorstelle. Ich schickte das PDF ab und nur wenige Tage später hatte ich einen Kennlerntermin, bei dem wir die Umsetzung besprachen.
North South begann noch am selben Tag die Modelagenturen zu kontaktieren, so hatte ich nur einen Tag später eine Auswahl von ca 20 verfügbaren Omis & Opis, sowie einem vollen Ordner an Locationvorschlägen. Die Qual der Wahl also. Ich wollte eine Mischung aus möglichst unterschiedlichen Typen, hauptsächlich wähle ich aber meist nach Ausstrahlung aus. Ein schönes Lächeln ist für mich so gut wie alles. Die Locationwahl fiel auf ein Haus mit schönem Garten in Hout Bay. Nachdem auch eine Visagistin, Diana Ahreson, gefunden war stand die Crew soweit.
Equipment orderte ich nicht, denn ich wollte alles so umsetzen, wie ich es am liebsten mag: Kein Technik-tam-tam, nur meine Kamera und meine SIGMA-Linsen, wie z.B. das 35mm F1,4 DG HSM | Art.
Die Kommunikation bzgl. Anfahrt, Beginn usw verlief mit allen Beteiligten über North South. Ich musste also einfach nur meinen Kram zusammen packen und da sein – was für ein Luxus.
An der Location angekommen, waren wir erstmal positiv überrascht. Wir wurden von 5 süßen Hunden begrüßt, das Haus war in echt nochmal schöner als auf den Bildern und die Bewohner super nett.
Alexandra und ich begannen im Garten das Geburtstagssetting aufzubauen. Nach und nach trudelten die Modelle ein und wir hatten echt Glück: Alle waren total aufgeschlossen, fröhlich und unterhielten sich. Eine gute Stimmung ist die halbe Miete. Als alles vorbereitet war und es endlich zum Fotografieren ging, war alles ganz einfach. Alle unterhielten sich ununterbrochen, lachten, aßen die Muffins und spielten mit den Hunden, die ab und zu dazu kamen. Alles lief ab, wie bei einem gewöhnlichen Geburtstag, ich hatte also sehr leichtes Spiel und musste nicht vieles stellen. Das Fotografieren als solches ging nicht lange, vielleicht 1-2 Stunden. Als alles im Kasten war, fuhren wir erschöpft aber glücklich nach Hause. Es war mein bisher aufwändigstes Testshooting und ich bin froh, dass alles so einfach und reibungslos verlief.
Jetzt musste ich nur noch eine Auswahl von den knapp 3000 Fotos treffen, was vermutlich die größte Herausforderung des Projektes war.