Impressionismus und die Makro-Fotografie
Der Frühling ist jetzt hoffentlich bald „richtig“ da, selbst wenn der ein oder andere Graupelschauer im April den Eindruck etwas trübt, überall sollte es jetzt doch beginnen zu grünen und zu sprießen. Zeit, das vielleicht im Winter etwas angestaubte Makroobjektiv mal wieder raus zu nehmen.
„In jedem Winter steckt ein zitternder Frühling“
So beginnt eins meiner Lieblingszitate und speziell in diesem Jahr zittert der Frühling ja wirklich gewaltig. Frühling ist wohl eine der Jahreszeiten, welche fast alle Menschen mögen. Frühling mit seinem Duft, seinen zaghaftem Erwachen, bis hin zu einer gewaltigen Explosion ein paar Wochen später.
Die Idee, mit dem Makroobjektiv auf dem Boden zu liegen, während man den Herbst im alten Laub noch riechen kann, den Winter auf dem kühlen Boden noch fühlen kann, den Sommer durch die Kraft der Sonne schon ein bisschen erahnen kann und den Frühling mit allen Sinnen spüren kann, diese Idee ist jedes Jahr wieder verlockend und viele unserer Bilder haben Verknüpfungen zu den Aufnahmesituationen wodurch man sich genau dieses Frühlingsgefühl wieder zurückholen kann.
Was macht die Makrofotografie im Frühling so spannend? Da ist natürlich zum einen die Sehnsucht, welche in den Wintermonaten gewachsen ist. Vielleicht hat manch einer sich ein Buch zum Thema gekauft oder unter dem Weihnachtsbaum liegen gehabt. Oder hat sich manch einer inspirieren lassen von Aufnahmen die er sich angeschaut hat. Oder vielleicht auch sogar von den eigenen Aufnahmen. An dieser Stelle auch direkt ein Tipp! Es lohnt sich und ist sowohl inspirierend, als auch von praktischem Nutzen sich je nach Monat, jeweils die Bilder vergangener Jahre aus genau diesem Monat auf der eigenen Festplatte anzuschauen. Manchmal erwachsen daraus neue Ideen, manchmal erinnert man sich, dass man ja noch eine Bildidee im Kopf hatte, die man umsetzen wollte. Möglicherweise sieht man manches Bild mit der zeitlichen Distanz auch ein wenig kritischer und das kann auch eine Motivation sein, das Motiv noch einmal aufzusuchen. Aber, und das ist speziell im Frühling wirklich auch praktisch, es hilft auch den eigenen fotografischen „to do“ Kalender zu organisieren. Natürlich wissen versierte Naturfotografen, wann welche Blumen blühen, aber da gibt es ja regional schon Unterschiede, zum Teil von mehreren Wochen. Da helfen Aufnahmedaten vergangener Jahre durchaus bei der Planung. Und natürlich ist es auch schön, die alten Aufnahmen, speziell von bestimmten Motiven noch einmal anzuschauen, bevor man sich auf den Weg macht um neue Bilder zu machen.
Zum Anderen ist es aber natürlich die große Vielfalt an Motiven, welche die Makrofotografie im Frühling so spannend macht. Neben der Vegetation, um die es hier vordergründig gehen soll, sind es auch die ersten Insekten und die Amphibien welche die klassischen Motive sind.
Wie bereitet man sich am sinnvollsten auf die neue Makrosaison vor? Welches Equipment braucht man?
Da wäre das „Bilder schauen“ welches schon beschrieben wurde. Das dient auch gleichzeitig der Einstimmung auf den Frühling. Die Kamera und die Objektive sollten idealerweise schon in den Wochen vorher gereinigt und sortiert worden sein.
Es macht Sinn, die Makrofotografie im Frühling mit einem Makroobjektiv anzugehen. 😉 Welche Brennweite dabei benutzt wird, das ist an sich egal, da kommt es darauf an mit welcher Brennweite man am liebsten arbeitet und die für sich besten Ergebnisse erzielt.
Wir arbeiten dabei unterschiedlich. Mark benutzt fast ausschließlich das 180mm F2,8 EX DG OS HSM MAKRO von SIGMA, ich liebe mein 150mm F2,8 EX DG OS HSM MAKRO. Ich komme, wenn ich mag, ein bisschen näher ran an die Motive, Mark hat den Vorteil, dass die Distanz manchmal besser ist, beispielsweise bei Insekten / Schmetterlingen und er die Schärfeverläufe durch die Distanz ein wenig anders gestalten kann. Das MAKRO 105mm F2,8 EX DG OS HSM reiht sich da ein, aber damit fehlt es uns an Praxiserfahrung um das wirklich genau beschreiben zu können.
Abbildungsqualität, Schärfe und Bokeh ist bei beiden Makroobjektiven hervorragend und beide liefern ausgezeichnete Ergebnisse. Insbesondere das Bokeh und die Bildqualität sind für unsere Fotografie von großer Bedeutung und dahingehend möchten wir auch keine Kompromisse eingehen. Deshalb ist auch die uneingeschränkte Empfehlung stets eine SIGMA Makrofestbrennweite zu benutzen um Bilder mit hoher Abbildungsqualität zu erhalten.
Natürlich kann man auch hin und wieder mit anderen Objektiven arbeiten, kreative Bilder und vielleicht auch Fotos die in ihrer Bildaussage etwas spezieller sind, lassen sich auch mit anderem Equipment erstellen. Warum nicht mal, mit einer langen Telebrennweite sozusagen „mitten ins Kraut“ schießen und dadurch eine interessante Bildwirkung erzielen?
Oder warum nicht hin und wieder mit antiken Linsen oder Spezialobjektiven wie dem Lensbaby arbeiten? Fotografie ist so vielfältig und in ihrer Darstellung so variabel, da gibt es niemals nur einen Weg. Auf jeden Fall stellen solche Objektive eine wunderbare Ergänzung dar und werden von uns gern genutzt, aber die meisten unserer Makrofotografien entstehen ganz „klassisch“ mit den uns sehr vertrauten SIGMA Makroobjektiven.
Motive gibt es im Frühling, wie bereits gesagt, in Hülle und Fülle. Die Schneeglöckchen sind wohl vielerorts schon verblüht, böse Zungen behaupten, sie wären dieses Jahr erfroren. Die Krokusse blühen noch und sind schon wunderbare Motive. Der Krokus in seiner Wildform ist relativ selten und viele Krokusse die man auf Wiesen findet sind ausgewilderte Gartenexemplare. Wir mögen am liebsten die Wildform, oder die, welche der Wildform noch am ähnlichsten ist. Ein Tipp wieder an dieser Stelle. Wer in Sachsen wohnt, oder einen Ausflug dahin plant, sollte nicht verpassen die Drebacher Krokuswiesen einmal zu besuchen. Unzählige Krokusse lassen jedes Jahr den kleinen Ort im Erzgebirge zu einem lila Teppich werden, ausgebreitet auch um anliegende Orte schon. Diese Flächen sind streng geschützt und es versteht sich von allein, dass man sie nicht betreten darf, etliche sind zudem auch Privatgrundstücke. Aber auch vom Weg aus, bzw. auf den Wiesen um den Ort herum wo es etwas freier ist, lassen sich schöne Bilder machen.
Diese Krokusse, auch „nackte Jungfer“ genannt haben die Besonderheit, dass sie kleine Blüten haben, schmalere Kronenblätter, nur 3 Laubblätter und kahle Staubblätter. Die Farben sind fast nur violett (aber auch von fast weiß bis dunkelviolett).
Sie tragen sogar einen eigenen Namen: Crocus vernus Wulf. forma Drebachiensis bzw. Crocus albiflorus var. neapolitanus forma Drebachiensis.
Ein weitere Tipp ist, die Krokusblüte in den Alpen zu besuchen. Viel später erst, Anfang Mai ist man gut in der Zeit, findet man tatsächlich Wildkrokusse, die in ihrer Zartheit wunderschön sind. Hier ein Exemplar aus der Schweiz.
Krokusse lassen sich, genau wie alle Pflanzen, auf unzählige Weise fotografieren: als Gruppe, als Einzelpflanze, Detailaufnahmen und, und, und… Häufig stehen die Krokusse ja im Gras welches noch nicht hoch und besonders grün ist. Da kann man zum Einen wunderbar das Umfeld einbinden und zum Anderen die erste oder letzte Sonne nutzen, wodurch die alten Grasflächen in wunderbarem Orange erstrahlen. Aber auch völlig isoliert dargestellt wird ein Krokus zum lohnenden Motiv.
Einer unserer Hauptschwerpunkte im Frühling sind die Leberblümchen. Die Leberblümchen (Hepatica nobilis Syn.: Anemone hepatica) oder auch „Gewöhnliches Leberblümchen“ genannt, gehören zweifellos zu den schönsten Frühblühern in unseren Breiten. Ihre zarten und gleichzeitig kräftigen Farben, ihre filigrane Blütenform und ihre niedrige Wuchshöhe machen sie für die Naturfotografie im Frühling äußerst reizvoll.
Je nach Höhenlage findet man die lila Teppiche welche den Waldboden bedecken meist im März bis Anfang April. Erste Exemplare je nach Witterung schon im Februar und in höheren Lagen auch noch weit in den April hinein. Da dieses Jahr der Frühling etwas gebremst war, blühen sie aktuell noch.
Es gibt große Lücken in der Verbreitung und Regionen wo man überhaupt keine wild wachsenden Leberblümchen findet.
Typischerweise wächst es auf kalkreichem Boden in lichten Eichen- und Buchenwäldern. Insbesondere letztere sind ideal zum fotografieren weil sie auch im Frühling ein sehr schönes Licht machen. Die alten Laubblätter vom Vorjahr erstrahlen in guten Lichtsituationen und zaubern wunderbare Hintergründe. Leberblümchen lassen sich auch auf unzählige Arten darstellen, man sollte aber daran denken, dass sie ihre Blüten abends schließen, das heißt Sonnenaufgangsbilder mit Leberblümchen sind eher schwierig.
Wenn der Standort günstig ist, kann man aber die untergehende Sonne nutzen, vorausgesetzt die Stelle liegt nicht lange vor Sonnenuntergang im Schatten. Das Fotografieren direkt gegen die Sonne ist auch bei Sonnenuntergang schwierig und idealerweise geht die Sonne im Dunst oder hinter dünnen Wolken unter.
Die Anemonen gehören zu den wirklich weit verbreiteten Frühlingsblumen. Frühlingsanemonen, auch Buschwindröschen genannt, bedecken in weißen Teppichen im April die Laubwälder. Eine Blume, welche jedes Jahr wieder aufs Neue zum Fotografieren einlädt. Die zarten weißen Blüten, die schlanke und filigrane Gestalt mit den eleganten Blättern lässt sie wie kleine Tänzerinnen aussehen. Kleine Lichtgestalten, welche über den Waldboden tanzen und geradezu einladen, sie auf immer wieder andere Art zu fotografieren.
Oft blühen sie auch an kleinen Waldbächen, dann kann man Lichtreflexe vom Wasser mit einbinden, wodurch lichte, freundliche und beschwingt leichte Frühlingsbilder entstehen. Die Anemonen laden auch zum Experimentieren ein, defokussiert oder als Detailaufnahme.
Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Es gibt natürlich noch unzählige andere heimische Pflanzen welche sich im Frühling fotografieren lassen, insbesondere auch die Orchideen.
Die Blütezeit der verschiedenen Arten erstreckt sich über den ganzen Frühling ab April und geht dann weiter in die anderen Jahreszeiten.
Einen kleinen Ausflug möchten wir noch über die Grenzen Deutschlands hinaus machen zu den Hasenglöckchen.
Es gibt auch ein paar ganz wenige Vorkommen in Deutschland, sowie den berühmten „blauen Wald“ in Belgien. Wenn man aber quasi ein ganzes Land voller Hasenglöckchen sehen will, Hasenglöckchen in verwunschenen Wäldern, an kleinen Bächen und diese in millionenfacher Zahl, dann ist der Tipp im Mai nach England zu gehen. Je nach Höhenlage erstreckt sich die Blütezeit über mehrere Wochen, in Dartmoor blühen die „Blue Bells“ naturgemäß erst später als in tieferen Regionen. Ein Ausflug in einen englischen Hasenglöckchenwald ist ein Erlebnis für alle Sinne. Das frische Grün überall, die lila/blauen Teppiche auf dem Waldboden, der Gesang der Vögel und der Duft dieser schönen Blumen lassen wirklich ein intensives Frühlingsgefühl aufkommen. Eine wundervolle Zeit und nur allzu verständlich, dass sich tausende Menschen jedes Jahr zu den sogenannten „Blue Bell Walks“ aufmachen.
Die Hasenglöckchen lassen sich auch in der Gruppe, oder als Einzelpflanze fotografieren, aber bieten sich natürlich auch für weitwinkligere Aufnahmen an, wenn man die Umgebung mit einbeziehen will. Ab und zu findet man sogar ein weißes Hasenglöckchen, was auf eine natürliche Mutation zurückzuführen ist und tatsächlich eine Seltenheit ist.
Neben den Tipps zu den Motiven, dürfen aber auch ein paar Gedanken zum Fotografieren nicht fehlen. Normalerweise sind die besten Zeiten zum Fotografieren für uns die Tagesrandzeiten. Wenn die Sonne mit ihren ersten Strahlen die Erde küsst, oder kurz bevor sie untergeht ist das Licht, wie jeder Fotograf weiß, am schönsten. Die Frühlingsvegetation lässt sich aber auch tagsüber sehr schön fotografieren. In Wäldern kann man die natürlichen Schatten der Bäume nutzen, an bedeckten Tagen hat man auch ein weiches Licht und kurz nach einem Regenschauer ist das Licht auch oft wunderbar. Wenn man solche Lichtsituationen erkennt, oder mit ein paar Tricks wie der Zuhilfenahme von einem kleinen Diffusor, kann man im Frühling also den ganzen Tag fotografieren und ist nicht nur auf die ganz frühen, oder ganz späten Zeiten angewiesen.
Wichtig ist vor dem Fotografieren, sich Gedanken zu machen, welche Bilder man im Kopf hat. Natürlich kann man auch rausgehen, die Natur genießen, einfach die Kamera dabei haben und sehen „was sich ergibt“. Der Ein oder Andere wird sicher auch schon sehr glücklich mit schönen Bildern von so einem Ausflug zurückgekommen sein. Aber es lohnt sich auch, sich bereits vorher mit den Motiven zu befassen. Auf welche Art, möchte ich welche Blume darstellen. Was ist für mich das „Wesen“, der „Charakter“ dieser Pflanze. Daraus resultieren dann oft Bilder in denen die eigenen Emotionen transportiert werden.
Ein wichtiges Kriterium ist auch die Perspektive. Etwas so darzustellen, wie man es sieht wenn man durch den Frühling läuft, das kann hübsch sein, aber andererseits auch ein bisschen langweilig. Das heißt, von oben, aus Sichthöhe fotografiert birgt wenig überraschendes für den Betrachter. Sich auf „Augenhöhe“ mit seinen Motiven zu begeben lohnt sich auf jeden Fall, um möglicherweise „neue“ und „andere“ Perspektiven zu zeigen. Mutige Bildschnitte, Details, defokussierte Bilder, die das Objekt nur noch schemenhaft erkennen lassen, all das, kann die Phantasie beim Betrachter anregen und ein Bild spannender machen.
An wetterfeste und robuste Kleidung sollte man denken, bevor man sich auf den Boden begibt. Genauso sollte man den Schutz gegen Zecken beachten, die kleinen Biester mögen den Frühling nämlich auch.
Aber egal, ob man den Frühling mit kräftigen Farben, oder mit zarten Pastelltönen zeigt, ob defokussiert oder mit knackscharfen Details, der Frühling ist eine Jahreszeit welche für die Makrofotografie eine phantastische Zeit darstellt. Wer jetzt Lust bekommen hat noch ein bisschen mehr zu erfahren, der hat die Möglichkeit, das in einem Workshop mit mir zu tun. Termine sind auf meiner Webseite zu finden.
Ines Mondon ist SIGMA Referenzfotografin, Buchautorin, gibt Workshops und hält Vorträge. Sie ist außerdem ehrenamtliche Fotografin für die Organisation „Dein Sternenkind“. Ihre Schwerpunkte sind die Makrofotografie und ein Stück weit die Landschaftsfotografie, sowie die abstrakte und Detailfotografie. Ihre Stilmittel sind häufig gefühlvolle und pastellige Bilder, welche die Grenze zur Malerei berühren.
Mark James Ford ist überwiegend im Bereich der Naturfotografie tätig und seine Touren rund um die Welt führt ihn an Orte, welche ihm fotografisch spannend erscheinen, wobei insbesondere Farben und Strukturen sein Interesse wecken. Seine Schwerpunkte sind außerdem die Makrofotografie und ein Stück weit die Landschaftsfotografie. Mark nähert sich seinen Motiven künstlerisch und seine Bilder tragen häufig einen abstrakten Charakter.
Alle Bilder dieses Beitrags in der Übersicht
Text: Ines Mondon
Bilder: Ines Mondon / Mark James Ford