Im Gespräch mit André Josselin
Der Name André Josselin ist vielen sicherlich ein Begriff – spätestens seit seinem über Kickstarter finanzierten Bildband „Us“, der verschiedene Roadtrips nach Frankreich, Spanien und Portugal dokumentiert. Mittlerweile arbeitet André als Fotograf für namenhafte Unternehmen wie Nike, Adobe und Mercedes Benz.
Die warmen, natürlich wirkenden Porträts des Kölners schätzen aktuell auch rund 55.000 Facebook-Fans und fast 95.000 Instagram-Follower. Wir haben uns mit ihm darüber gesprochen, wie er arbeitet und was ihn inspiriert.
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Hallo André! Erzähl uns bitte ein wenig über deine Ausbildung bzw. deinen Werdegang.
Ich hab vor ca. 8 Jahren eine Ausbildung zum Gestalter für Visuelles Marketing gemacht. Tatsächlich war das damals eine reine Zeitüberbrückung, weil ich ein wenig verloren war und nicht wusste, was ich mit meinem Leben machen soll. Ich habe damals den Beruf gewählt, weil die Bezeichnung ganz interessant klang – im Nachhinein aber recht handwerklich fokussiert war, was mir als Person mit zwei linken Händen nicht gerade zugutekommt. Nun gut. Obwohl ich der faulste Mensch in der Berufsschule war, lief die Ausbildung recht gut ab und ich liebe heute noch alle Leute, die ich damals im Betrieb habe kennenlernen dürfen.
Danach habe ich noch ca. 2 Jahre in dem Beruf gearbeitet (u.a. für Adidas) und habe dann aber für mich entschieden, dass der Alltag im Einzelhandel nicht das ist, was ich meinen Enkeln irgendwann mal mit auf den Weg geben will. Aus Angst vor der Arbeitslosigkeit habe ich dann einen Job angenommen, der mich täglich unterfordert und irgendwann depressiv gemacht hat. Ich habe Produktbilder geschossen, unter Umständen die ich jetzt nicht gerade als professionell bezeichnen würde. Da kamen viele Faktoren zusammen, und ich will auch niemandem einen Vorwurf machen. Auf jeden Fall war das ziemlich undankbar und auch ziemlich unkreativ, sodass ich dann nach langen, langen 2 Jahren entschieden habe mich von dort zu verabschieden, um was Neues auszuprobieren. Während der ganzen Zeit habe ich aber schon fotografiert. Ich glaube ich habe damit im zweiten Jahr meiner Ausbildung angefangen.
Wie würdest du deinen Stil beschreiben? Wen oder was lichtest du am liebsten ab?
Meinem Stil einen Namen zu geben fällt mir recht schwer, aber ich bewege mich irgendwo zwischen Lifestyle, Travel und People. Ich versuche immer Gefühle und Stimmungen zu transportieren, damit sich der Betrachter zum Bild eine Story ausdenken kann. Das ist das Schöne an Fotografie – jeder sieht das Geschaffene anders. Für sich selbst kann das Bild die Welt bedeuten, während jemand anders unter eben dieses Foto einen negativen Kommentar im Internet schreibt. Jeder hat seine eigene Sichtweise. Und für mich, als derjenige der das Foto gemacht hat, bedeutet eben jedes Bild Kompensation, Freiheit, Sprache.
Ich liebe es unterwegs zu sein und mit Menschen Geschichten zu kreieren. Das fotografiere ich am liebsten. Menschen und Freunde, die unterwegs sind und eine gute Zeit an tollen Orten haben. Aber ich fotografiere auch hin und wieder Fussballer für Nike, was mir als Fan auch sehr viel Spaß macht!
Wie hat sich dieser Stil mit der Zeit entwickelt?
Ganz am Anfang habe ich nur Models fotografiert. Das hat auch sehr viel Spaß gemacht, aber ich wollte damals schon immer „mehr“ fotografieren – ich wusste nur nicht wie ich ans Ziel gelange. Auf Dauer hatte ich das Gefühl festzustecken in einer Szene, die sich eben nur auf das beschränkt – und ich wollte unbedingt da raus, weil für mich Fotografie immer mehr bedeutet hat, als ein nacktes Mädchen auf einem Bett zu fotografieren. Ich hatte keine Zeit um zu reisen, da ich Vollzeit angestellt war, habe nicht so viel verdient, als dass ich mir es hätte leisten können länger und weit weg zu fahren, und ich war nicht so gut vernetzt. Aber eben das war immer mein Traum. Ich habe nie aufgehört zu fotografieren, habe nie Pausen gemacht und jeden Abend und jedes Wochenende mit der Fotografie verbracht. Und mit der persönlichen Weiterentwicklung entwickeln sich auch die Fotos. Ich habe schon immer nur mit natürlichem Licht gearbeitet und auch noch nie einen Blitz besessen. Und irgendwann gewinnt man ein Auge dafür, wie man eben dieses Licht am besten einsetzt.
Wer oder was inspiriert und beeinflusst dich?
So dumm es klingt: Menschen. Tatsächlich verbringe ich auch viel Zeit vor Tumblr, aber das sind eher Stimmungen, die ich dort aufsauge. Menschen bringen mich aber viel weiter. Ich habe mal ein Mädchen kennengelernt, das meinen Horizont sehr erweitert hat. Von der ersten Minute an hat sich mich von der Couch in die weite Welt getrieben. Das ist doch so wundervoll. Stell dir vor, das Meer wäre komplett erforscht oder die ganzen Galaxien. Das bedeutet das Ende. Das bedeutet aufhören zu träumen. Aber du kannst für immer träumen, wenn du keine Antwort hast. Das musste ich lernen. Es gibt halt Menschen, die treten in dein Leben und verändern dich von Grund auf oder öffnen dir Türen. Ich meine damit nicht irgendwelche Connections, sondern Türen zu Dingen, die in dir sind, aber verborgen waren. Weil du dich nicht getraut hast. Und so ein Mensch ist mir über den Weg gelaufen und deswegen sehen meine Fotos heute so aus, wie sie aussehen. Weil mir jemand gezeigt hat, dass diese Welt ein schöner Ort ist, für den es sich lohnt viel auf sich zu nehmen.
Welches Equipment verwendest du?
Zurzeit nutze ich die Canon 1DX Mark2 und entweder das SIGMA 24mm F1,4 DG HSM | Art oder das SIGMA 35mm F1,4 DG HSM | Art. Zur Zeit warte ich tatsächlich auf euer SIGMA 85mm F1,4 DG HSM | Art, um mal was Neues auszuprobieren.
Welches ist deine liebstes / am häufigsten verwendetes SIGMA Objektiv? Warum benutzt du es so gern und für was?
So sehr ich mein 24mm liebe, habe ich eine tiefe Verbundenheit zu meinem 35mm. Als es damals rauskam, war ich glaube ich einer der ersten, der damit fotografiert hat. Ich hatte es 2 Tage nach Release in meinen Händen. Ich erinnere mich noch, wie es meine Sichtweise komplett verändert hat. Ich war vorher der 50mm-Typ, aber brauchte einfach etwas, was dem menschlichen Auge noch näher kam, aber trotzdem nicht zu weinwinklig aussieht. Die Freistellung war super gut, das Ding fühlt sich hochwertig an und alles was da rauskommt sieht fresh aus. Mein Lieblingsobjektiv, weil es meine Fotos und meine Sicht auf ein neues Level gehoben hat.
Deine 3 Tipps für ein wirklich gelungenes Foto?
- Emotionen einfangen ist wichtiger als das perfekt gestellte oder geposte Bild.
- Selbst ein unscharfes Bild kann ein gelungenes Foto sein, wenn die Komposition, die Farben und das Gesamtbild stimmen.
- Ich muss gestehen, dass ich natürlich Sonnen Auf-/Untergänge sehr toll finde. Einfach die perfekte Zeit, um schöne Bilder zu machen. Kein super Protipp, aber es hilft schon sehr. 🙂
Wenn du dich entscheiden müsstest: welches ist dein selbstgeschossenes absolutes Lieblingsfoto und was ist die Geschichte dahinter?
Lange Zeit war (und ist es vielleicht heute noch) das Bild von dem alten Mann mit der Katze das wichtigste Foto, welches ich je geschossen hab. Ein alter Mann, der aussieht wie der Opa von Shrek, zeigt uns seine Katzen in einem Vorort von Frankreich. Mein Freund Aurelien hatte ihn damals einfach angesprochen, als uns aufgefallen war, dass er mehrere Babykatzen besitzt. Der alte Herr strahlt über beide Ohren und hat eine kleine Katze auf dem Arm. Wahnsinn, ich weiß noch wie glücklich mich dieses Bild gemacht hat. Ich habe mittlerweile aber auch weitere Lieblingsbilder, wie das von Desiree im Wasser in Portugal, oder das von Sky, eine 8-jährige Pro-Skaterin in Venice Beach.
Gibt es ein Bild, von dem du schon ewig träumst, aber noch nie in den Kasten bekommen hast?
Ich würde tatsächlich gerne mal Drake in den Straßen von Toronto fotografieren. Man muss sich hohe Ziele setzen, haha.
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Vielen Dank, André, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Wer noch mehr über André Josselin erfahren will, sollte sich auf jeden Fall seine Website oder seinen Instagramaccount ansehen!