Schnäbel in Scharen auf dem Chobe River
Das morgendliche Programm vollzieht sich streng nach Protokoll. Das Hausboot verlassen wir mit den Fotobooten wieder um 06:30 Uhr. Der aktuelle Liegeplatz ist bei Kasane in Botswana, allerdings auf der gegenüberliegenden namibischen Flussseite, da das Hausboot zu Namibia gehört. Auf botswanischer Seite grenzt der Chobe Nationalpark an den Chobe River, auf dem wir uns hauptsächlich bewegen.
Auf dem Sambesi sind wir nur kurz unterwegs in den knapp 4 Tagen, die wir hier sind. Heute fahren wir mit den Fotobooten an Kasane vorbei in Richtung der naheliegenden Stromschnellen, die wir jedoch nicht ganz erreichen. Trotzdem verändert sich die Landschaft beachtlich. Statt sandiger Ufer wird es felsig. Kleine Felseninseln mit einzelnen Bäumen sind von dutzenden von Störchen bewohnt.
Ein paar Meter weiter treffen wir auf eine Sandbank mit einer Kolonie afrikanischer Scherenschnäbel – seltsame Vögel deren untere Schnabelhälfte deutlich länger als die obere ist. Zur Nahrungssuche fliegen die afrikanischen Scherenschnäbel mit geöffnetem Schnabel, flach über die Wasseroberfläche und durchpflügen Selbiges mit der längeren unteren Schnabelhälfte.
Der Anblick ist beeindruckend, das Bemühen, diese Szenerie mit langer Brennweite einzufangen, nicht zu jeder Zeit mit Erfolg gekrönt. Die Verschlusszeit muss kurz, das richtige Fokusfeld gewählt, der richtige Vogel verfolgt und im richtigen Moment ausgelöst sein, damit man zu einem Bild kommt. Der Ultraschallantrieb des SIGMA 150-600mm F5-6,3 DG OS HSM | Contemporary setzt die Steuerbefehle des Kameraautofokus blitzschnell um, so der Fotograf denn genau genug gezielt hat, die Einstellungen stimmen und die Kamera auch schnell genug ist. Meine Kamera ist bei diesen Vögeln schon hart an der Grenze ihrer Möglichkeiten, die anderen Fotografen mit neueren Kameras haben hier mit dem gleichen Objektiv deutlich mehr knackscharfe Aufnahmen vorzuweisen. Aber es gibt keinen Grund unglücklich zu sein, soviel hat die Natur hier zu bieten.
Zur Mittagszeit setzt sich das Hausboot wieder in Bewegung in Richtung Stromschnellen, biegt aber vorher in einen anderen Kanal ab. Ziel ist ein Kanalabschnitt inmitten einer Sumpflandschaft. Die Gegend sieht zwar malerisch aus, hat jedoch kaum wilde Tiere zu bieten, deswegen geht die nachmittägliche Tour mit dem Fotoboot, genau wieder dahin, wo wir herkamen. Eigentlich wäre das Versetzen des Hausbootes nicht nötig gewesen. Andererseits werde ich in der Nacht noch ganz froh darüber sein.
Auf der Tour selbst ist eine Kolonie von Bienenfressern eines der Hauptziele. Sehr schöne bunte Vögel, die in der sandigen Abbruchkante eines Uferabschnittes Höhlen für die Aufzucht ihrer Jungen angelegt haben. Allerdings beim Ein- und Ausfliegen derart schnell sind, dass man sie in diesem Moment nur schwer mit der Kamera erwischt. Apropos Kamera, aufgrund der Erfahrungen des Vormittags, habe ich von meiner älteren Vollformat-DSLR auf eine deutlich Neuere, jedoch mit kleinerem Sensor, gewechselt. Leider kommen wir an keiner Kolonie von afrikanischen Scherenschnäbeln mehr vorbei, aber ich bemerke doch einen erheblichen Leistungszuwachs bei sich schnell bewegenden Motiven mit dem besseren Autofokusmodul. Auf der anderen Seite verändert sich natürlich der Bildausschnitt gewaltig. Durch den kleineren Sensor habe ich ja nur noch einen Bildausschnitt vom Vollformat zur Verfügung, was einer Brennweite von 210 bis gewaltigen 960 mm, beim SIGMA 150-600mm F5-6,3 DG OS HSM | Contemporary entspricht. Das kann toll sein, aber auch zum Problem werden, wenn man zu nah am Motiv dran ist. Glücklicherweise habe ich noch eine gute kompakte Kamera dabei, mit Weitwinkel.
Zum Sonnenuntergang fahren wir mit den Fotobooten noch mal in den Bereich der Stromschnellen, wo sich einige schöne Motive mit Störchen vor dem rötlichen Himmel der hereinbrechenden Nacht bieten. Dann geht es mit voller Fahrt den einsamen Kanal entlang, zurück zum Hausboot. Die Fahrt wird jäh unterbrochen, als die Schraube des Außenborders in ein Fischernetz gerät, was quer über den Kanal gespannt wurde. Glücklicherweise ist kein großer Schaden für den Moment entstanden, da sich das Netz leicht aus der Schraube entfernen lässt und der Motor nach einigen Versuchen auch wieder startet. Bleibt noch die Frage, was schlimmer ist. Ein Einheimischer der Morgen ein eingerissenes Netz auffinden wird, mit womöglich entgangenem Fang oder der Umstand, dass dieses Netz fast unsichtbar über den kompletten Kanal gespannt war und damit für die wenigen Boote, die sich hier bewegen, ein Gefahr darstellt?
Wir beschließen den Abend mit einem weiteren leckeren Abendessen und der Bewunderung des Sternenhimmels, der hier, etwas weg von den Lichtern der Stadt, noch beeindruckender ist. Ich nutze die Nächte um mit einer 360° Kamera Nachtzeitraffern zu machen. Der gewaltige Weitwinkel einer solchen Kamera verzeiht am ehesten leichte Bewegungen des Hausbootes, während der Belichtungszeit von bis zu 60 Sekunden. Wenn wir unser nächstes Ziel erreicht haben werden, wird die Fotografie des Sternenhimmels auf festem Boden ein Thema des Workshops sein.