Praxisbericht Tele-Objektiv
Deutschlands wilde Tiere sind allgemein betrachtet sehr scheu und lassen den Menschen in unmittelbarer Nähe kaum zu. An ein Foto eines Tieres ist häufig gar nicht zu denken, wenn die Hürden, welche die Tiere stellen nicht überwunden werden können. Neben der Kenntnis über das Verhalten der Tiere, der richtigen Tarnung und der Herangehensweise an die Tiere, ist auch die Technik von sehr großer Bedeutung.
Objektive mit Brennweiten jenseits der 300 mm sind äußerst sinnvoll, der Markt dieser Teleobjektive ist jedoch sehr überschaubar und die Preisunterschiede befinden sich im bis zu fünfstelligen Bereich. Ich, als Student, musste also sehen, wie ich die maximale Leistung für einen angemessenen Preis bekomme, weshalb ich mich nach langer Recherche zum Kauf des SIGMA 800mm F5,6 EX DG HSM entschied. Seit 2013 besitze ich nun diese Linse und habe unzählige Bilder damit gemacht, weshalb ich im Folgenden von meinen Erfahrungen mit dem Objektiv berichten möchte.
Es ist da…
Das Objektiv wird in einem Case geliefert, in dem es sich gut transportieren lässt. Hier passt die Linse sogar mit aufgesetzter Kamera hinein, was den Vorteil hat, dass das Objektiv jederzeit einsatzbereit ist. Für lange Wanderungen empfiehlt es sich allerdings einen Rucksack zu nutzen, da das Case nur einen Trageriemen besitzt. Auf Dauer wird das Tragen unbequem am Rücken.
Neben dem Case wird auch ein Trageriemen für das Objektiv mitgeliefert, welcher an einem dafür vorgesehenen Ring und der Stativschelle befestigt wird. Mit diesem Riemen lässt sich das Objektiv sehr gut und bequem tragen. Neben dem Trageriemen und der Tasche finden sich auch zwei Filter im Lieferumfang – ein Polarisationsfilter und ein UV Filter. Beide können in die dafür vorgesehene „Schublade“ eingesetzt werden.
Das Objektiv
Das Objektiv selbst wirkt zunächst sehr imposant. Mit der aus Kunststoff gefertigten Gegenlichtblende, wirkt es gigantisch. Es hat das übliche, von SIGMA gewohnte, Design mit einer satten Verarbeitung und einer Länge von 52 cm ohne aufgesetzte Gegenlichtblende. Mit aufgesetzter Kamera und Gegenlichtblende reicht das Objektiv dann fast bis zur Hüfte, wenn es auf dem Boden steht.
Neben den Maßen ist auch das Gewicht zu beachten. Schließlich soll die Ausrüstung ja auch von A nach B transportiert werden, ohne ein Auto oder einen Packesel einzusetzen. Vom Gewicht her bringt es 4,9 kg auf die Waage und ist somit nicht unbedingt als Leichtgewicht zu bezeichnen. Zwar liegt nun der Gedanke nah, dass das SIGMA 800mm F5,6 EX DG HSM ein unhandlicher schwarzer Klotz ist, doch das Gewicht und die Baulänge lassen sich gut handhaben. So wirkt sich das Gewicht positiv auf das freihändige Fotografieren aus, denn das Objektiv liegt dadurch fester in der Hand, sodass man als Fotograf weniger verwackelt.
Die Ausstattung
Das SIGMA 800mm F5,6 EX DG HSM ist mit einigen sinnvollen Bauteilen ausgestattet bzw. ergänzt. Ganz vorne ist die Gegenlichtblende, welche aus Kunststoff gefertigt ist. Durch einen Bajonettverschluss und eine kleine Schraube lässt sie sich gut an der Vorderseite befestigen. Zum Transport kann sie umgedreht auf das Objektiv gesetzt werden, was vor allem im Rucksack den meist eh schon knappen Platz einspart.
Um das Objektiv ordentlich auf ein Stativ zu setzen, hat SIGMA eine stabile Stativschelle an das Objektiv gebaut. Das Objektiv lässt sich darin angenehm drehen und Markierungen an der Schelle und dem Objektiv sorgen dafür, dass die bei Verstellung schnell wieder ins Lot gebracht werden kann. Zur sicheren Befestigung auf dem Stativ befinden sich vier Gewinde in zwei verschiedenen Größen im Stativfuß.
Auch den Autofokusbegrenzer empfinde ich als sinnvolles Bauteil des Objektivs. Dieser kleine Schieber ist dazu gedacht, dass der Fokus von 7 m -15 m, von 15 m – ∞ oder aber über den ganzen Bereich von 7m – ∞ eingestellt werden kann. Diese Einstellmöglichkeiten haben sich schon in vielerlei Situationen als hilfreich erwiesen.
Der Bereich von 7m – 15m eignet sich vor allem zum Fotografieren kleiner Motive, wie zum Beispiel in der Vogelfotografie. Spätestens jetzt sollte aufgefallen sein, dass die Naheinstellgrenze des SIGMA 800mm F5,6 EX DG HSM bei 7m liegt. Diese Entfernung ist schon beachtlich. An einer Vollformatkamera wird es hier schon teilweise schwierig, mausgroße Objekte formatfüllend abzulichten. Allerdings kann durch den Einsatz eines APS-C Sensors, welcher die Brennweite von 800 mm auf 1200 mm (1,5 x Crop) verlängert oder den Einsatz eines Telekonverters auch kleinste Motive gut ablichten.
Hinter dem Begrenzer und vor dem Bajonettanschluss befindet sich auf der Oberseite des Objektivs die Filterschublade, in welche die Filter problemlos eingesetzt werden können. Damit wäre die Ausstattung des Objektivs erwähnt und die Linse vollständig beschrieben. Wie bereits erwähnt, muss der ein oder andere Kompromiss hingenommen werden. So wurde auf einen Bildstabilisator verzichtet, der zwar in manchen Situationen wünschenswert wäre, doch ist der keineswegs einem guten Bild im Wege steht. Doch dazu später mehr.
Die Bildqualität
Die Bildqualität ist wohl der wichtigste Aspekt, wenn die Anschaffung einer neuen Linse vor der Tür steht. Deshalb wurde diese auch in fast jeder erdenklichen Situation getestet. Als Kameras kamen eine vollformatige (Nikon D700) und eine Kamera mit APS-C Sensor (D7100) zum Einsatz.
Zunächst kam die Linse an der APS-C Kamera zum Einsatz. Durch den bereits erwähnten 1,5 x Crop entsteht eine Brennweite von 1200 mm bei einer Offenblende von 5,6, was extrem lichtstark ist. Diese Lichtstärke kann durchaus in der Praxis verwendet werden, denn die Linse gibt bereits offenblendig sehr viele Details frei. Beim Abblenden auf 6,3 oder 7,1 verschwinden auch schwammig wirkende Details und die Bilder werden knackig scharf.
Wichtig ist allerdings, dass die Kamera ruhig gehalten wird, denn durch diese enorme Brennweite wird auch die kleinste Bewegung zu einem Erdbeben. Doch mit etwas Übung gelingen auch freihand scharfe Bilder. An einer Vollformatkamera verringert sich logischerweise der Ausschuss, da die Brennweite nun bei 800mm liegt und die Linse zeigen kann, was sie drauf hat. Die 800mm können nun ohne jegliche Qualitätsminderung, wie sie eine Cropkamera mit sich bringt, hervorragend eingesetzt werden.
Auch offenblendige Bilder sind nun sehr detailreich und scharf. Da nicht alleine die Schärfe die Qualität eines Bildes ausmacht, ist hier auch die hervorragende Auflösung des Vorder- und Hintergrundes zu erwähnen. Dadurch, dass die Linse einen sehr geringen Bildwinkel hat, lässt sich jedes Motiv problemlos freistellen und in Szene setzen.
Der Autofokus
Der Autofokus der Linse kann, wie anfangs beschrieben, gestaffelt werden. Doch gibt es auch andere wichtige Aufgaben, die der AF erfüllen sollte. Er sollte möglichst schnell sein, sein Ziel vernünftig treffen und bei Bewegungen festhalten. Auch die Lautstärke des AF ist in der Naturfotografie nicht unerheblich: Ein Fuchs würde einen zu lauten AF schnell mitbekommen und flüchten.
Der Autofokus des SIGMA 800mm F5,6 EX DG HSM ist bisher sehr und treffsicher gewesen und hat in den fast allen Situationen seine Aufgabe gut gemeistert. Meistens saß der Fehler hinter der Kamera, wenn mal etwas schief gegangen ist. Die Geschwindigkeit des AF reicht aus, um einen frontal auf die Kamera zufliegenden Turmfalken zu verfolgen und scharfe Bilder zu erhalten. Sollten sich vor der Linse störende Elemente befinden, besteht die Möglichkeit jederzeit manuell einzugreifen, um den Fokus auf das Motiv zu richten. Der dafür vorgesehene Fokusring lässt sich butterweich drehen, wodurch die Präzision beim Setzen des Fokus erhöht wird.
Mein Zubehör
Ein großes Teleobjektiv bedarf einiger Hilfsmittel, die hier kurz genannt werden sollen. Wie bereits erwähnt, muss zum Wandern ein Rucksack her. Der Lowepro AW 600 Lenstrekker eignet sich dafür sehr gut. Zwar passt die Kamera dort nicht mehr auf das Objektiv, doch ist in diesem Rucksack genügend Platz, um weitere Objektive oder Kameras zu verstauen.
Als fester Unterbau wird das Rollei Fotoprt T 84-C mit dem Rollei WH-10 verwendet. Oftmals wird der Flexibilität wegen auch ein Einbeinstativ genutzt. Schwindet das Licht, ist auch ein Kabelauslöser sinnvoll. So kann man mittels Spiegelvorauslösung auch bei Dunkelheit scharfe Bilder erzielen.
Zum Schutz des Objektivs ist ununterbrochen ein Lenscoat über das Objektiv gezogen. Dieser ist aus Neopren und schützt vor Stößen und groben Witterungseinflüssen.
Mein Fazit
Das SIGMA 800mm F5,6 EX DG HSM ist ein Teleobjektiv, das mir seit ich es habe Spaß macht. An das Gewicht habe ich mich schnell gewöhnt und weiß es gut einzusetzen. Die Bildqualität ist für mich immer wieder mehr als zufriedenstellend. Auch, dass die Linse nicht mit einem Bildstabilisator ausgestattet ist, grenzt mich nicht ein. Ich nutze mit der Linse die Situationen so wie sie kommen und freue mich immer wieder über die Ergebnisse.